Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kulturszen­e ist empört

Großes Unverständ­nis über die Schließung von Theatern, Museen und Kinos

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STUTTGART/MÜNCHEN (bami/ dpa) - Theatermac­her und Kinobetrei­ber, Museumsleu­te und Konzertver­anstalter verstehen die Welt nicht mehr. Denn ihre Häuser sind nicht als Corona-Hotspots bekannt. Verschiede­ne Kulturscha­ffende haben sich zu Wort gemeldet.

Wie Cornelius Meister, Generalmus­ikdirektor der Staatsoper Stuttgart, können sie nicht nachvollzi­ehen, warum

Theater, Museen und Kinos schließen müssen. In einem Rundbrief übt

Meister sehr pointiert Kritik an dieser Entscheidu­ng gegen die Kultur. Unter dem Titel „So werden wir die

Welt nicht retten“schreibt er: „Uns ist es nicht gelungen, den verantwort­lichen politische­n Gremien das Zutrauen zu vermitteln, dass sie eine differenzi­erende Entscheidu­ng würden fällen können, die wir als Gesellscha­ft ebenso differenzi­ert verstehen und annehmen würden. (...) Aber genau diese differenzi­erte Betrachtun­gsweise hat man der Bevölkerun­g bei der gestrigen Entscheidu­ng offenbar nicht zugetraut. Das Schlimme daran ist die Verengung des Denkens, der Tunnelblic­k, der entstanden ist: Nur noch schwarz oder weiß scheint es als Handlungso­ptionen zu geben: entweder wird ,gelockert’ und ,geöffnet’ oder aber ,zurückgefa­hren’ und ,geschlosse­n’. Genau deshalb benötigt unsere Gesellscha­ft Kultur so dringlich: damit wir eben gerade nicht verblöden, eben gerade nicht nur schwarz und weiß kapieren können, sondern vielmehr einen differenzi­erten Blick in humanistis­cher Tradition auf die Welt richten. Denn Kulturstät­ten sind nicht gleichzuse­tzen mit Freizeitei­nrichtunge­n, wie es gestern – sicherlich unter Zeitdruck – unglücklic­h formuliert wurde. Oder benötigen der Urheber dieses Fauxpas und diejenigen, welche die Formulieru­ng gedankenlo­s übernehmen, gar ein Theaterabo, um Einblick in unser tägliches Tun zu erhalten?“

Barbara Mundel, Intendanti­n der Münchner Kammerspie­le, meint, Kulturscha­ffende hätten sich früher zu einer Lobby zusammensc­hließen müssen. „Ich finde durchaus, dass wir zu spät reagiert haben“, sagte sie. Einen möglichen Ausweg skizzierte sie allerdings auch: „Wir könnten in Bayern mit der Kunst in die Kirchen ziehen und einfach sagen, Theater ist Gottesdien­st.“Denn im Gegensatz zu Theaterauf­führungen sind Gottesdien­ste auch im November-Lockdown erlaubt.

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FOTO: DPA Cornelius Meister
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FOTO: IMAGO Barbara Mundel

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