Eineinhalb Jahre Haft für drei Straftaten
Sexuelle Nötigung, Diebstahl und Beleidigung bringen 22-Jährigen hinter Gitter
WANGEN - Im Dorfgemeinschaftshaus Deuchelried wurde ein Mann aus Gambia vom Richter und den Schöffen zu einem Jahr und sechs Monaten Haft verurteilt. Der Angeklagte soll unter anderem einer Frau in den Schritt gefasst haben.
Eine junge Frau läuft auf einer öffentlichen Straße bei Leutkirch. Von hinten nähert sich ein Fahrradfahrer und legt den Arm um sie. Er fragt sie nach einer Zigarette und fährt in weiteren Bögen um sie herum. Die Frau fühlt sich bedroht und will mit ihrem Handy die Polizei rufen. „Keine Polizei“, ruft der Mann und hält die Gepeinigte fest. Er entreißt ihr das Handy und greift ihr, bevor er damit flüchtet, noch in den Intimbereich. So beschrieb der Staatsanwalt zunächst den Vorwurf der sexuellen Nötigung.
Zwei Tage später sei der Angeklagte zur Ausländerbehörde und wollte dort Geld holen. Als die Angestellte ihm erklärte, dass es hier kein Geld gäbe, sei er aggressiv geworden. Er habe den Schlüssel der Frau vom Fenstersims genommen und sei aus dem Zimmer gelaufen. Sie habe dann die Polizei gerufen. Diese konnte den Flüchtenden rechtzeitig ergreifen. Während der Festnahme beschimpfte der Angeklagte die Beamten noch mit wüsten Formulierungen. Bei dieser Gelegenheit fanden die Polizisten auch das gestohlene Handy der sexuell genötigten jungen Frau. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten daher zudem Diebstahl und Beleidigung von Ordnungshütern vor.
„Herr Vorsitzender, es stimmt, was in der Anklageschrift steht, ich möchte nichts weiter dazu sagen.“Diese Worte übersetzt die Dolmetscherin für den Geflüchteten aus Gambia, der in Fuß- und Handschellen auf der Anklagebank sitzt und vom Richter das erste Wort erhält.
Die Geschädigte sitzt auch im Zeugenstand. Sie weiß, dass ihr Peiniger ein geschwollenes Auge hatte, aber ob es dieser Mann ist, der auf der Anklagebank sitzt, kann sie nicht mehr sicher sagen. Sie beschrieb den
Vorfall aus ihrer Sicht. Die Aussagen deckten sich weitgehend mit denen des Staatsanwalts. Sie habe um Hilfe gerufen, als er sie gepackt hat, aber es sei niemand in der Nähe gewesen. „Wie geht es Ihnen heute“, wollte der Richter wissen. „Ich habe mich längere Zeit nicht mehr alleine herausgetraut, aber jetzt geht es wieder“, war die Antwort.
Ein Beamter, der bei der Festnahme vor dem Ausländeramt zugegen war, beschrieb den Angeklagten als sehr aggressiv. Er sei der Polizei bekannt und habe schon im Arrest mehrere Zellen verwüstet. Die Angestellte der Ausländerbehörde erzählte im Zeugenstand, dass der Angeklagte schon bei seiner Ankunft in ihrem Büro ihre Briefe, die gestapelt auf dem Schreibtisch lagen „herumgewirbelt“habe. „Money“habe er gerufen. Dabei habe er apathisch gewirkt, sei aggressiv gewesen und habe dabei gelacht.
Der heute 22-jährige Mann wurde in Gambia geboren. Der Richter hat Informationen, dass beide Eltern gestorben sind. „Mein Mutter lebt“, widerspricht der Angeklagte. „Haben Sie Kontakt zu ihrer Mutter“, fragte der Richter. „Geben Sie mir Respekt und fragen mich nicht solche Sachen. Meine Mutter hat mich auf die Welt gebracht, das war es“, antwortete der Mann.
Ebenso weiß er nicht, ob sein Kind ein Junge oder ein Mädchen ist und auch nicht wie alt es ist. Geflüchtet sei er, weil er in Gambia ein Haus angezündet habe und ihm danach nur die Flucht blieb. „Die hätten mich festgenommen, wenn sie mich erwischt hätten.“Durch sieben oder acht Länder sei er auf seiner Flucht gekommen. Wann er nach Deutschland kam, wusste er auch nicht mehr.
Der anwesende Sachverständige gibt ausführlich sein psychologisches Gutachten dem Gericht wieder. Während des Vortrags ruft der Angeklagte: „Ich will das nicht hören.“Der Psychologe kommt zum Schluss, dass sein Patient tatzeitbezogen psychisch nicht beeinflusst gewesen sei, jedoch habe man im Vorfeld eine Schizophrenie diagnostiziert. Diese Krankheit trete in Intervallen auf und sei nicht allgegenwärtig.
Die Staatsanwaltschaft plädierte auf zwei Jahre und drei Monate Haftzeit. Der Angeklagte habe sich vielfach strafrechtlich daneben benommen und werde auch weiterhin Straftaten begehen. „Damit bin ich einverstanden“, sagte der Angeklagte, als er den Vorschlag übersetzt bekam. Doch sein Anwalt sah eine Strafmilderung vor und fand die Aussagen der ersten Zeugin „fadenscheinig“. Für seinen Mandanten empfand er eine Haftstrafe von nicht über einem Jahr als angemessen.
Schließlich hatten nach knapp fünf Stunden Verhandlung die Schöffen und der Richter das letzte Wort nach der Urteilsfindung. „Die Fortdauer der Untersuchungshaft wird angeordnet. Es besteht kein Zweifel an der Schuld Ihrer Taten.“Ein Jahr und sechs Monate hielt das Gericht für angemessen. Eine Revision wurde vom Angeklagten abgelehnt.