Mehr Gemüse und weniger Schweinefleisch
Die Ernährungsgewohnheiten ändern sich – Dennoch nehmen die Deutschen weiter zu
Wolfgang Mulke
BERLIN - Tomaten, Möhren und Hülsenfrüchte liegen bei den Deutschen im Trend. Das geht aus dem jüngsten Bericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) hervor. 104 Kilogramm Gemüse isst der durchschnittliche Verbraucher im Jahr. Immer beliebter werden auch Mineralwasser, Kaffee, Kräuter- und Früchtetees. Die großen Verlierer sind Schweinefleisch und Alkohol, vor allem Bier. Damit habe sich die Ernährungssituation in einigen Punkten verbessert, stellt die DGE fest.
Aber es gibt auch gegensätzliche Trends. Die Kritik am Fleischkonsum kommt bei den Verbrauchern offenkundig nicht an. Die Verbraucher greifen verstärkt zu Kalb- und Rindfleisch sowie Geflügel. Der ProKopf-Verbrauch von Fleisch liegt mit 60 Kilogramm im Jahr unverändert hoch und deutlich über den Empfehlungen der DGE. Die zehn Ernährungstipps der Gesellschaft sehen einen wöchentlichen Fleischkonsum von 300 bis 600 Gramm vor. Das wären maximal gut 31 Kilogramm Fleisch im Jahr.
Manche gesunde Lebensmittel sind auch auf dem Rückzug, etwa frische Kartoffeln, Getreideerzeugnisse und Obst. „Damit wir das Ziel einer pflanzenbetonten Ernährungsweise erreichen können, muss der Verbrauch von Gemüse noch deutlich steigen und der Verbrauch an tierischen Lebensmitteln stark sinken, sagt der Wissenschaftler Kurt Gedrich, der den Bericht verfasst hat.
Über die Aussagekraft der Durchschnittswerte lässt sich streiten. Auch bei der Ernährung gibt es eine Spaltung der Gesellschaft. So nimmt auch die Gruppe der Vegetarier zu. Hier kam die DGE bei einer Untersuchung zu einem positiven Ergebnis. Bei Kindern und Jugendlichen zeigen sich demnach bei der Nährstoffversorgung nur geringe Unterschiede zwischen konventioneller Nahrung und vegetarischer oder veganer Kost. Die Versorgung mit den wichtigsten Nährstoffen sei ausreichend, stellt Ute Alexy von der Uni Bonn fest. Auch sei die Zufuhr an Ballaststoffen sehr hoch. Nur beim Vitamin B2, Jod und Calcium sieht die DGE Handlungsbedarf.
Die Forscher stellten auch fest, dass die Studienteilnehmer kaum übergewichtig waren und vor allem Veganer seltener zu Süßwaren, Knabberzeug und Fertiggerichten griffen. Dies Verhalten begründen sie vor allem mit dem hohen Sozialstatus der Teilnehmer.
Mit Sorge beobachten die Ernährungsexperten einen anderen Trend. Immer mehr Schwangere sind übergewichtig. 2017 waren 40 Prozent der werdenden Mütter bei der Erstuntersuchung zu schwer. „Das hat Folgen für Mutter und Kind“, warnt DGEPräsident Helmut Heseker. Starkes Übergewicht in der Schwangerschaft erhöhe das Risiko für Bluthochdruck und andere Krankheiten. Auch das Krankheitsrisiko des Kindes erhöhe sich.
Desinfektionsmittel in Schlagsahne, Krankheitserreger in Schweinehack und gefälschter Oregano: Lebensmittelkontrolleure haben im vergangenen Jahr zahlreiche Verstöße in Herstellerbetrieben aufgedeckt, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) am Dienstag in Berlin mitteilte. So werden in Eisdielen, Bäckereien oder anderen Gastronomieeinrichtungen oft Fehler bei der Reinigung und Desinfektion von Maschinen zum Aufschlagen von Schlagsahne gemacht.
Demnach unterließen 41 Prozent der mehr als 1800 kontrollierten
So sehr eine gute Ernährung die Gesundheit auch fördert, ist sie doch kein Wundermittel gegen Corona. So hat die DGE bei einer guten Versorgung mit Vitamin D positive Wirkungen gegen Atemwegserkrankungen festgestellt. „Schlussfolgerungen für die Prävention von Covid-19 lassen sich aus den Daten derzeit allerdings nicht ableiten“, stellen die Experten fest.
Mit derlei Hoffnungen machen unseriöse Internethändler derzeit
Betriebe das Nachspülen mit heißem Trinkwasser, was zu einer Verunreinigung der Sahne mit dem Desinfektionsmittel führen kann. Auch in Pangasius-Fisch fanden die Untersuchungsämter im vergangenen Jahr häufig Rückstände von Desinfektionsmitteln. Bei jeder zehnten Fischprobe bestand sogar eine akute Gesundheitsgefahr. Bei der Untersuchung von 420 Proben Schweinehackfleisch fanden die Kontrolleure Keime, die akute Darmentzündungen hervorrufen können. Insgesamt 7,4 Prozent der Proben enthielten sogenannte Shiga-Toxin bildende E-coli-Bakterien. Zehn Jahre zuvor waren nur
Kasse. Das beobachtet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in diesem Jahr. Dort werde verstärkt für Zusatzstoffe geworben, die angeblich einen Schutz vor dem Virus bieten. „Die Wahrheit ist“, warnt BVLPräsident Friedel Cramer, „unter den Nahrungsmittel gibt es keine Wundermittel.“Gesundheitsbezogene Aussagen seien hier auch verboten, sofern die versprochene Wirkung nicht wissenschaftlich erwiesen ist. 0,8 Prozent der Proben damit belastet. Erkrankungen aufgrund des Verzehrs von rohem Hack können zum Teil einen schweren Verlauf nehmen.
Unter die Lupe nahmen die Lebensmittelprüfer erneut Oregano, da das Gewürz in den vergangenen Jahren zum Teil in erheblichem Umfang mit klein gehackten Olivenblättern vermischt wurde. Auch 2019 wurden 61 Gewürzproben untersucht und in 13 Prozent der Fälle Reste von Olivenblättern gefunden. Insgesamt wurden in jedem fünften Gewürz pflanzliche Fremdbestandteile nachgewiesen, darunter auch Holzteile. (AFP)