Ist die Seilbahn doch nicht vom Tisch?
Nach dem Stopp des Gutachtens beantragt die CSU, den Beschluss zu überprüfen
KEMPTEN - Die CSU hält weiter an der Seilbahn für Kempten fest: Zwar hatte der Verkehrsausschuss das Gutachten nach einem schlechten Zwischenergebnis im laufenden Prozess gestoppt. Die Fraktion beantragte allerdings eine Nachprüfung. Das bedeutet: Im Frühjahr wird der Verkehrsausschuss erneut über das Thema diskutieren. Auch für Kemptens Mobilitätsbeauftragten Dr. Stefan Thiemann (Grüne) ist das Vorhaben noch nicht vom Tisch. Das bayerische Verkehrsministerium indes fordert womöglich den Zuschuss zurück, den es bislang für das Gutachten gezahlt hat.
Dieses gestoppt hatten Mitglieder der Allianz aus Freien Wählern, Grünen, SPD und FDP im Verkehrsausschuss mit Unterstützung von Future for Kempten. Auch Thiemann stimmte für den Antrag seines Parteikollegen und Fraktionsvorsitzenden Thomas Hartmann, das Seilbahn-Vorhaben nicht weiterzuverfolgen. Thiemann begründet seine Entscheidung mit der negativen Kosten-Nutzen-Prognose, die der Zwischenbericht ergab. Außerdem habe das Gutachten aus seiner Sicht eine zentrale Schwäche gehabt: Man habe versucht, das Seilbahn- in das bestehende Bus-System einzubinden. Aus seiner Sicht müsste man sich allerdings erst die Seilbahn-Trasse überlegen und dann den Busverkehr entsprechend anpassen. Zudem habe man bislang nicht über das konkrete Seilbahn-System diskutiert. Mittlerweile gebe es zum Beispiel Gondeln, die etwa vier Meter oberhalb der Autostraßen unterwegs sind. All diese Aspekte in das bisherige Gutachten einzuarbeiten, hätte aus Thiemanns Sicht eine „zu große Nachjustierung“bedeutet.
Der Mobilitätsbeauftragte formuliert stattdessen gerade einen anderen Antrag: Er will untersuchen, welche Technologie künftig im Stadtgebiet eingesetzt werden kann, um den Autoverkehr zu verringern. Das könnten Wasserstoff-Busse, Gas-Trams oder andere Verkehrsmittel sein – aber auch eine Seilbahn, sagt Thiemann. „Man muss untersuchen, was für Kempten am sinnvollsten ist.“
Wichtig sei eine zukunftsweisende, klimaschonende Technologie. „Diese muss auch von der Bevölkerung angenommen werden, sonst bringt das nichts“, betont der Mobilitätsbeauftragte. Und: „Das alles muss wirtschaftlich darstellbar sein.“
Die Stadträte von CSU und Junger Union allerdings haben das bisherige Gutachten noch nicht abgeschrieben: Sie beantragten erfolgreich eine Nachprüfung. Eine solche ist möglich, wenn ein Viertel der Stadträte diese fristgerecht einfordert, erklärt Oberbürgermeister Thomas Kiechle. Nun werde der Verkehrsausschuss im Februar noch einmal abstimmen: Soll das Seilbahn-Gutachten
weiterverfolgt werden oder nicht? Falls das Ergebnis dann anders – also für die weitere Untersuchung ausfällt – kommt das Thema in den Stadtrat.
Bislang waren für die Kosten-Nutzen-Analyse 60 000 Euro fällig. Das restliche Gutachten würde weitere 40 000 Euro kosten. Das bayerische Verkehrsministerium wollte sich an der Hälfte der Kosten beteiligen. „Wir bedauern die Entscheidung des Verkehrsausschusses der Stadt Kempten gegen eine Fortführung der Studie mit vertiefenden Untersuchungen“, teilt ein Sprecher der Behörde nun auf Anfrage
Zwischenbericht Die bisherige Kosten-Nutzen-Analyse erteilte dem Vorhaben schlechte Noten. Nicht einberechnet waren im Zwischenbericht aktuelle Tourismuszahlen sowie die Pendler aus dem Umland. Bislang sei die Seilbahn bei der Untersuchung ins Status quo eingebettet worden, sagt Oberbürgermeister Thomas Kiechle. Im weiteren Schritt des Gutachtens sollte der „Blick voraus“gerichtet werden: Was passiert, wenn das gesamte ÖPNV-Angebotskonzept angepasst wird? Wie wirken sich zwei Umsteigestellen anstelle von
mit. Und: Das Verkehrsministerium sehe sich rechtlich verpflichtet zu prüfen, ob es den bereits gezahlten Zuschuss komplett oder zumindest zum Teil zurückverlangt. Sollte es dazu kommen, könnte die Nachzahlung für die Stadt teurer werden, als die Fortführung des Gutachtens sie gekostet hätte.
CSU-Fraktionsvorsitzender Helmut Berchtold hofft auf eine weitere Untersuchung, um dadurch Erkenntnisse für den Verkehr in der Innenstadt zu erhalten. „Ich möchte zur Sachlichkeit zurückkommen“, betont er. Es gehe darum, gemeinsam das Beste für die Stadt zu erarbeiten. einer auf den gesamten Verkehr in Kempten aus?
Seilbahn-Hersteller CSU-Fraktionsvorsitzender Helmut Berchtold widerspricht der Aussage von Alexander Hold, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, aus Sicht von Seilbahn-Herstellern ergebe das Verkehrsmittel keinen Sinn für Kempten. In Stellungnahmen, die der Allgäuer Zeitung vorliegen, äußern sich Vertreter der drei führenden Seilbahn-Hersteller neutral bis positiv auf die Frage, ob das Verkehrsmittel für Kempten infrage kommt. (jaj)