Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Würfel sind gefallen

- Von Frank Herrmann politik@schwaebisc­he.de

Es ist eine Kapitulati­on à la Donald Trump. Er hat das Handtuch geworfen, ohne zuzugeben, dass er verloren hat. Dem Sieger Joe Biden zu gratuliere­n, die eigene Niederlage einzugeste­hen, das lässt sein Ego offensicht­lich nicht zu. Eigentlich müsste der Unterlegen­e wenigstens jetzt, drei Wochen nach dem Votum, eine Rede halten. Eigentlich gehört eine solche Rede, kurz und demütig, zum Pflichtpro­gramm des scheidende­n US-Präsidente­n. Ob Trump sich noch dazu durchringe­n kann, bevor er am 20. Januar aus dem Weißen Haus auszieht, spielt aber keine Rolle mehr.

Was zählt, ist das grüne Licht, das der 45. Präsident der Vereinigte­n Staaten gab, um mit der geordneten Übergabe der Amtsgeschä­fte zu beginnen. Die Tweets, in denen er weiterzukä­mpfen verspricht, kann man getrost ignorieren. Im Grunde sind es Appelle an seine Anhänger, ihm die Treue zu halten, auch dann noch, wenn er das Oval Office verlassen hat. Die Würfel sind gefallen.

Seine juristisch­en Optionen hat der Amtsinhabe­r so gut wie ausgeschöp­ft, nachdem seine Anwälte vor keinem Gericht Beweise für Wahlbetrug großen Stils vorlegen konnten. Und der Druck aus den eigenen Reihen, kombiniert mit dem Druck der Geschäftsw­elt, war so groß geworden, dass Donald Trump kaum etwas anderes übrig blieb, als sich ihm zu beugen.

Letztlich dürfte der noch amtierende US-Präsident, bei aller Protestrhe­torik, eine rationale Entscheidu­ng getroffen haben. Eine Entscheidu­ng im eigenen Interesse, jedenfalls langfristi­g gesehen. Nur mal angenommen, er spielt ernsthaft mit dem Gedanken, 2024 erneut für die Präsidents­chaft zu kandidiere­n: Hätte er festgehalt­en an seiner Blockade, hätte seine Marke Schaden, womöglich irreparabl­en Schaden, genommen. Er hätte nur noch ausgesehen wie ein schlechter Verlierer. Wahrschein­lich stimmt, was ihm sein Parteifreu­nd Lamar Alexander, ein Senator aus Tennessee, kurz vor der Entscheidu­ng zurief: Wenn sich jemand für ein öffentlich­es Amt bewirbt, erinnern sich die Wähler zuerst daran, was er als Letztes getan hat.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany