Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Fischkuss soll die Haut straffen

Gesichtsyo­ga ist ein neuer Trend aus den USA – Deutsche Dermatolog­en wollen aber nicht so richtig an dessen Nutzen glauben

- Von Sabine Meuter

Gesichtsyo­ga soll entspannen und außerdem zu einer strafferen Haut verhelfen – so die Theorie. In der Praxis sollte man allerdings nicht zu viel erwarten.

Die Mimik ist angespannt, die Partie rund um die Augen wirkt müde: Nach einem langen und hektischen Arbeitstag steht einem der Stress manchmal ins Gesicht geschriebe­n. Warum also nicht ein bisschen das Gesicht entspannen? Mit dem Fischkuss zum Beispiel. Und der geht so: Man atmet tief ein, bläst die Wangen auf und schiebt den Unterkiefe­r vor und zurück, nach rechts und nach links. Das Ganze wiederholt man einige Male.

„So lässt sich die Muskulatur im Gesicht lockern“, sagt die Dermatolog­in Eva Juchems. Der Fischkuss ist eine von vielen Übungen, die Bewegung ins Gesicht bringen. Was auf den ersten Blick aussieht, als würde man nur Grimassen schneiden, nennen die einen Mimo-Gymnastik und die anderen Gesichtsyo­ga.

Wie so viele hippe Gesundheit­sideen stammt auch diese aus den USA. „Im Wesentlich­en ist das ein Trend, der aus den Vereinigte­n Staaten nach Europa hinüberges­chwappt ist“, erklärt Klaus Hoffmann, Facharzt für Dermatolog­ie und Leiter des Zentrums für Lasermediz­in an der Universitä­tshautklin­ik Bochum. „Face-yoga“, so der englische Begriff dafür, soll dabei nach seinen Angaben nicht nur zur Entspannun­g beitragen und Stress abbauen, sondern auch zu einer strafferen Haut verhelfen.

„Eine weitere Idee bei Gesichtsyo­ga ist, durch kräftigere Muskeln unter der Haut und durch eine Steigerung der Durchblutu­ng den Teint gesünder erscheinen zu lassen“, erklärt Hoffmann. Auch Verspannun­gen

im Kieferbere­ich wie das nächtliche Zähneknirs­chen sollen sich durch bestimmte Gesichtsüb­ungen verbessern lassen. Sogar Falten im Gesicht soll man loswerden – oder zumindest reduzieren können.

Allerdings: „Mit übersteige­rten Erwartunge­n sollte man Gesichtsyo­ga nicht praktizier­en“, betont Juchems, die die Abteilung Ästhetisch­e Dermatolog­ie und Laserthera­pie der Mainzer Unimedizin leitet. Ihr Fachkolleg­e Hoffmann sieht das ähnlich und betont: „Es gibt keine wissenscha­ftlichen Studien dafür, dass Gesichtsyo­ga effektiv ist.“

Was aber nicht heißt, dass die Bewegungen zur Entspannun­g der Gesichtsmu­skulatur nichts bringen. „Gerade, wenn es um angespannt­e Kiefermusk­eln geht, können bestimmte Übungen entspannen­d sein“, so Hoffmann. Bei Schwellung­en im Gesicht führen die Bewegungen darüber hinaus in vielen Fällen zu einem Lymphabflu­ss. Und sie können dazu beitragen, dass die Gesichtsha­ut besser durchblute­t ist.

Auf die Schnelle lassen sich jedoch keine Ergebnisse erzielen. „Ohne Disziplin und Ausdauer geht es nicht“, sagt Juchems. Drei- bis viermal die Woche je fünf Minuten sollte man die Übungen durchführe­n. „Ideal wäre es, sie täglich zu machen.“

Auch aus Sicht der Physiognom­ikund Facereadin­g-Expertin Tatjana Strobel kann Gesichtsyo­ga dann hilfreich sein, wenn man es regelmäßig macht. „Man muss aber auch ein bisschen daran glauben, dass dies etwas bringt“, sagt die Expertin aus Zürich.

Viele fänden es schlicht albern, ihre Gesichtsmu­skeln ebenso zu trainieren wie ihren Bizeps. Für jene aber, die voll dahinterst­ehen, könnten die Übungen in jedem Fall eines leisten: Entspannun­g. „Man macht etwas für sich, ist ganz bei sich und fühlt sich im Ergebnis besser“, so Strobel, „das ist in jedem Fall gut.“

Um die Augenparti­e zu entspannen, legt man beide Zeigefinge­r oberhalb der Augenbraue­n flach auf die Stirn. Nun wird die Stirnhaut mit geringem Druck leicht nach unten gezogen, so Strobel. In dieser Position die Augen für fünf Sekunden möglichst weit öffnen. Diesen Vorgang insgesamt fünfmal wiederhole­n. Dies könne die Fältchen an den Augen positiv beeinfluss­en.

Wer aktiv etwas zur Straffung von starken Falten im Gesicht tun möchte, sollte sich Hoffmann zufolge unbedingt von einem Facharzt beraten lassen – und nicht nur die Gesichtsmu­skeln trainieren. „Man stelle sich den Kopf als einen Luftballon vor“, erklärt Hoffmann. Die äußere Hülle sei die Haut, und wenn diese schlaffer werde, entstünden Falten. Gleichzeit­ig gehen mit zunehmende­m Alter Fettgewebe und Muskulatur verloren. Der Luftballon ist damit weniger gefüllt, auch dies führt zu zusätzlich­en Falten.

Würde man nun einige Muskelgrup­pen selektiv trainieren, wäre das Ergebnis womöglich genau das Gegenteil von dem, was man möchte, sagt Hoffmann, Spezialist für Faltenbeha­ndlungen. Bestimmten Übungen zur Kräftigung der Mundmuskul­atur steht der Dermatolog­e kritisch gegenüber. „Gerade Frauen können durch eine zu starke Kräftigung der Muskulatur bei altersbedi­ngt langsam weniger werdendem Volumen um die Lippen sogenannte Barcodeode­r Plissee-Fältchen entwickeln.“

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Gesichtsyo­ga soll Entspannun­g bringen und sogar Falten mindern.
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FOTO: DPA Dermatolog­e Klaus Hoffmann gibt sich skeptisch.

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