Ausschuss stoppt Kemptener Seilbahn-Idee
Kosten-Nutzen-Analyse abgebrochen – OB hält Zeitpunkt für die Entscheidung für falsch
KEMPTEN - Überraschend kommt die Nachricht nicht: Die Kemptener Seilbahn-Pläne sind gestoppt. Die Allianz aus Freien Wählern, Grünen, SPD und FDP, die im Stadtrat die Mehrheit innehat, hatte längst deutlich gemacht, dass sie von der CSUIdee wenig hält.
Vertreter der Allianz im Verkehrsausschuss haben nun die KostenNutzen-Analyse gestoppt – mit Unterstützung von „Future for Kempten“(FFK). Gegen die Stimmen der CSU setzten sie durch, dass die Untersuchung nicht weiterverfolgt wird. Auch ein Appell von Oberbürgermeister Thomas Kiechle konnte daran nichts ändern. Er hält den Zeitpunkt der Entscheidung für falsch: Der jetzige Zwischenstand liefere noch keine ausreichenden Antworten.
In den vergangenen Wochen wurden immer wieder Gerüchte laut, dass der Verwaltung ein endgültiges Seilbahn-Gutachten vorliege, sie dieses aber nicht öffentlich mache. Diesen
Vorwurf wies Kiechle erneut zurück. „Wir sind in einem Prozess.“Es handele sich bislang ausschließlich um einen Zwischenbericht, nicht aber um eine Entscheidungsgrundlage, sagte auch Tiefbauamtsleiter Markus Wiedemann. So seien bislang weder die Pendlerströme aus dem Umland, noch die Touristenzahlen, zu denen mittlerweile eine Studie vorliegt, in der Kosten-Nutzen-Analyse zur Seilbahn berücksichtigt.
Den Zwischenbericht hatten die Planer Matthias Zöbisch und Christoph Bochmann vom Büro VCDB Verkehrs Consult Dresden-Berlin zusammengefasst. Ihr Fazit: „Die Umsetzung einer urbanen Seilbahn in Kempten ist unter den zugrunde zu legenden Rahmenbedingungen keine volkswirtschaftlich zu empfehlende Maßnahme.“Zum Teil verlängere sich die Reisezeit für die Fahrgäste, zum Teil seien mehr Umstiege nötig.
Auch die Gutachter verwiesen auf noch offene Fragen. Welche Effekte habe es, wenn der sonstige ÖPNV angepasst wird? Welche, wenn Pendler aus der Region vom Auto auf Zug und Seilbahn umsteigen?
Bislang kostete die Analyse laut Wiedemann 60 000 Euro, für die weitere Untersuchung wären noch 40 000 Euro fällig gewesen. Die Hälfte der Kosten übernimmt der Freistaat. Laut Kiechle gab es jüngst ein Treffen mit Vertretern des bayerischen Verkehrsministeriums. Sie hätten befürwortet, die Studie fortzuführen.
CSU-Fraktionsvorsitzender Helmut Berchtold, Vater der SeilbahnIdee, betonte: Der Stadtrat habe einstimmig beschlossen, das ÖPNV-Angebot zu erweitern. Das Ziel: künftig einen 15-Minuten-Takt anzubieten. Über die ZUM sei es nicht darstellbar, noch mehr Busse abzuwickeln. So sei es zu der Überlegung gekommen, im Norden und im Süden der Stadt Umsteigepunkte anzubieten. Nun gehe es darum, wie man diese verbinde.
Das müsse keine Seilbahn, das könnten etwa auch Shuttlebusse sein. Grünen-Fraktionsvorsitzender
Thomas Hartmann ließ in seinem Antrag zwar den Ausdruck „Abschlussbericht“durch „Zwischenbericht“ersetzen und erkannte damit an, dass es sich um einen Zwischenstand des Gutachtens handelt. Er blieb ansonsten aber bei seiner Forderung nach einem Beschluss. Als er im vergangenen Jahr im Haupt- und Finanzausschuss für die Kosten-Nutzen-Analyse gestimmt hat, sei seine Motivation gewesen, die Innenstadt vom Individualverkehr zu entlasten, sagt er. Das finde mit der Seilbahn aber nicht statt.
Julius Bernhardt (FFK) mahnte, sich die Studie nicht „schönzurechnen“: „Es wird Zeit verschenkt, die wir nicht haben.“Alexander Buck (Freie Wähler-ÜP) verwies auf eine Bürgerumfrage, der zufolge 61,5 Prozent der Befragten die Seilbahn als nicht sinnvoll erachten.
„Es gibt einfach Menschen, die in Kempten grundsätzlich keine Seilbahn wollen. Als einer von diesen reicht mir dieser Zwischenbericht für meine Meinung“, sagte Wolfgang Henning (SPD).