Leutkirch entwickelt ein Seniorenkonzept
Bürger sollen sich beteiligen – Wünsche für das „Leben im Alter“werden gesammelt
LEUTKIRCH - Die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter: Eine Tatsache, die die Gesellschaft, insbesondere auch die Kommunen, vor große Herausforderungen stellt. Um den Folgen des demografischen Wandels entgegenzuwirken, plant die Stadt Leutkirch ein „Seniorenkonzept 2030“. Dem Strategiepapier, verbunden mit ersten Schritten zur Umsetzung, hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung zugestimmt. So soll mit Befragungen unter anderem analysiert werden, welche Wünsche die Leutkircher für das „Leben im Alter“haben.
Auch die Stadt Leutkirch müsse sich zunehmend an den Bedürfnissen älterer Menschen orientieren, erklärt Manuela Wacker-Günther, die bei Stadtverwaltung unter anderem für den Bereich „Soziales“zuständig ist. Ein Blick in die Bevölkerungsstatistik zeigt beispielsweise, dass derzeit die 50- bis 60-Jährigen – das entspricht einem Geburtsjahr zwischen 1960 und 1970 – die größte Gruppe der Leutkircher darstellen. Die nachfolgenden Altersgruppen werden mit abnehmendem Alter immer kleiner.
„Dies bedeutet, dass wir in 20 Jahren einen weitaus höhreren Anteil an Menschen über 70 oder auch 80 Jahren in Leutkirch haben werden“, schreibt Wacker-Günther in ihrer Vorlage für die Gemeinderatssitzung. Dadurch ist unter anderem mit einer steigenden Nachfrage nach Versorgungsund Pflegeangeboten zu rechnen. Schon jetzt komme es in stationären, teilstationären und ambulanten Pflegebereichen regelmäßig zu Versorgungsengpässen. Ein Grund dafür sind fehlende Fachkräfte.
Wie Wacker-Günther berichtet, sei im Rahmen eines sogenannten Seniorenpolitischen Konzeptes im Landkreis Ravensburg untersucht worden, wie viele Pflegeplätze 2025 in den einzelnen Kommunen gebraucht werden könnten. Demnach könnten in Leutkirch bis zu 228 Menschen auf der Suche nach einem Langzeit-Pflegeplatz sein. Bisher befinden sich 202 Plätze im Angebot. Daher müsse nach Erkenntnissen des Seniorenpolitischen Konzepts „ein weiterer Ausbau der Kapazitäten im Blick behalten werden“.
Neben der Verschiebung der Altersstruktur verändern sich nach Einschätzung von Wacker-Günther auch Lebensverhältnisse und Lebensvorstellungen. Diese betreffen etwa die Wohnverhältnisse, die Mobilität im Alter oder die generelle Versorgung.
„Ziel muss es sein, für die Älteren möglichst passgenaue Strukturen zu schaffen“, sagt die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung.
Den Anforderungen könne eine Kommune und Pflegeinrichtungen allerdings nicht alleine gerecht werden. „Ganz entscheidend wird es auf das bürgerschaftliche Engagement ankommen“, betont Wacker-Günther mehrfach. Der Wunsch der Verantwortlichen ist es, interessierte Leutkircher für ein bürgerschaftliches Netzwerk zu gewinnen. Denn bereits heute bestehe ein Mangel an professionellen Pflegekräften, der sich in Zukunft verschärfen könnte.
Auch bei der konkreten Planung des Seniorenkonzepts 2030 spielt die Bürgerbeteiligung eine wichtige Rolle. So soll zunächst mit Hilfe möglichst vieler Bewohner ermittelt werden, wie sich die Leutkircher ihr Leben im Alter vorstellen. Dafür kommen etwa eine Expertenrunde, eine Fragebogenaktion oder Informationsveranstaltungen in Frage. Zudem sehen die ersten Umsetzungsschritte unter anderem vor, Projektteams zu bilden. Mittelfristig haben sich die Verantwortlichen zum Ziel gesetzt, einen „hauptamtlichen Kümmerer“zu installieren. Gemeint ist ein externer Berater, der die Erstellung des Konzepts begleitet.
Für den Start des Projekts hat der Leutkircher Gemeinderat eine „Anschubfinanzierung“für vorbereitende Maßnahmen von 3000 Euro bewilligt. Die Verantwortlichen hoffen zudem auf einen Zuschuss im Rahmen eines Förderprogrammes des Landes Baden-Württemberg.
Die Stadträte befürworteten am Montagabend die Pläne zum Seniorenkonzept, das zunächst von Mitgliedern des Arbeitskreises Senioren ins Gespräch gebracht wurde. Götz Neugebauer (SPD) betonte beispielsweise wie wichtig es sei, Möglichkeiten zu schaffen, damit sich ältere, fitte Menschen selbst ehrenamtlich engagieren können. Nach Einschätzung von Reante Falter (CDU) gelte es, bei Senioren ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es künftig immer schwieriger werde, bis ins ganz hohe Alter in großen Häusern mit üppigen Gärten zu wohnen.
Brigitte Schuler-Kuon (Unabhängige) plädierte indes dafür, dass über eine „gut beworbene Fragebogen-Aktion“möglichst schnell der Bedarf vieler Leutkircher ermittelt wird. Schließlich arbeiteten die Pflegedienste schon jetzt – gerade auch unter Corona-Bedingungen – „völlig über dem Limit“.