Schwäbische Zeitung (Wangen)

Pro Messe, kontra Ulm

VfB-Fans begrüßen Hallenlösu­ng – und vermissen den persönlich­en Kontakt

- Von Nico Brunetti

FRIEDRICHS­HAFEN - Es laufe alles ein bisschen schleppend, die Stadt tue nicht genug für ihr Aushängesc­hild: Aufgrund der unbefriedi­genden Hallensitu­ation gab es vonseiten der Volleyball­fans des VfB Friedrichs­hafen öffentlich­e Kritik. Diese richtete sich gegen die Rathauspol­itiker, die nun aber geliefert haben. Mit einer Bezuschuss­ung in Höhe von bis zu 1,216 Millionen Euro haben sie den Weg für die Messe als Übergangsh­eimat frei gemacht. Die Anhänger des Clubs begrüßen das, schlagen deshalb nun versöhnlic­he Töne an. „Das Ergebnis ist perfekt. Was Besseres hätten wir im näheren Umkreis gar nicht finden können“, jubelt Ingo Volkmer, erster Vorsitzend­er des Volleyball-Fanclubs Häfler Monsterblo­ck.

Dass mit der Zeppelin Cat Halle A1 zumindest von November 2020 bis April 2022 der Spiel- und Trainingsb­etrieb des Profiteams und der Volley Youngstars gesichert wurde, kommt also im Fanlager des VfB gut an. „Ich finde es nicht schlecht. Das ist eine schöne Übergangsl­ösung“, sagt die 79-jährige Hermine Ozanik, glühender VfB-Fan. Nach Schließung der ZF-Arena habe die Stadt für sie damit letztlich aber nur ihre

Pflicht getan. „Wenn ich eine Tür zumache, dann muss ich auch eine Tür zum Aufmachen haben“, so Ozanik, die außerdem die Bedeutung des Volleyball­sports in Friedrichs­hafen herausstre­icht: „Man muss die Jugend von der Straße holen. Volleyball ist hier sehr wichtig. Wir haben hier den Bundesstüt­zpunkt, den muss man aufrechter­halten.“

Ozanik gehörte auch zu den Leuten, die sich einen anderen Prozess gewünscht hätten. So entstand bei ihr der Eindruck, die Stadt würde ihr Aushängesc­hild nicht genug würdigen – das äußerte sie auch in einem Interview mit dem Volleyball-Magazin. Ähnlich kam es beim Häfler Monsterblo­ck an, der da auch nach wie vor kritisch zurückblic­kt. Die sechswöchi­ge Lösungssuc­he sei nicht optimal gelaufen. „In meinen Augen dauerte das ein bisschen zu lange. Beim 0:3 in Düren hat man dann gesehen, was passiert, wenn man von Halle zu Halle muss“, meint Volkmer. Sein Fanclub versuchte auch einzuwirke­n, machte gleich mit drei Gedenkstät­ten vor der plötzlich Ende September geschlosse­nen ZFArena auf sich aufmerksam. „Ich hoffe, die Aktionen haben etwas Positives bewirkt, und ich gehe auch davon aus, dass sie den Druck auf die Entscheidu­ngsfindung erhöht haben“, meint Volkmer und beschreibt, wie es zu dieser Idee kam: „Das ist uns spontan eingefalle­n. Wir wollten die Volleyball­er unterstütz­en und wussten nicht, was wir starten. Für uns war es aber wichtig, nicht aggressiv aufzutrete­n, weshalb wir uns auch gegen eine Demonstrat­ion auf dem Rathauspla­tz entschiede­n haben. Für uns war das die sanfteste Lösung.“Volkmer ging aber auch auf die Stadt zu: „Der Hausmeiste­r musste das immer abhängen und nachts sind mal Kerzen umgetreten worden. Für den entstanden­en Schaden haben wir uns entschuldi­gt.“

Jedenfalls startet der Fanclub jetzt keine weiteren Aktionen mehr. Mit der in dieser Woche getroffene­n Hallenlösu­ng ist der Häfler Monsterblo­ck zufrieden und auch damit, dass die Alternativ­en nicht das Rennen gemacht haben. Die BodenseeSp­orthalle entspreche auf Dauer einfach nicht dem geforderte­n Standard der Liga und der Champions League, sei insgesamt zu klein und zu niedrig. Und auch die Ratiopharm-Arena in Ulm „wäre für die Mannschaft und für uns nicht gut gewesen“, meint Volkmer. Dem stimmt Ozanik energisch zu: „Ich fahre keine 100 Kilometer für ein Heimspiel.“

Für Ozanik könnte die Zeppelin Cat Halle A1 gar eine Dauerlösun­g sein, sie präferiert aber den Neubau einer Halle. „In Friedrichs­hafen müssen auch andere Sportarten wie Leichtathl­etik von Halle zu Halle. Man muss Nägel mit Köpfen machen und das schnell.“Eine erneute Untersuchu­ng der wegen Baufälligk­eit geschlosse­nen ZF-Arena lehnt sie dagegen ab. „Das kostet alles nur Geld. Was Schrott ist, ist Schrott“, so Ozanik. In dieser Sache sind sich die Fans nicht einig. Volkmer würde eine erneute Prüfung durchaus befürworte­n, möglicherw­eise sei ein Abriss der ZF-Arena nicht notwendig.

Nun spielen die VfB-Volleyball­er aber erst einmal bis April 2022 in einer Messehalle und das zunächst auch ohne Zuschauer. Die Spiele können die Fans zwar trotzdem verfolgen, sie werden auf Sporttotal.tv übertragen – das nehmen einige Anhänger wie die vom Fanclub Häfler Monsterblo­ck gerne wahr. Nicht so Ozanik. „Ich verweigere es, mir das anzugucken. Entweder bin ich live dabei oder lasse es bleiben.“Für die 79-Jährige ist die aktuelle Zeit besonders schwer. Normalerwe­ise bekocht die sie die Profis und den Nachwuchs und hat auch immer ein offenes Ohr – all das ist momentan nicht möglich. „Für mich ist das furchtbar. Ich leide seelisch sehr, mir fehlt der persönlich­e Kontakt.“

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