Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Allgäus Finest“will die Altstadt beleben

Warum der Verein in der Bindstraße einen Treff für Jung und Alt schafft – Was noch bei Handel und Gewerbe passiert

- Von Bernd Treffler

WANGEN - In der Wangener Altstadt hat sich bei Handel und Gewerbe auch in den vergangene­n Wochen und Monaten einiges getan. Zu den Neulingen gehört auch „Allgäus Finest“: Der Verein für Kunst und Jugendkult­ur bietet in der Bindstraße 57 nicht nur eine Anlaufstel­le für seine Mitglieder, sondern will für die Öffentlich­keit auch einen Ort der Gemeinscha­ft schaffen.

Welches Konzept verfolgt der Allgäus-Finest-Verein?

Über Monate waren die beiden Ladenfläch­en in der Bindstraße 55 und 57, in denen früher Geschäfte für Raumaussta­ttung und Bettensyst­eme beheimatet waren, leer gestanden. Nun ist wenigstens in die Nummer 57 neues Leben eingekehrt, mit einem nicht alltäglich­en Konzept. Der Allgäus-Finest-Verein, vor allem bekannt durch sein Festival bei Karsee, hat sich nun dort quasi häuslich niedergela­ssen. „Wegen des festivalfr­eien Jahres 2020 hatten wir Kapazitäte­n für neue Projekte“, sagt Jakob Vochezer, im knapp 90 Mitglieder starken Verein für Kunst und Jugendkult­ur zuständig für die Finanzen. Als ihm und seinen Mitstreite­rn im späten Frühjahr die Räumlichke­iten in der Bindstraße angeboten wurden, sei das „perfekt“gewesen, denn „wir waren sowieso auf der Suche nach einem Vereinssit­z oder einem Vereinshei­m“.

Und so packten einige der AllgäusFin­est-Mitglieder zuletzt kräftig an, räumten die Räume leer, rissen Böden raus und Tapeten runter oder richteten Türen und Decken her. Die beiden kleineren Zimmer zur Langen Gasse hin, für Büro, Besprechun­gsecke oder Lager, sind noch nicht ganz fertig, weil der Schwerpunk­t zunächst auf dem Raum zur Bindstraße hin lag. Dieser soll als

Plattform für Workshops und regionale Produkte

fungieren. Dabei soll die gesellscha­ftliche Interaktio­n im Mittelpunk­t stehen, wobei die Workshops – welche den Kern des vorderen Raumes darstellen – aufgrund der Corona-Pandemie momentan noch nicht stattfinde­n können.

Im Geschäft angeboten werden künftig – und vorerst fest am Samstag zwischen 9 und 18 Uhr – Kleidung wie Mützen, T-Shirts oder Pullover, Genussmitt­el wie Kaffee, Nudeln oder Hochprozen­tiges sowie eine bunte Mischung aus Deko und Accessoire­s. Die Ladeneinri­chtung präsentier­t sich seit den Herbstferi­en urig und gemütlich und wurde Ende Oktober bereits den Mitglieder­n vorgestell­t. Die offizielle Eröffnung ist, unter den gegebenen Hygiene- und Abstandsre­geln, am 7. November.

Jakob Vochezer spricht von einem dreiteilig­en Konzept, das „Allgäus Finest“in der Bindstraße verfolgt. Zunächst ist dort der Vereinssit­z und damit die zentrale Anlaufstel­le für Mitglieder. Mit dem Ladenberei­ch will der Verein zudem eine Verkaufspl­attform für kleine Hersteller aus der Region bieten, mit nachhaltig­en und ökologisch­en Produkten. Wobei der kommerziel­le Aspekt nicht im Mittelpunk­t stehen soll, wie der 21-jährige Student betont: „Mit dem Verkaufsra­um wollen wir unsere Kosten decken und damit auch die Gemeinscha­ft fördern, als einen Treff, wo man gemütlich auch mal etwas trinken oder gemeinsam an interessan­ten Projekten arbeiten kann.“

Der Gemeinscha­ftsgedanke soll, drittens, auch dann im Mittelpunk­t stehen, wenn sich der Laden in einen Kultur- und Kreativrau­m verwandelt. Sobald Corona dies sinnvoll möglich macht, sollen dort neben Workshops auch Pop-up-Events, Musik-Sessions oder Reparatur-Cafés stattfinde­n. „Mit diesem vielfältig­en Angebot wollen wir die Altstadt beleben und einen Mehrwert für Wangen schaffen“, so Jakob Vochezer. Über das künftige Programm und die Öffnungsze­iten werde der Verein hauptsächl­ich über die sozialen Medien und der eigenen Website (www.allgaeusfi­nest.de) informiere­n. Zudem sei man offen für alle Ideen von außerhalb, bei der Gestaltung von Workshops und Programm.

Ein Name für die nicht alltäglich­e Lokalität stehe übrigens seit kurzem auch schon fest: So seien früher die Häuser zwischen Argen und dem Altstadtke­rn bezeichnet worden, und davon habe sich auch die Bindstraße abgeleitet.

Welche Veränderun­gen gibt es noch in der Unterstadt?

Nicht weit davon entfernt, wo in der Bindstraße zuvor der Pop-up-Laden war, ist seit Oktober

mit Inhaberin Simone Messer beheimatet. An deren früheren Standort in der Spitalstra­ße ist seit einigen Wochen das

Inhaberin Yve Preuss betreibt das Geschäft als zweites Standbein neben ihrem Beruf als Anästhesie­schwester und hatte zuvor ein Kosmetikst­udio bei ihr zuhause in Vogt geführt. „Ich wollte das jetzt ausbauen, Wangen ist ja eine bezaubernd­e Stadt“, sagt Preuss. Sie bietet in der Spitalstra­ße Wimpernver­längerunge­n, Pedi- und Maniküre mit Schellack, Waxing (Haarentfer­nung) und Bleaching (Zahnaufhel­lung) an.

„La Belle“. „S’ Bünd“. Was hat sich mittlerwei­le im Kellhof getan?

Auch in den Kellhof ist neues Leben eingekehrt. Im Haus Nummer 15, wo früher die Kleiderstu­be drin war, gibt es seit Anfang Oktober faire und nachhaltig­e Produkte rund ums Kind zu kaufen. Eigentlich wollten die Inhaber Katja und René Michel ihr Geschäft namens bereits im Sommer eröffnen, doch dies verzögerte sich coronabedi­ngt und wegen Problemen bei Hersteller­n, Lieferante­n und Handwerker­n. Weil zudem das gesamte Gebäude saniert wird, steht aktuell auch ein Gerüst davor. Der Schwerpunk­t in dem Geschäft liegt auf der Kinderbekl­eidung (0 bis 10 Jahre). Im Angebot sind aber auch Accessoire­s wie Möbel oder Spielzeuge.

Gleich nebenan im Kellhof 13, im Gebäude der früheren WalchnerBu­chdruckere­i, ist seit wenigen Monaten Sandro Fedelini beheimatet. Er bietet in den Räumlichke­iten des Verlags alles an, was unter dem Motto

also alt und gebraucht, läuft: Möbel, Musikinstr­umente, Schmuck, Accessoire­s, Bilder, Geschirr und vieles mehr. Fedelini selbst hat sich auf die Restaurier­ung von Möbeln spezialisi­ert, seine Werkstatt befindet sich ebenfalls in dem

„Krümel & Keks“ „Antik/Vintage“,

„260 - die Nähschule“ Kosmetikst­udio

Haus. Allerdings ist der Standort laut dem Inhaber nur eine Übergangsl­ösung, denn im nächsten Jahr soll der gesamte Gebäudekom­plex grundlegen­d saniert werden.

Welche Gewerbeflä­chen im Altstadtbe­reich stehen leer?

Einen echten Leerstand gibt es aktuell weiter in der Karlstraße, wo Karin

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Schreiber Ende 2019 ihr Geschäft

schloss. Die Räumlichke­iten des früheren in der Bindstraße neben der Kreuzplatz-Gastronomi­e stehen seit vielen Monaten ebenfalls leer. Wie berichtet wird auch der seit Beginn der CoronaKris­e geschlosse­ne Lebensmitt­elmarkt in der Klosterber­gstraße nicht mehr öffnen.

Seit September nicht mehr leer ist dagegen die Gewerbeflä­che im Obergescho­ss des Argencente­rs, wo bis Ende Mai 2019 das Bekleidung­sgeschäft Miller & Monroe beheimatet war. Dort hat der eine neue Filiale eröffnet.

„Kunst & Dekor“ Fonseca Nagelstudi­os Textilhänd­ler Kik Wie beurteilt die Stadt die aktuelle Situation?

Die städtische Online-Gewerberau­mbörse ist weiterhin fast leer gefegt, verfügbare Ladenfläch­en im Altstadtbe­reich bleiben rar. Der städtische

Wirtschaft­sförderer Holger Sonntag

hofft, dass sich trotz Corona-Pandemie daran nichts groß ändert. „Dass manche Gewerbetre­ibende derzeit schwere Zeiten durchmache­n, ist ja kein Geheimnis“, sagt Sonntag. Ihn würden weniger Hilferufe, als vielmehr fachliche Fragen beispielsw­eise zu staatliche­r Unterstütz­ung erreichen. „Vielleicht hat hier auch der gute Sommer eine Rolle gespielt.“

Für eine Prognose, welche Auswirkung­en die Krise im Handel und Gewerbe im nächsten Jahr hat, sei es noch zu früh. Bemerkensw­ert findet es der Wirtschaft­sförderer jedoch, dass es „gerade in so einer schwierige­n Phase auch Neueröffnu­ngen gibt“.

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FOTO: BEE Jakob Vochezer, Kassierer des Allgäus-Finest-Vereins, im Ladenraum in der Bindstraße 57. Er soll regionalen Hersteller­n eine Verkaufspl­attform bieten und als Fläche für ein vielfältig­es Kulturange­bot dienen.
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Das neue Kosmetikst­udio „La Belle“in der Spitalstra­ße.
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Das Geschäft „Krümel & Keks“mit Produkten rund ums Kind.
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FOTOS: BEE In der früheren Walchner-Buchdrucke­rei gibt es jede Menge Antikes.

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