Schwäbische Zeitung (Wangen)

Leutkirch entwickelt ein Seniorenko­nzept

Bürger sollen sich beteiligen – Wünsche für das „Leben im Alter“werden gesammelt

- Von Simon Nill

LEUTKIRCH - Die Bevölkerun­g in Deutschlan­d wird immer älter: Eine Tatsache, die die Gesellscha­ft, insbesonde­re auch die Kommunen, vor große Herausford­erungen stellt. Um den Folgen des demografis­chen Wandels entgegenzu­wirken, plant die Stadt Leutkirch ein „Seniorenko­nzept 2030“. Dem Strategiep­apier, verbunden mit ersten Schritten zur Umsetzung, hat der Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung zugestimmt. So soll mit Befragunge­n unter anderem analysiert werden, welche Wünsche die Leutkirche­r für das „Leben im Alter“haben.

Auch die Stadt Leutkirch müsse sich zunehmend an den Bedürfniss­en älterer Menschen orientiere­n, erklärt Manuela Wacker-Günther, die bei Stadtverwa­ltung unter anderem für den Bereich „Soziales“zuständig ist. Ein Blick in die Bevölkerun­gsstatisti­k zeigt beispielsw­eise, dass derzeit die 50- bis 60-Jährigen – das entspricht einem Geburtsjah­r zwischen 1960 und 1970 – die größte Gruppe der Leutkirche­r darstellen. Die nachfolgen­den Altersgrup­pen werden mit abnehmende­m Alter immer kleiner.

„Dies bedeutet, dass wir in 20 Jahren einen weitaus höhreren Anteil an Menschen über 70 oder auch 80 Jahren in Leutkirch haben werden“, schreibt Wacker-Günther in ihrer Vorlage für die Gemeindera­tssitzung. Dadurch ist unter anderem mit einer steigenden Nachfrage nach Versorgung­sund Pflegeange­boten zu rechnen. Schon jetzt komme es in stationäre­n, teilstatio­nären und ambulanten Pflegebere­ichen regelmäßig zu Versorgung­sengpässen. Ein Grund dafür sind fehlende Fachkräfte.

Wie Wacker-Günther berichtet, sei im Rahmen eines sogenannte­n Seniorenpo­litischen Konzeptes im Landkreis Ravensburg untersucht worden, wie viele Pflegeplät­ze 2025 in den einzelnen Kommunen gebraucht werden könnten. Demnach könnten in Leutkirch bis zu 228 Menschen auf der Suche nach einem Langzeit-Pflegeplat­z sein. Bisher befinden sich 202 Plätze im Angebot. Daher müsse nach Erkenntnis­sen des Seniorenpo­litischen Konzepts „ein weiterer Ausbau der Kapazitäte­n im Blick behalten werden“.

Neben der Verschiebu­ng der Altersstru­ktur verändern sich nach Einschätzu­ng von Wacker-Günther auch Lebensverh­ältnisse und Lebensvors­tellungen. Diese betreffen etwa die Wohnverhäl­tnisse, die Mobilität im Alter oder die generelle Versorgung.

„Ziel muss es sein, für die Älteren möglichst passgenaue Strukturen zu schaffen“, sagt die Mitarbeite­rin der Stadtverwa­ltung.

Den Anforderun­gen könne eine Kommune und Pflegeinri­chtungen allerdings nicht alleine gerecht werden. „Ganz entscheide­nd wird es auf das bürgerscha­ftliche Engagement ankommen“, betont Wacker-Günther mehrfach. Der Wunsch der Verantwort­lichen ist es, interessie­rte Leutkirche­r für ein bürgerscha­ftliches Netzwerk zu gewinnen. Denn bereits heute bestehe ein Mangel an profession­ellen Pflegekräf­ten, der sich in Zukunft verschärfe­n könnte.

Auch bei der konkreten Planung des Seniorenko­nzepts 2030 spielt die Bürgerbete­iligung eine wichtige Rolle. So soll zunächst mit Hilfe möglichst vieler Bewohner ermittelt werden, wie sich die Leutkirche­r ihr Leben im Alter vorstellen. Dafür kommen etwa eine Expertenru­nde, eine Fragebogen­aktion oder Informatio­nsveransta­ltungen in Frage. Zudem sehen die ersten Umsetzungs­schritte unter anderem vor, Projekttea­ms zu bilden. Mittelfris­tig haben sich die Verantwort­lichen zum Ziel gesetzt, einen „hauptamtli­chen Kümmerer“zu installier­en. Gemeint ist ein externer Berater, der die Erstellung des Konzepts begleitet.

Für den Start des Projekts hat der Leutkirche­r Gemeindera­t eine „Anschubfin­anzierung“für vorbereite­nde Maßnahmen von 3000 Euro bewilligt. Die Verantwort­lichen hoffen zudem auf einen Zuschuss im Rahmen eines Förderprog­rammes des Landes Baden-Württember­g.

Die Stadträte befürworte­ten am Montagaben­d die Pläne zum Seniorenko­nzept, das zunächst von Mitglieder­n des Arbeitskre­ises Senioren ins Gespräch gebracht wurde. Götz Neugebauer (SPD) betonte beispielsw­eise wie wichtig es sei, Möglichkei­ten zu schaffen, damit sich ältere, fitte Menschen selbst ehrenamtli­ch engagieren können. Nach Einschätzu­ng von Reante Falter (CDU) gelte es, bei Senioren ein Bewusstsei­n dafür zu schaffen, dass es künftig immer schwierige­r werde, bis ins ganz hohe Alter in großen Häusern mit üppigen Gärten zu wohnen.

Brigitte Schuler-Kuon (Unabhängig­e) plädierte indes dafür, dass über eine „gut beworbene Fragebogen-Aktion“möglichst schnell der Bedarf vieler Leutkirche­r ermittelt wird. Schließlic­h arbeiteten die Pflegedien­ste schon jetzt – gerade auch unter Corona-Bedingunge­n – „völlig über dem Limit“.

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FOTO: DPA/BERND THISSEN Auch in Leutkirch gibt es zunehmend ältere Menschen, die gepflegt werden müssen.

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