Geldstrafe für Anbau von Marihuana
Bei Hausdurchsuchung 90 Gramm Marihuana sowie fünf bis sechs Pflanzen entdeckt
AMTZELL/WANGEN - Vor dem Schöffengericht, das einmal mehr in der Stadthalle Wangen tagte, ist ein Mann zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er bei sich zu Hause illegale Betäubungsmittel anpflanzte. Mit ihm auf der Anklagebank saß seine Freundin, deren Urteil aufgrund einer fehlender Zeugenaussage vertagt wurde.
Die beiden Angeklagten sind ein Paar und Eltern eines zwei Monate alten Kindes. Der Frau wirft die Staatsanwaltschaft vor, sie habe im Mai 2017 an ihren minderjährigen Sohn, der damals 15 Jahre war, Marihuana verkauft. Ein weiterer Vorwurf, dass im Gästezimmer ihres Hauses Pflanzen des Betäubungsmittels hochgezogen wurden, ginge auf die Kappe ihres Freundes. Dieser bestätigte das auch in vollem Umfang.
„Wir haben gemeinsam immer wieder mal geraucht, jedoch nie im Beisein meines Sohnes“, erklärte die Frau dem Richter und den beiden Schöffen. Das Zimmer sei immer abgeschlossen gewesen. Auch weil sie vor ihrem Sohn Wertsachen verstecken musste. Er sei schon immer schwierig gewesen. Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn sei sehr schlecht gewesen und immer wieder habe sie ihn vor die Türe gesetzt. Schon in jungen Jahren habe er Alkohol und Drogen konsumiert. Irgendwann sei er in eine betreute Wohngruppe in Ravensburg gekommen. Von dort sei er geflüchtet und war eine Zeit lang obdachlos. Seit drei Monaten befände er sich in einer Entzugstherapie.
In den Zeugenstand gerufen wurde nun die damalige Freundin des Sohnes, die auch die Vorwürfe gegen die Mutter und deren Freund zur Anzeige brachte. „Sie haben damals zu Protokoll gegeben, dass Sie von der Mutter ihres damaligen Freundes einen fertigen Joint bekommen haben, ist das korrekt?“, wollte der Richter zunächst wissen. Davon wisse sie nichts mehr, sagte die heute 18-jährige Zeugin. Jedoch habe sie gesehen, wie die Angeklagte ihrem Sohn zwei Gramm Marihuana für 20 Euro verkauft hat. „Was wussten Sie von den Pflanzen im Zimmer“, fragte die Staatsanwältin. Die junge Frau erklärte, dass sie die Indoor-Anlage nur auf Bildern gesehen habe, die ihr der damalige Freund zeigte. Als sie schließlich mit dem jungen Mann Schluss machte, habe er sie beleidigt und daher brachte die Zeugin die Vorkommnisse zur Anzeige. Im Laufe der weiteren Befragung durch das Gericht, legte die Zeugin eine sehr lückenhafte Darstellung der Anschuldigungen an den Tag. Als die Zeugin schon entlassen war, wollte der Anwalt der Frau noch wissen, ob es schon mal eine Anzeige wegen Falschaussage gegeben habe. Der Staatsanwältin lagen dafür jedoch keine Kenntnisse vor.
Auf die Vorwürfe, die damals von der jungen Frau erhoben wurden, folgte schließlich die Hausdurchsuchung durch die Polizei. Ein Beamter, der dieser beiwohnte, wurde in den Zeugenstand gerufen. Man habe dort circa 90 Gramm Marihuana gefunden, fünf bis sechs Pflanzen und einen angerauchten Joint, sagte er im Gericht. Die Aussage der jungen Frau, dass sie gesehen habe, wie die Mutter ihrem Sohn Marihuana verkauft hat, hielt er für glaubwürdig. Dennoch empfand das Gericht die Aussage der Zeugin als „schwammig“. Richter und Schöffen zogen sich zur Beratung zurück, um zu entscheiden, ob die Vorwürfe gegen die Mutter so lange eingestellt werden sollen, bis der Sohn seine Aussage machen kann. Und schließlich wurde die Urteilsfindung gegen die Angeklagte bis auf weiteres vertagt.
Für den Freund ging der Prozess weiter. Der Syrer gab in vollem Umfang zu, dass er die Idee hatte, eigene Marihuana-Pflanzen anzubauen. Durch den Krieg und die schrecklichen Erlebnisse in seinem Land, Verluste von Familienmitgliedern und eine dramatische Flucht, habe er immer wieder Depressionen gehabt. In seiner Heimat habe er Medizin studiert, musste aber während der Ausbildung zur Armee. Er habe nur an den Wochenenden geraucht. Durch die Fürsorge um die Pflanzen hätte er eine Aufgabe gehabt. „Es war ein Fehler, den ich gemacht habe. Aber jeder verdient eine zweite Chance. Ich weiß, dass ich das nicht mehr mache. Es war eine Phase und die ist vorbei“, sagte der Angeklagte vor der Urteilsfindung des Gerichts.
Für die Staatsanwältin bestätigten sich zwar die Vorwürfe gegen den Angeklagten, jedoch sprach für sie vieles dafür, das Urteil auf eine Geldstrafe zu reduzieren. Der Wirkstoffgehalt der Pflanzen sei sehr gering gewesen, kein Vorsatz zum Handel treiben sei zu erkennen und das Geständnis in vollem Umfang. Darüber hinaus hatte der Angeklagte keine Eintragung im Bundeszentralregister. Daher entschied sie sich für eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Euro. Der Verteidiger stimmte dem zu und beteuerte, dass dies im Rahmen des Machbaren für seinen Mandanten läge. Auch Richter und Schöffen hatten dem nach kurzer Beratungszeit nichts entgegen zu setzen.