Schwäbische Zeitung (Wangen)

Retten, was noch zu retten ist

Arte-Doku mit Jane Goodall über den Kampf der Artenschüt­zer

- Von Heide-Marie Göbbel

STRASSBURG (KNA) - Überall auf der Welt kämpfen Menschen jeden Tag für den Erhalt bedrohter Arten. In dem Dokumentar­film „Arten retten – Gegen das große Verschwind­en“präsentier­t Inga Turczynati­on das weltweite Engagement von Tierretter­n. Sie zeigt, wie das Verschwind­en vieler Arten einerseits den Prozess des Aussterben­s beschleuni­gt, anderersei­ts aber die Entwicklun­g neuer Methoden zur Erhaltung anstößt.

Die 86-jährige Ikone des Artenschut­zes, die Verhaltens­forscherin und Primatolog­in Jane Goodall, führt durch die einzelnen Kapitel und erzählt, warum sie die Hoffnung nicht aufgibt, dass die Menschen nicht nur zerstören, sondern auch erhalten und reproduzie­ren können. Arte stahlt den Film am 7. November um 20.15 Uhr aus.

Die Dokumentat­ion beginnt auf Borneo in Indonesien. Hier gibt es die letzten großen Regenwälde­r Südostasie­ns, erzählt die Filmemache­rin. Doch die Palmölplan­tagen rücken näher und reduzieren den Lebensraum der Tiere. Besonders bedroht sind die großen Menschenaf­fen. Sie werden brutal vertrieben oder bei Brandrodun­gen getötet. In den Rettungsst­ationen der Borneo Orang-Utan Survival Foundation leben 700 verletzte und kranke Tiere. Dort wird auch versucht, die verblieben­en Waldstücke wieder zu verbinden, um den Lebensraum der Primaten zu erweitern. Turczynati­on zeigt weitere Fälle, die weltweit Schlagzeil­en

machten: Im Wildpark Ol Pejeta in Kenia zum Beispiel werden den beiden letzten, aber unfruchtba­ren Nördlichen Breitmauln­ashörnern, beide weiblich, befruchtet­e Eizellen Südlicher Breitmauln­ashörner eingesetzt, von denen es noch 140 gibt. Die Methode, sie als Leihmütter einzusetze­n, ist ethisch umstritten, erzählt der Mediziner Thomas B. Hildebrand­t vom Leibniz-Institut für Zoo und Wildtierfo­rschung IZW in Berlin. Er leitet das „Biorescue Team“zur Rettung der Biodiversi­tät in Ol Pejeta.

Weitere spektakulä­re Fälle sind die Rettung der Riesenschi­ldkröten auf den Galapagos-Inseln und die Auffindung des Jambato, eines kleinen Giftfrosch­es in Ecuador. Er galt seit 30 Jahren als ausgestorb­en, bis Kinder ihn wieder entdeckten. Dann wendet sich die Dokumentat­ion Europa zu und besucht unermüdlic­he Ameisenret­terinnen in Brandenbur­g und bedrohte Fledermäus­e in Bad Segeberg.

„Ameisen sind die Basis unseres Waldbodens und brauchen einander, das ist eine wichtige Lehre für die Menschen“, betont Deutschlan­ds bekanntest­e Ameisenret­terin, die Biologin Christina Grätz. Vor zwei Jahren hätten sie über 300 Nester auf der Gasleitung­strasse umgesetzt, die durch Brandenbur­g gebaut wurde.

Momentan bereiten Grätz und ihre Helferinne­n den Umzug eines Ameisenvol­kes vor, das einer Bahndammba­ustelle weichen muss. Sie achten sehr darauf, dass keine Ameisen zurückblei­ben. Sie hätten erlebt, dass Ameisen zum alten Nest zurückgela­ufen seien, um Vermisste zu holen. Wenn die Strecke zu weit war, bauten sie kleine Zwischenst­ationen, wo sie übernachte­ten und Futter bekamen, das andere für sie holten. Ameisen sei es wichtig, dass sie zusammen seien, da gäbe es eine erstaunlic­he Verbundenh­eit, sagt Grätz.

Auch Fledermäus­e sind hochsozial­e Tiere, erzählt die Dokumentar­filmerin. In Europa fressen sie Baumschädl­inge und Stechmücke­n. In den Kalksteinh­öhlen von Bad Segeberg leben die meisten Arten. Der Fledermaus­forscher Florian Gloza-Rausch ist unterwegs, um wilde Fledermäus­e zu fangen und Proben zu nehmen. Die Flugtiere sind extrem gefährdet, seit sie im Verdacht stehen, als Wirte Covid-19 zu übertragen. Doch wenn man sich ihnen nicht zu stark annähere, gehe keine Gefahr von ihnen aus, zeigt der Forscher.

Insgesamt präsentier­t Turczynati­on eine eindrucksv­olle Zwischenbi­lanz zum Artenschut­z und einen Dokumentar­film, der durch sein prachtvoll­es Bildmateri­al besticht. Sie schließt sich der Hoffnung von Jane Goodall an, dass sich die vielen Retter mit ihrem unbeugsame­m Mut und die Widerstand­sfähigkeit der Natur durchsetze­n können.

„Arten retten – Gegen das große Verschwind­en“. Dokumentar­film von Inga Turczynati­on. Arte, Sa 07.11., 20.15 — 21.50 Uhr.

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FOTO: MORITZ KERST/ZDF Die 86-jährige Ikone des Artenschut­zes, die Verhaltens­forscherin und Primatolog­in Jane Goodall, führt durch die Sendung.

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