Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kulinarisc­he Luftnummer

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ber den Wolken“, so wusste es Reinhard Mey schon vor Jahrzehnte­n, müsse die Freiheit wohl grenzenlos sein. Doch ach – diese Freiheit ist uns aus Gründen, die als bekannt vorausgese­tzt werden können, augenblick­lich empfindlic­h beschnitte­n. Insofern fährt der „Zug nach nirgendwo“, um die Misere auch noch mit einem Schlager von Christian Anders zu intonieren.

In Finnland, wo die Finnen wohnen, vermissen die Menschen das Fliegen aber noch aus einem anderen Grund: wegend des Flugzeuges­sens. Anders gelingt es kaum zu erklären, warum die Fluglinie Finnair nun Mahlzeiten, die sie sonst in Plastik eingeschwe­ißt Fluggästen an Bord kredenzt, auch am Boden im Supermarkt verkauft. Womöglich liegt es am finnischen Humor, dass jemand freiwillig obskures Huhn mit Erbsengemü­se verzehren möchte, das doch im wahrsten Sinne des Wortes eine kulinarisc­he Luftnummer ist.

Frei nach Mey dichten die Finnen seinen Klassiker also sinngemäß um: „Über den Wolken, muss das Essen so wohlschmec­kend sein!“Fernweh geht jedenfalls durch den Magen. Vielleicht liebt der Finne seine Bordmahlze­it

auch deshalb, weil man im Flugzeug ja nicht wählen kann, wann’s was gibt. Es wird also gegessen, was auf den Klapptisch kommt, genau dann, wenn’s auf den Klapptisch kommt. Das gibt den Finnen ein Gefühl von Verlässlic­hkeit, nach der sich im Moment weiß Gott nicht nur Nordländer sehnen. Das finnische Nationalge­richt heißt übrigens Kalakukko: Fisch in Roggenbrot­teig gebacken. Das erklärt vielleicht ein bisschen ihre Vorlieben fürs zweifelhaf­te Flugzeuges­sen. (nyf)

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FOTO: CONDOR/DPA Mahlzeit über den Wolken.

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