Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fußball-Vollbremsu­ng sorgt für Frust

Der Württember­gische Fußball-Verband hat die sofortige Unterbrech­ung des Spielbetri­ebs beschlosse­n

- Von Thorsten Kern und Nico Brunetti

RAVENSBURG - Jetzt also doch: Am Mittwoch hat es vom Württember­gischen Fußball-Verband (WFV) keine Stellungna­hme zum Corona-Maßnahmenp­aket der Bundesregi­erung gegeben. Am Donnerstag gab es dann ein Entscheidu­ng: Ab sofort wird der Spielbetri­eb von der Oberliga abwärts gestoppt. Das sorgt für einige Kritik aus den Fußballver­einen in der Region.

Bund und Länder hatten am Mittwoch entschiede­n, ab dem kommenden Montag (2. November) unter anderem den Amateurspo­rtbetrieb für mindestens vier Wochen zu untersagen. Der Handballve­rband Württember­g hatte schon vorab reagiert und seine Spiele mit sofortiger Wirkung abgesagt. Nun folgten auch der WFV sowie der Südbadisch­e Fußballver­band und der Badische Fußballver­band. Ab sofort sind sowohl Pflichtspi­ele als auch Testspiele verboten. Das gilt im gesamten Männer- und Frauenbere­ich sowie in der Jugend. Die letzten beiden Pflichtspi­ele – vielleicht sogar in diesem Jahr – haben damit der FV Ravensburg II in der Landesliga sowie der TSV Tettnang und der TSV Eriskirch in der Kreisliga A bestritten.

Dass in diesem Jahr noch einmal gespielt wird, glaubt Daniel Di Leo nicht. „Ich denke, wir starten erst wieder ab März“, sagt der Trainer des

Verbandsli­gisten VfB Friedrichs­hafen.

Die Absage schon für dieses Wochenende findet Di Leo nicht gut. „Wir hätten das Wochenende gerne noch mitgenomme­n.“Der VfB wäre am Freitag schon nach Hollenbach gefahren, dort hatte Tobias Scheifler, den Di Leo aus seiner Zeit beim FV Ravensburg kennt, den Friedrichs­hafenern ein Hotel besorgt. „Schade, dass jetzt schon abgebroche­n wurde. Das ist irgendwie unschön.“Denn die Vereine hätten in den vergangene­n Wochen mit viel Mühe Hygienekon­zepte erarbeitet und diese auch umgesetzt. „Wir haben uns im Training und bei Spielen an alle Regeln gehalten“, sagt der VfB-Spielertra­iner. „Im Fußball, wo man auch noch an der frischen Luft spielt, ist doch meines Wissens nach nicht viel passiert.“

Solche Stimmen gab es seit Mittwoch aus dem Lager des Amateurspo­rts häufiger. Viele sagen, dass der Sport kein Virusverbr­eiter sei. „Die Infektions­zahlen resultiere­n nicht aus dem Spielbetri­eb“, meint Fabian Hummel, Manager des

„Ich hätte mir gewünscht, dass man anders entschiede­n hätte, vielleicht erst mal Spiele ohne Zuschauer angesetzt hätte.“Doch das Sportverbo­t für November von Bund und Ländern setzte der WFV strikt um: „Die Entscheidu­ng erfolgt bewusst bereits vor der rechtliche­n Umsetzung der Bund-Länder-Beschlüsse und aufgrund der sehr eindringli­chen

FV Ravensburg.

Appelle der Bundes- und Landesregi­erung“, hieß es am Donnerstag in einer WFV-Mitteilung. „Insbesonde­re Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n betonte, dass alle nicht notwendige­n Kontakte bereits jetzt und insbesonde­re am Wochenende unterbleib­en sollen. Dieser Aufforderu­ng leistet der Amateurfuß­ball in Wahrnehmun­g seiner gesellscha­ftlichen Verantwort­ung selbstvers­tändlich Folge.“

Der Verband forderte seine Vereine zudem auf, auch den Trainingsb­etrieb ab sofort einzustell­en. „Bei uns holt am Donnerstag jeder seine Laufschuhe ab, ab Montag geht die Laufund Sprintarbe­it sowie das Athletiktr­aining wieder los“, sagt Di Leo. „Zum Spaß haben wir uns schon einen schönen Nikolaus und frohe Weihnachte­n gewünscht.“Die baden-württember­gischen Verbände hoffen zwar, die Saison 2020/21 „ordnungsge­mäß zu Ende zu bringen“. So richtig daran glauben mag etwa FVManager Hummel nicht. „Bei so vielen Spieltagen wie in der Oberliga sollte man so lange spielen wie es vertretbar ist.“Sonst müsse man vielleicht bis Weihnachte­n oder zwischen den Jahren spielen. „Ich hoffe, dass wir in diesem Jahr noch mal auf den Platz zurückkehr­en können“, sagt Hummel. Diese Hoffnung hat Di Leo nicht. „Ich glaube, wir fangen erst im März wieder an.“

Thomas Büchelmaie­r, Sportliche­r Leiter des

gibt die gleiche Prognose wie Di

Landesligi­sten SV Kehlen,

Leo ab. Auch er könne sich nicht vorstellen, dass noch in diesem Kalenderja­hr gespielt wird. Hinter der Entscheidu­ng des WFV, den Spielbetri­eb sofort zu unterbrech­en, steht er. „Wenn am Wochenende etwas passieren würde, dann wäre das nicht förderlich. Dann würde der Fußball noch mehr am Pranger stehen und es würde Öl ins Feuer gießen. Der Fußball genießt schon von Anfang an eine kleine Sonderstel­lung“, führt Büchelmaie­r aus. Die Kehlener halten sich nun strikt an die Empfehlung des Verbandes. „Der ganze Verein ist ab sofort stillgeleg­t. Bei uns findet auch kein Training mehr statt“, so Büchelmaie­r. Die Kehlener erarbeiten nun Pläne für die nächsten Wochen und Monate. Erst am Mittwoch gab der SVK die Trennung von Coach Bernd Reich bekannt und ersetzte ihn vorerst mit dem bisherigen CoTrainer Tobias Ullrich. Ob das Landesliga-Schlusslic­ht den Trainerwec­hsel auch mit dem heutigen Wissen jetzt schon vorgenomme­n hätte, vermochte Büchelmaie­r nicht zu sagen. „Das ist Spekulatio­n. Wir haben die Entscheidu­ng am Wochenende getroffen, das war nicht vorhersehb­ar.“Ullrich jedenfalls muss auf sein Debüt warten – die Partie in Nusplingen findet nicht statt. Eine drastische Entscheidu­ng, mit der Büchelmaie­r einverstan­den ist, aber auch Geisterspi­ele wären aus seiner Sicht eine Möglichkei­t gewesen. „Ohne Zuschauer hätte man schon was hinkriegen können.“

Die Entscheidu­ng, nun nicht mal mehr wenigstens einmal auflaufen zu können, sorgt bei Patrick Mayer für leichten Frust. Der Trainer des

sagt: „Wir hätten gerne noch das eine Spiel gemacht, um einen vernünftig­en Abschluss zu haben.“Er bezweifelt auch, dass 2020 der Ball noch einmal rollen wird und hinterfrag­t den Stopp im Fußball. „Es ist sehr schade. Die Vereine haben Konzepte entwickelt und ich hatte das Gefühl, dass es sehr gut geklappt hat. Die CoronaFäll­e kamen nicht vom Fußball, sondern aus anderen Bereichen. Aber es ist dann auch die Frage: Wo fängt man an und wo hört man auf?“

Bezirkslig­isten SV Beuren

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FOTO: IMAGO IMAGES/SPORTFOTO RUDEL Die Amateurfuß­baller in Baden-Württember­g müssen unfreiwill­ig die Füße hochlegen.

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