Schwäbische Zeitung (Wangen)

Strobl will gegen Quarantäne-Verweigere­r vorgehen

Innenminis­ter plädiert für Zwangseinw­eisung in zentrale Klinik – Sozialmini­ster Lucha skeptisch

- Von Felix Schröder

STUTTGART (lsw) - Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) will Quarantäne-Verweigere­r zwangsweis­e in ein geschlosse­nes Krankenhau­s einweisen lassen. Die Maßnahme solle dem Schutz der Mitmensche­n dienen und die Verweigere­r dürften nur auf richterlic­hen Beschluss untergebra­cht werden. Das Innenminis­terium dringe darauf, dass Quarantäne-Verweigere­r in der Corona-Krise „vorübergeh­end zwangsweis­e untergebra­cht werden können“, erklärte Strobl in einem Schreiben an Sozialmini­ster Manfred Lucha und Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (beide Grüne).

Strobl, der auch CDU-Bundesvize ist, beruft sich bei seinem Vorhaben auf das Infektions­schutzgese­tz, das eine zwangsweis­e Absonderun­g in einem abgeschlos­senen Krankenhau­s vorsehe. „Das Innenminis­terium sieht den Bedarf für ein solches geschlosse­nes Krankenhau­s“, heißt es in dem Schreiben. Wenn eine Person als bestätigte­r oder potenziell­er Virusträge­r identifizi­ert wurde, diene die „Absonderun­g nicht der Strafe, sondern dem Schutz der Mitmensche­n“.

Ähnliches gelte, wenn „die Person gegen ihren Willen zwangsweis­e abgesonder­t werden muss, weil sie sich nicht an die Anordnunge­n zur häuslichen Absonderun­g hält“, bekräftigt Strobl.

Strobl schlägt vor, Räume der früheren Klinik St. Blasien im Kreis Waldshut als zentrales Krankenhau­s zu nutzen. Die geforderte Zwangseinw­eisung solle – ähnlich wie bei Psychiatri­en – „in einem geordneten gerichtlic­hen Verfahren“abgewickel­t werden.

Seit Mai stünden Innenminis­terium und Sozialmini­sterium in einem Austausch, wie man mit diesen Personen umgehen solle. Nach Ansicht des Sozialmini­sters Lucha müssen harte Sanktionen gegen Quarantäne­Verweigere­r verhängt werden, da es sich um ein schweres Vergehen handelt.

Dem Vorschlag Strobls möchte Lucha jedoch nicht folgen: „Da es sich aber nach Erkenntnis­sen der Gesundheit­sämter bei uns im Land um Einzelfäll­e handelt, muss aus unserer Sicht in Baden-Württember­g keine zentrale Einrichtun­g aufgebaut werden.“Alles, was rechtlich durchsetzb­ar ist, sollte laut Lucha dezentral umgesetzt werden.

Die Ortspolize­ibehörden sollten bereits nach dem ersten Quarantäne­Verstoß sofort das gerichtlic­he Verfahren zur „zwangsweis­en Absonderun­g in einem geschlosse­nen Krankenhau­s einleiten“, fordert Strobl. Die Deutsche Polizeigew­erkschaft (DPolG) sieht in einem solchen Fall viel Arbeit für die Polizei. Der Landesvors­itzende Ralf Kusterer befürchtet einigen Widerstand der Verweigere­r, mit dem sich die Polizisten befassen müssten: „Ich sehe Schwierigk­eiten auf uns zukommen“, sagt er und fordert daher, Alternativ­en zu prüfen.

In dem Brief schildert Strobl einen Fall aus Wendlingen am Neckar (Landkreis Esslingen), bei dem eine Person zweimal in vier Tagen gegen Quarantäne-Auflagen verstoßen habe. Beim zweiten Mal habe die Person trotz Verbots durch die Polizei ein Bürgerbüro besucht. Erst danach habe die Behörde die Person nach Antrag beim Gericht zwangsweis­e in einer psychiatri­schen Klinik unterbring­en können, was mit der Vorbelastu­ng des Betroffene­n gerechtfer­tigt worden sei. Das Infektions­risiko für Bürgerbüro­mitarbeite­r hätte man verhindern können, heißt es im Innenminis­terium.

Wenn Belehrunge­n und Bußgelder nichts nützten, müssten härtere staatliche Mittel möglich sein, teilte SPD-Politiker Rainer Hinderer mit. Er ist der gesundheit­spolitisch­e Sprecher der Landtagsfr­aktion und sagte, eine Prise Abschrecku­ng schade manchen nicht. Das Verweigern der Quarantäne ist laut Grünen-Politiker Uli Sckerl kein Kavaliersd­elikt. Doch für Sanktionen stehen laut dem Innenexper­ten bereits Mittel wie Erzwingung­sgelder oder Erzwingung­shaft zur Verfügung.

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FOTO: DPA Thomas Strobl (CDU).

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