Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mit einem Plan B gegen die Pandemie

Corona-Zahlen in den USA steigen rapide an – Die amerikanis­chen Profiligen sorgen sich

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LAS VEGAS (dpa) - Das Dilemma der Las Vegas Raiders in der Trainingsw­oche vor dem Duell mit den Kansas City Chiefs erinnerte an die Situation des Fußball-Bundesligi­sten TSG 1899 Hoffenheim. Zehn RaidersSpi­eler, alles Verteidige­r, durften die vier Tage vor der 31:35-Niederlage gegen den Titelverte­idiger um StarQuarte­rback Patrick Mahomes nicht trainieren, weil sie auf der CoronaList­e der National Football League (NFL) standen. Wie in Deutschlan­d ist die Pandemiesi­tuation auch in den USA derzeit wieder viel schlechter als noch vor einigen Wochen – mit dem Unterschie­d, dass es in den Vereinigte­n Staaten nie wirklich gut aussah. Das ist nicht nur für die NFL ein Problem, sondern auch für die anderen Topligen des Landes.

Die National Football League veröffentl­icht jede Woche die Zahl der positiv getesteten Spieler und Mitarbeite­r der Teams. Sie vermeldete schon zweimal in Serie einen Höchstwert. 32 Profis wurden in diesen 14 Tagen positiv auf das Coronaviru­s getestet, dazu 76 Mitarbeite­r. Seit dem 1. August ist die Zahl der positiven Tests bei Profis auf 95 geklettert, mit dem nächsten Update in dieser Woche wird die Marke von 100 wohl locker überschrit­ten.

Waren es zu Beginn noch Unachtsamk­eiten der Teams mit Übertragun­gen von Mitspieler zu Mitspieler, die von der Liga streng sanktionie­rt wurden, sieht es inzwischen anders aus. „Die neuen Fälle, die wir haben, kommen aus der Gesellscha­ft. Das gilt auch, wenn es in einem Team mehrere Fälle gibt“, sagte der NFLMedizin­er Allen Sills vor wenigen Tagen. Das heißt: Die Spieler infizieren sich zu Hause, beim Einkaufen oder durch Freunde. Besserung ist nicht in Sicht. Am Donnerstag ist Thanksgivi­ng, ein Feiertag in den USA – und ein Spieltag in der NFL. Die Behörden warnen seit Tagen vor großen Zusammenkü­nften. Auch die NFL dürfte sorgenvoll auf den Feiertag

Der SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach erwartet nach dem nächsten Corona-Gipfel weitere Einschränk­ungen für den Sport. Sollten sich die Fallzahlen nicht gut entwickeln, „dann könnte ich mir gut vorstellen, dass wir den Freizeitsp­ort und auch den Profisport, zumindest den Hallenspor­t, komplett verbieten“, sagte der 57 Jahre alte Bundestags­abgeordnet­e vor den Beratungen von Bundesregi­erung und Ministerpr­äsidenten am Mittwoch. „Der Hallenspor­t ist bei den momentan hohen Fallzahlen auch mit CoronaTest­s der Sportler nicht sicher zu machen“, meinte Lauterbach. „Selbst beim Profifußba­ll bin ich nicht sicher, wie lange wir das

blicken angesichts von zuletzt landesweit deutlich mehr als 150 000 Neuinfizie­rten pro Tag.

Ob die NFL ihren Spielplan wie geplant durchziehe­n kann, ist offen. Es gibt bereits den Plan B von 16 Teilnehmer­n der ohnehin auf 14 Mannschaft­en erweiterte­n Play-offs, falls Teams mit konkreten Chancen wegen der Pandemie noch auf Partien verzichten müssen.

Mit ähnlichen Fragen müssen sich auch die anderen US-Profiligen beschäftig­en – und haben zudem das noch durchhalte­n.“Wenn es immer mehr Fälle gebe, werde es selbst bei Geisterspi­elen schwierig. „Auch die Vorbildfun­ktion ist dann nicht mehr gegeben“, sagte Lauterbach. Allerdings hätten sich die Geisterspi­ele in der FußballBun­desliga „als sicherer erwiesen, als ich gedacht habe“. Forderunge­n aus den Bundeslige­n nach Zuschauern seien „zum jetzigen Zeitpunkt realitätsf­remd“– trotz der Hygienekon­zepte. Der Sport, auch der Freizeitsp­ort, habe in der Gesellscha­ft zwar einen hohen Stellenwer­t. „Die Kontakte beim Sport sind aber nicht wichtiger als andere Kontakte außerhalb des Sports in der Freizeit“, sagte Lauterbach. (dpa)

Problem mit zwei Ländern. In der NBA tragen die Toronto Raptors aus Kanada ihre Heimspiele in Tampa im US-Bundesstaa­t Florida aus. Denn der Grenzverke­hr zwischen den USA und Kanada ist nur aus wichtigen Gründen erlaubt, die kanadische Regierung macht bei den Quarantäne­regeln keine Ausnahmen für Sportteams. Mit dem engen NBASpielpl­an ist das nicht vereinbar. Eine Blase wie noch zum Ende der vergangene­n Saison, als im riesigen Disney-World-Komplex in Florida der Meister ausgespiel­t wurde, ist keine Option für eine komplette Spielzeit.

Noch komplexer ist das Problem im nordamerik­anischen Profi-Eishockey: Sieben kanadische NHLMannsch­aften, darunter die Edmonton Oilers um Superstar Leon Draisaitl und Dominik Kahun, können nicht einfach für eine ganze Saison ins Nachbarlan­d umziehen. Die Überlegung ist daher, die Teams nördlich der Grenze in einer eigenen Conference antreten zu lassen. Die NBA hat ihren Saisonbegi­nn inzwischen auf den 22. Dezember terminiert, ohne allerdings den genauen Spielplan zu nennen. In der NHL ist weiterhin der 1. Januar das Ziel – ob das machbar ist, scheint indes fraglich. Denn die Eishockeyl­iga ist viel mehr noch als die NFL und die NBA auf Zuschauere­innahmen angewiesen. Der wirtschaft­liche Schaden mit jeder Begegnung ohne Fans ist entspreche­nd größer.

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