Schwäbische Zeitung (Wangen)

Abgeordnet­e mehr einbinden

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Muss das wirklich sein? Müssen wirklich die Parlamente, in denen so mancher Redner sich selbst am liebsten zuhört, auch noch mitreden, wenn es um schnelle Entscheidu­ngen in der Corona-Krise geht? Und ist es nicht nur Symbolpoli­tik, wenn Abgeordnet­e sich zu Vorhaben äußern dürfen, die aufgrund der Mehrheiten im Bundestag doch längst beschlosse­ne Sache sind? Klare Antwort: Ja, das muss sein – und es ist eben nicht nur Symbolpoli­tik. In einer Demokratie muss es eine parlamenta­rische Kontrolle der Regierende­n geben. Wenn das nicht funktionie­rt, ist das politische System in Gefahr. Und deshalb ist es eben nicht unerheblic­h, dass in Deutschlan­d seit acht Monaten Corona-Verordnung­en erlassen werden – und zwar weitgehend an den Parlamente­n vorbei.

Das neue Infektions­schutzgese­tz von Union und SPD, das am Freitag im Bundestag beraten wurde, wird daran wenig ändern. Denn dieses Gesetz dient in erster Linie eben nicht dem Zweck, die Parlamente mehr einzubinde­n, sondern es geht darum, die Corona-Entscheidu­ngen juristisch weniger angreifbar zu machen. Ein Hin und Her wie beispielsw­eise beim Beherbergu­ngsverbot, das zunächst verkündet und kurz darauf von den Gerichten wieder einkassier­t wurde, soll künftig vermieden werden. Dass diese Art von Verwirrung in einer Zeit, die ohnehin wirr genug ist, niemand braucht, kam offensicht­lich in der Großen Koalition an. Doch der zweite Schritt, Abgeordnet­e als Vertreter der Wähler mitentsche­iden zu lassen, wenn es um Eingriffe in die Grundrecht­e der Bürger geht, fällt Regierungs­vertretern in Bund und Ländern schwer.

Natürlich erzwingt eine Pandemie schnelle Entscheidu­ngen zum Schutz der Bevölkerun­g. Doch das Regieren via Verordnung­en kann kein Dauermodus sein – zumal sich das Coronaviru­s anschickt, zum Dauerzusta­nd zu werden. Umso wichtiger wäre in dieser Situation ein direkter Draht zwischen Politikern und Bürgern – von deren Einsicht es schließlic­h abhängt, ob der Kampf gegen Corona erfolgreic­h ist. Abgeordnet­e, die in ihren Wahlkreise­n verankert sind und zudem in Entscheidu­ngsprozess­e eingebunde­n werden, könnten dabei gute Dienste leisten.

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