Hoffnung auf das Corona-Medikament BI 764 198
Der Pharmahersteller Boehringer Ingelheim beginnt für einen Wirkstoff gegen das Atemnotsyndrom bei Covid-19-Patienten mit klinischen Tests
BIBERACH - Der Wirkstoff der Hoffnung trägt die Kennung BI 764 198, die ersten beiden Buchstaben stehen für Boehringer Ingelheim, der weltbekannte Pharmakonzern aus Ingelheim am Rhein mit seinem wichtigen Produktionsstandort im oberschwäbischen Biberach. Und die sechstellige Zahl? Sie ist eine willkürliche gewählte Kombination – mit den beiden Buchstaben zusammen geben sie einem Molekül einen Namen, das die Behandlung von Covid-19, der durch das neue Coronavirus ausgelösten Krankheit, verbessern soll.
„Die Labortests in der ersten Phase haben gute Resultate gezeigt“, sagt Sprecher Matthias Knotzer im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Vor diesem Hintergrund habe
Boehringer Ingelheim nun den Start der klinischen Phase-2-Studie in die Wege geleitet, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. „Jetzt geht es darum, Wirksamkeit, Verträglichkeit und Dosierung zu testen“, erläutert Knotzer weiter. Das geschehe in einer sogenannten placebokontrollierten, doppelblinden Zufallsstudie.
Der Wirkstoff ist ein chemisches Molekül, das bei Covid-19-Patienten das Risiko senken soll, dass die Erkrankung und vor allem die Atemwegskomplikationen einen schwerwiegenden Verlauf nehmen, indem es den Bedarf verringert, dass der Kranke künstlich beatmet werden muss. „Diese Therapie könnte die erste Behandlungsoption bei einem Atemnotsyndrom in Verbindung mit Covid-19 darstellen und dazu beitragen, eine große Lücke im Behandlungsschema von Covid-19-Patienten zu schließen“, sagt Mehdi Shahidi, der Chief Medical Officer bei Boehringer Ingelheim. Hintergrund ist, dass bei etwa 15 Prozent aller Covid-19-Patienten ein schwerer Krankheitsverlauf auftritt – von diesen schwer Erkrankten müssen in der Regel 30 Prozent auf die Intensivstation, wobei wiederum bis zu 85 Prozent der Intensivpatienten ein Atemnotsyndrom mit potienziell tödlichen Folgen auftritt. Das Molekül BI 764 198 soll genau diese schwere Atemnot verhindern. „Wir hoffen, dass wir damit einen wichtigen Fortschritt bieten können und den behandelnden Ärzten ein neues Instrument an die Hand geben, das die Aussichten für ihre Covid-19-Patienten mit Atemwegskomplikationen in Krankenhäusern verbessert“, erläutert Shahidi weiter.
Bis allerdings klar ist, ob sich diese Hoffnung erfüllt und ob das Molekül wirklich wirkt, müssen noch einige Monate ins Land ziehen: Läuft alles wie geplant, startet die Phase drei im Sommer 2021 und der Antrag auf Zulassung könnte dann Ende 2021 erfolgen. „Wie wahrscheinlich das alles ist, kann man jetzt noch nicht sagen, das wäre Glaskugelleserei“, erläutert Sprecher Matthias Knotzer.
Gefunden hat Boehringer Ingelheim das Molekül in seiner Moleküldatenbank, in der alle produzierten chemisch und biopharmazeutisch hergestellten Wirkstoffe aufbewahrt werden und die der Pharmahersteller seit einigen Monaten systematisch nach Wirkstoffen durchsucht, die bei Covid-19 helfen könnten.
Und sollte BI 764 198 doch nicht der herbeigesehnte Hoffnungswirkstoff sein, bleibt eine anderen Hoffnung: die darauf, dass sich in den Datenbanken bei Boeringer Ingelheim noch andere Moleküle verstecken, die das Virus bekämpfen können.