Dorfladen ist ein Herzblut-Anliegen
Mit welchem Konzept das Karseer Lädele zum Treffpunkt werden könnte
KARSEE – Seit Samstag ist er wieder geöffnet: der Dorfladen Karsee. Es ist ein Liebhaberprojekt. Denn eigentlich verdient die Familie Schmid ihr Geld mit und auf dem Bau. Aber sterben lassen wollten Sylvia und Erwin Schmid mit ihren Kindern das kleine Geschäft an der Seestraße nicht. Schon rein aus familiär-historischen Gründen.
„Mein Opa war hier bis 1968 Bäcker“, erzählt Sylvia Schmid, Karseeerin durch und durch. Bis 1986 führte ihre Oma, Josefine Reith, geborene Hämmerle, das Lädele weiter. Dann war bis 2004 in Karsee Schluss: Die kleinste Wangener Ortschaft hatte keine Einkaufsmöglichkeit mehr. Vor 16 Jahren zog mit David Kämmerle wieder ein Bäcker ein, bei dem es auch mehr als Weckle und Hörnle zu kaufen gab. „Im Mai hat er gekündigt. Weil er keine Angestellten mehr herbekam und zudem zwei, drei Mal am Tag von Leupolz herkommen und auch die Finanzen regeln musste und so weiter. Das wurde ihm einfach zu viel“, erzählt Sylvia Schmid.
Für die Vermieterfamilie Schmid stellte sich die Frage: Was tun? Auch darüber, dass aus dem Laden eine Wohnung werden könnte, habe man nachgedacht: „Darüber hinaus haben wir in Primisweiler, Schomburg und Argenbühl nachgefragt.“Das Interesse war allerdings verhalten. Vor allem auch deshalb, weil das knapp 700 Einwohner große Dorf für kaum rentabel erachtet wurde. Die entscheidende Wende brachte ausgerechnet Verkäuferin Hildegard Wieland, die schon seit 2017 bei Kämmerle arbeitete. Sylvia Schmid: „Sie hat signalisiert, dass sie gerne weitermachen würde, sich aber nicht um das Finanzielle kümmern möchte. Daraufhin haben wir ihr gesagt: Wenn du bleibst, melden wird an.“Das „wir“sind nun Sylvia Schmid und ihre Tochter Isabella, die sich künftig der Bürokratie und Buchhaltung annehmen werden.
Dass mit dem Dorfladen kein Vermögen zu verdienen ist, das wissen auch die neuen Betreiber. Dennoch ist es ihnen ein Anliegen, den Laden aufrechtzuerhalten. „Wir haben schon keine Schule mehr, nur noch eine Wirtschaft und viele Alleinstehende, die den Dorfladen schon früher immer als Treffpunkt und zum miteinander Reden nutzten“, sagt Sylvia Schmid. Nachdem die gesamte Familie beschlossen hat, mitzuhelfen, stand der Entschluss fest, den Dorfladen selbst weiter zu betreiben.
Noch vor der Eröffnung am Samstag kamen Leute vorbei und taten ihre Freude kund, dass es weitergeht, erzählt Erwin Schmid. Umfangreich wurde renoviert und erweitert. Auch wenn coronabedingt die Sitz- und
Café-Ecke vorerst noch geschlossen bleiben muss, freuen sich (vermutlich nicht nur) die Schmids auf die Zeit danach. Die Öffnungszeiten wurden an sechs Tagen die Woche von 6.45 bis 13 Uhr ausgedehnt, um auch Vorbeifahrenden eine Möglichkeit des Vespers oder der Kaffeepause zu ermöglichen.
Insgesamt richtet sich der Dorfladen Karsee sehr auf regionale und ökologisch produzierte Waren aus. „Wir haben auch im Vorfeld bereits abgefragt, was die Leute gerne einkaufen können möchten und auch Rückmeldungen erhalten“, erzählt Sylvia Schmid. Auch künftig sollen die Kunden mitbestimmen können, was in den Regalen ausliegt. Auch eine Geschenkartikel-Ecke gibt es, wo beispielsweise die Missionsstrickgruppe Immenried ihre Waren anbietet.
Dass die Zeit des Umbaus nun vorüber ist, darüber ist Sylvia Schmid nicht böse: „Normalerweise verkaufe ich Beton und Steine. Bei und mit Lebensmitteln war das jetzt schon ein Kraftakt.“Erfreut war die Familie allerdings über die „Unterstützung von überall her“, sprich mit Firmen aus der Nachbarschaft, aber auch anderen, mit denen man kooperiert.
Wäre nicht Corona, würde man jetzt nach Ladenschluss vor der Türe auch noch Glühwein und Gebäck anbieten. Was aber noch nicht ist, kann ja noch (nächstes Jahr) werden, um den alten, neuen Treff in der Ortsmitte noch attraktiver zu machen.