Klage über fehlende WCs in Ravensburg
Handel bemerkt kürzere Verweildauer – Geschlossene Gastronomie verdeutlicht Problem
RAVENSBURG - Wer mit seinen Kindern auf dem Spielplatz am Katzenlieselesturm ist und eine Toilette sucht – wohin, wenn das nahe gelegene Café zuhat? Wer in Ravensburg auf dem Kuppelnauparkplatz parkt und vor dem Shoppen mal eben muss – was soll er tun, wenn das dortige Klohäuschen dauerhaft verriegelt ist? Für viele Ravensburger und Besucher der Stadt scheint es ein Toilettenproblem zu geben. Die Stadt hat zwar mehrere öffentliche WCAnlagen, doch ihre Zahl wird weiter sinken, und auch an der Ausschilderung gibt es Kritik.
Der Vorstandssprecher des Wirtschaftsforums Ravensburg, Thomas Reischmann, sagte kürzlich bei einem Pressegespräch zur Situation während des „Lockdown light“: „Schließt die Gastronomie, wird die Verweildauer von Kunden in der Stadt kürzer. Das liegt auch an so profanen Dingen wie den dann fehlenden Toiletten.“
Der Vorsitzende des Stadtseniorenrats Ulrich Schlotter kennt das Thema seit Jahren. „Es ist schon immer ein Problem, dass es in der Innenstadt zu wenige öffentliche WCs gibt“, sagt er. Der Stadtseniorenrat habe das auch schon mal auf seiner Agenda gehabt, doch als die Stadtverwaltung vor etwa zehn Jahren in Gesprächen zum Thema auf das Vorgehen der Nachbarstadt Weingarten verwies, habe sich der Seniorenrat „zufriedengegeben“. Denn in Weingarten
wurden öffentliche Toiletten abgeschafft, stattdessen werden Gaststätten und andere Einrichtungen finanziell dafür entschädigt, dass sie Zugang zu ihren WCs ermöglichen.
Gerade ältere Menschen bräuchten aber häufiger eine Toilette: Wer etwa eine längere Fahrt hinter sich hat, suche nach der Ankunft erst mal danach, sagt Schlotter. Deshalb habe er sich dafür starkgemacht, dass die Toilette im Heilig-Geist-Spital öffentlich zugänglich gemacht wird, als am Untertor eine öffentliche Toilette geschlossen wurde. Dabei dachte er vor allem an ältere Touristen, weil dort am Rande der Altstadt die Haltebuchten für Reisebusse sind. Außerdem erzählt er eine Anekdote aus einer Bäckerei, wo eine Touristin nach einem WC gefragt habe und auch die Verkäuferin nicht weiterwusste. Schlotter erklärte der Dame schließlich, wie sie zur Toilette an der Bauhütte finde. Die Anlagen, die es gibt, könnten deutlicher ausgeschildert sein, findet er.
In der Innenstadt können zurzeit nur drei öffentliche Toilettenanlagen genutzt werden. Diese befinden sich in der Tiefgarage Marienplatz, am Bahnhof und in der Bauhütte am nördlichen Marienplatz. Die Toilette in der Bauhütte wird aber voraussichtlich im Frühjahr 2021 geschlossen, weil dann der Umbau des Gebäudekomplexes zur künftigen Musikschule beginnt, wie die Stadtverwaltung mitteilt.
Drei weitere öffentliche Toiletten sind außer Betrieb: Komplett geschlossen ist die im Kornhaus. „Hierfür wird als Ersatz das neue öffentliche WC in der Marienplatzgarage angeboten“, teilt die Stadt mit. Die Toilette im Heilig-Geist-Spital sei aus Gründen der Corona-Prävention vorübergehend nicht zugänglich. Das Klohäuschen auf der Kuppelnau wurde aus Spargründen im September geschlossen. „Es gibt aber den Vorschlag, das WC mit Beginn einer Bewirtschaftung der Parkplätze in der Nordstadt wieder zu öffnen – gegen Gebühr. Die Entscheidung ist noch offen“, so Pressesprecher Alfred Oswald.
Die Agendagruppe Nordstadt hatte sich bereits im Oktober geärgert, dass das Häuschen dichtgemacht wurde (die SZ berichtete). Agendasprecher Raimund Raisch sagte, er halte es für wenig besucherfreundlich und befürchte, dass wildes Pinkeln rund um die Parkplätze zunehme. Auch die Möglichkeit, wie auf einer Raststätte Geld für die Toilettennutzung
zu verlangen, hatte Raisch ins Gespräch gebracht.
Dass auch in Ravensburg häufig Cafés und Restaurants ohne „Nette Toilette“angesteuert werden, findet Gastronomin Annette Maier vom Gasthaus „Mohren“in der Oberstadt nicht schlimm. Sie hat sich kürzlich im sozialen Netzwerk Facebook zu Wort gemeldet, als ein Nutzer fragte, wo es in Ravensburg barrierefrei erreichbare Toiletten gebe: Sie bot die in ihrer Gaststätte an. Grundsätzlich sei sie kulant, wenn jemand frage, ob er das WC im Gasthaus nutzen dürfe. „Ich kenne die Situation selber“, sagt sie. Insbesondere wenn man mit kleinen Kindern unterwegs sei, müsse es manchmal schnell gehen. Sie findet es trotzdem richtig und wichtig, dass die Stadt weiterhin öffentliche Toiletten betreibt. Es gebe schließlich auch Menschen, die sich nicht in ein Restaurant trauten, zum Beispiel Obdachlose, sagt sie.
Behindertengerechte WCs gibt es in der Tiefgarage Marienplatz, neben dem Parkhaus Untertor, an der Bauhütte und in der Weststadt am Mittelöschplatz, wo auch normale öffentliche WCs zu finden sind.