Schwäbische Zeitung (Wangen)

Tücken beim Fertighaus

Bequem bauen, schnell einziehen – Doch bei der Vertragsge­staltung sollten Bauherren genau hinschauen

- Von Katja Fischer

BERLIN (dpa) - In wenigen Wochen zum Traumhaus – das ist mit einem Fertighaus durchaus möglich. Es besteht aus vorgeferti­gten Elementen und wird auf der Baustelle nur noch aufgebaut. Danach braucht es allerdings noch etwas Zeit für den Innenausba­u. Fertighäus­er können dabei durchaus individuel­l geplant und auf die Nutzer zugeschnit­ten werden.

„Das mutet unkomplizi­ert an, ist es aber nicht“, sagt der Berliner Rechtsanwa­lt Mike Große von der Arbeitsgem­einschaft für Bau- und Immobilien­recht im Deutschen Anwaltvere­in. „Im Bauvertrag und auch im Bauverlauf können erhebliche Risiken lauern.“Es sei durchaus keine Seltenheit, dass in Verträgen Leistungen ausgenomme­n sind, die dann durch die Bauherren zusätzlich bereitgest­ellt werden müssen. So können die Errichtung von Baustraßen oder Lagerplätz­en, die Herstellun­g der Ver- und Entsorgung­sleitungen auf dem Grundstück oder die Bereitstel­lung von Baustrom und Bauwasser die Kosten in die Höhe treiben.

Das sieht der Bundesverb­and Deutscher Fertigbau anders. „Bei jedem Bauvorhabe­n, egal ob Fertighaus oder nicht, muss sich der Bauherr darum kümmern, dass Grundstück, Zufahrt, Strom, Wasser, behördlich­e Genehmigun­gen und so weiter rechtzeiti­g vorhanden sind“, betont Pressespre­cher Christoph Windscheif. Das ist Voraussetz­ung, damit gebaut werden kann. „Wer ein Fertighaus plant, kann mit seinem Baupartner aber auf Wunsch auch Unterstütz­ung bei diesen Vorleistun­gen vereinbare­n.“

Eine weitere Tücke: „Sonderwüns­che, die vorher bei den Vertragsve­rhandlunge­n besprochen wurden, bleiben ebenfalls gern außen vor“, sagt Wendelin Monz vom Bauherren-Schutzbund. Bauherren sollten darauf bestehen, dass sie in den Vertrag aufgenomme­n werden.

„Viele denken, das wird sich dann später schon regeln und füllen die Lücken im Bauvertrag mit Fantasie und Optimismus“, beobachtet Rechtsanwa­lt Monz. „Am Ende müssen sie aber die Erfahrung machen: Was nicht im Vertrag steht, bekommt man nicht.“

Nicht zulässig, aber in der Praxis durchaus zu finden, sind Klauseln, die es dem Unternehme­n erlauben, vertraglic­h vereinbart­e Leistungen nachträgli­ch zu ändern. „Es muss triftige Gründe für Änderungen geben und diese müssen für Kunden zumutbar sein“, sagt Monz.

„Unwirksam ist auch die Vertragsre­gelung, dass der Bauherr nur eine Woche nach dem Aufbau des Hauses Zeit hat, Mängel anzuzeigen.“Ebenfalls unzulässig ist das Ansinnen eines Bauunterne­hmens, die Preise für Teilleistu­ngen nach der aktuellen Preisliste bei Fertigstel­lung des Objekts abrechnen zu wollen.

Gern werben Anbieter damit, dass Bauherren den Preis durch Eigenleist­ungen reduzieren können. Das ist meist unproblema­tisch bei Ausbauleis­tungen wie Malerarbei­ten

oder dem Verlegen des Bodenbelag­s. „Mit einem höheren Risiko sind hingegen Eigenleist­ungen verbunden, die einen direkten Einfluss auf den Baufortsch­ritt haben“, so Große. Für eine Verzögerun­g müsse der Bauherr in solchen Fällen unter Umständen selbst aufkommen.

Fallen können auch im Zahlungspl­an stecken. „Der ist oft kopflastig“, erklärt Monz. „Das heißt, die ersten Raten werden zu früh und zu hoch angesetzt.“Bauherren sollten auf ihr Recht pochen, schon von der ersten Rate 5 Prozent des Gesamtwerk­lohnes als Sicherheit einzubehal­ten, rät der Jurist. „Außerdem muss die letzte Rate

Rechtsanwa­lt Wendelin Monz vom Bauherren-Schutzbund mindestens 10 Prozent betragen. So hat der Bauherr am Ende jedenfalls 15 Prozent, die er erforderli­chenfalls für Mängel und Restleistu­ngen verwenden kann.“

Auch die Bauunterne­hmen wollen sich absichern, denn sie gehen mit hohen Summen in Vorleistun­g, wenn sie das Haus industriel­l vorfertige­n. „Sie dürfen von ihren Kunden in engem Rahmen Sicherheit­en verlangen“, stellt Wendelin Monz klar. „Aber dabei schießen sie schon mal über das Ziel hinaus.“

Bereits 2017 untersagte das Oberlandes­gericht Koblenz die verbrauche­rfeindlich­e Klausel in Verträgen eines Fertighaus­unternehme­ns, nach der Bauherren den Anspruch auf Auszahlung ihres Darlehens an das Bauunterne­hmen abtreten, um dieses abzusicher­n. 2020 wies der Bundesgeri­chtshof (BGH) die Nichtzulas­sungsbesch­werde

des Unternehme­ns zurück.

„Die Abtretung des Darlehens an die Baufirma hat enorme Nachteile für den Bauherrn“, erklärt Monz. „Die Baufirma hat dann praktisch das Zugriffsre­cht auf das Darlehen des Bauherrn.“Sie könne etwa Raten anfordern, wenn das gar nicht gerechtfer­tigt ist.

Auch beim Termin der Fertigstel­lung gibt es Streitpote­nzial. „Grundsätzl­ich muss die Dauer der Bauausführ­ung zwingend in den Vertrag aufgenomme­n werden“, sagt Rechtsanwa­lt Monz. „Doch versuchen es manche Unternehme­n mit Tricks.“

Einer davon: Sie geben im Vertrag eine Ausführung­sfrist an, machen deren Beginn aber von bestimmten Voraussetz­ungen abhängig, zum Beispiel von der Erstellung einer Baustraße durch den Bauherrn. Dem

Bauherrn empfehlen sie dann für die Arbeiten eine bestimmte Firma. Diese beginnt aber erst, wenn es dem Bauunterne­hmen passt. Damit lässt sich der Beginn der Ausführung­sfrist beliebig steuern.

„Bauherren sollten Verträge stets aufmerksam prüfen und sich im Zweifelsfa­ll fachlichen Rat einholen“, sagt Verbandsve­rtreter Windscheif. Aus seiner Sicht bieten Fertighäus­er durchaus Vorteile: So seien der Baufortsch­ritt, also der Zeitplan und damit die zu leistenden Zahlungen, bei einem Fertighaus im Voraus gut planbar.

Auch das Wetter spiele bei Fertighäus­ern keine so große Rolle während der Bauphase. Der Großteil der Bauleistun­g werde nämlich nicht auf der Baustelle, sondern schon bei der Produktion der Bauelement­e erbracht. „Das Risiko für den Bauherren ist bei einem Fertighaus-Bauvertrag also insgesamt geringer.“

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Fertighäus­er sind schnell aufgebaut. Bauherren sollten sich aber für die Prüfung des Vertrages Zeit nehmen.

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