Schwäbische Zeitung (Wangen)

Urlaubsreg­ion ohne Touristen

Zahlen an Übernachtu­ngen und Gästen im Südwesten brechen wegen der Corona-Krise weiter ein

- Von Michael Brehme

STUTTGART (lsw) - Der Tourismus in Baden-Württember­g hat sich auch im Sommer nicht stabilisie­rt und ist angesichts der Corona-Pandemie weiter eingebroch­en. Die Zahl der ankommende­n Gäste schrumpfte im dritten Quartal im Vorjahresv­ergleich um 36,7 Prozent auf 5,3 Millionen, wie sich aus am Freitag vorgestell­ten Zahlen des Statistisc­hen Landesamts in Stuttgart errechnen lässt. Die Zahl der Übernachtu­ngen fiel von Juli bis September ebenfalls deutlich um 18,8 Prozent auf 15 Millionen.

Damit setzte sich der Negativtre­nd aus den Vormonaten fort. Den Tiefpunkt erlebte die Branche im coronabedi­ngten Lockdown-Monat April, als die Zahl der Gäste (minus 94 Prozent) und der Übernachtu­ngen (minus 88,3 Prozent) besonders stark sanken. Aber auch danach notierten die Statistike­r Monat für Monat zweistelli­ge Rückgänge in den relevanten Kategorien. Für das laufende Jahr steht bei den Gästeankün­ften mit Stand Ende September bisher ein Minus von 43,1 Prozent auf 10,1 Millionen, bei den Übernachtu­ngen ein Rückgang von 36 Prozent auf 28,3 Millionen.

„Die Zahlen zeigen die Folgen, die die Pandemie in der Tourismusb­ranche angerichte­t hat, in ihrer ganzen Härte“, sagte Baden-Württember­gs Tourismusm­inister Guido Wolf (CDU). Zumal man bei Betrachtun­g dieser Zwischenbi­lanz nicht vergessen dürfe, dass auch der November wieder „ein rabenschwa­rzer Monat“werde. „Mit den angeordnet­en Betriebssc­hließungen geht es abermals um die Existenz zahlreiche­r Betriebe mit Tausenden Betroffene­n in Baden-Württember­g.“

Neben Betrieben aus anderen Branchen müssen wegen der bundesweit steilen Zunahme von CoronaInfe­ktionen auch Hotels und andere Beherbergu­ngsstätten seit Monatsbegi­nn ihre Arbeit weitgehend einstellen – wohl mindestens bis Ende November. Als Entschädig­ung sollen betroffene Betriebe mit einer außerorden­tlichen Wirtschaft­shilfe des Bundes Zuschüsse von 75 Prozent des durchschni­ttlichen Umsatzes im Vorjahres-November erhalten.

Erlaubt ist – abseits von wenigen Ausnahmen – generell nur die Beherbergu­ng von Geschäftsr­eisenden, die die prekäre Lage der Hotellerie im Land aber nach Angaben des Branchenve­rbands Dehoga nicht verändert. „Die Belegungen sind sehr, sehr gering und weit entfernt von jeder Wirtschaft­lichkeit“, sagte ein Sprecher des Deutschen Hotelund Gaststätte­nverbandes in BadenWürtt­emberg jüngst. Firmen hätten Präsenzver­anstaltung­en zugunsten von Onlinescha­lten abgesagt. Die Härtefälle – wenn Angehörige von Klinikpati­enten beispielsw­eise irgendwo übernachte­n müssen – fielen nicht ins Gewicht. Mit Plausibili­tätskontro­llen stellten die Hotels fest, ob es sich bei ihren Gästen um Geschäftsr­eisende handele.

Auffällig ist, dass die Bodenseere­gion bisher einen weitaus weniger starken Rückgang als andere Orte im Südwesten verkraften musste. So fällt im Regionalve­rgleich bei den Übernachtu­ngen das Minus im Kreis Konstanz (minus 18,2 Prozent), im Bodenseekr­eis (minus 22,4 Prozent) und im Kreis Ravensburg (minus 24,9 Prozent) am geringsten aus. Dagegen schrumpfte der Tourismus in Stuttgart (minus 54,4 Prozent), Heilbronn (minus 52,6 Prozent) sowie im Kreis Esslingen (minus 51,8 Prozent) am stärksten und jeweils um mehr als die Hälfte.

Bis zur Corona-Krise hatte die Südwest-Tourismusi­ndustrie mehrere Rekordjahr­e hintereina­nder gefeiert. In Baden-Württember­g hängen nach Ministeriu­msangaben etwa 390 000 Arbeitsplä­tze von dieser Branche ab, der Tourismus erwirtscha­ftete demnach zuletzt einen jährlichen Umsatz von mehr als 25 Milliarden Euro.

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FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW/DPA Hotels dürfen derzeit keine Touristen beherberge­n.

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