Ein Bürgerentscheid für Grünkraut
Bei der Landtagswahl sollen die Einwohner über den Standort des Pflegezentrums abstimmen
GRÜNKRAUT (ric) - Jetzt soll in Grünkraut der Bürger entscheiden, wo das neue Seniorenzentrum für die Gemeinden Grünkraut und Bodnegg gebaut werden darf. In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat mehrheitlich für einen Bürgerentscheid gestimmt. Stattfinden soll der Bürgerentscheid am Sonntag, 14. März 2021, zusammen mit der Landtagswahl. Dass dies der richtige Weg ist, sahen aber längst nicht alle Gemeinderäte so.
Tatsächlich ist es eigentlich Aufgabe des Gemeinderats, Entscheidungen zu fällen, wo was in der Kommune gebaut wird. Dazu wurde er gewählt, trifft sich regelmäßig in Sitzungen und befasst sich intensiv mit den oft kommunalpolitisch und auch rechtlich komplexen Themen. Doch schon länger ist in der Gemeinde Grünkraut ein heftiger Streit darüber entstanden, wo das Seniorenzentrum gebaut werden soll. Sogar eine Bürgerinitiative hatte sich gegründet, um gegen den vorgesehenen Standort vorzugehen. Auch zwei Fragebogenaktionen hat es gegeben, um die Meinung der Bürger abzubilden – eine Aktion der Gemeinde und eine der Initiative.
Wie bereits berichtet, hatten es die Gemeinden Grünkraut und Bodnegg gemeinsam geschafft, einen Betreiber für ein Seniorenzentrum zu bekommen. Sogar ein Tagespflegeangebot wird es schon zum 1. Dezember im katholischen Gemeindehaus in Grünkraut geben. Als Betreiber hatte sich der Gemeinderat in diesem Jahr für die Stiftung Bruderhaus aus Ravensburg entschieden. Für kleine Landgemeinden ist das in Zeiten des Pflegenotstandes ein beachtlicher Erfolg. Doch wo soll das Seniorenzentrum gebaut werden? Daran ist in Grünkraut ein heftiger Streit ausgebrochen.
Die Gemeindeverwaltung favorisiert einen Standort in der Ortsmitte. Das wäre eine Chance, das Zentrum aufzuwerten und die Senioren direkt in die Mitte holen. Das bedeutet jedoch auch, dass der jetzige Bauhof und das Feuerwehrhaus abgerissen werden müssen. Das kritisiert die Bürgerinitiative „Hände weg vom Grünkrauter Gemeindezentrum“und kündigte an, bei einem Beschluss für die Ortsmitte ein Bürgerbegehren anstrengen zu wollen. Ihr Argument: Die Bausubstanz aus den 1990er-Jahren ist noch gut, man könnte beide Gebäude miteinander verbinden und so ausbauen, so dass die Feuerwehr auch ihr Platzproblem gelöst hat.
ANZEIGEN
Ihr neuer Job bei Prolana:
Gleichzeitig hätte man auch in Zukunft noch die Chancen, die Ortsmitte aufzuwerten. Als Alternative wird das Grundstück Brühlacker gegenüber der Festhalle in Richtung Sportplatz in Betracht gezogen. Ein Vorschlag, den 380 von 405 Teilnehmern der Fragebogenaktion der Initiative auch so sahen.
In diversen Gemeinderatssitzungen hatte man sich schon mit der Thematik befasst. Aber die Aktionen der Initiative und die jüngste Gemeinderatssitzung, die mit knapp 30 Zuhörern gut besucht war, zeigte, dass ein Riss durchs Dorf geht.
Bei der Diskussion machte Gemeinderat Martin Jopke (SPD) seinem Ärger gleich zu Beginn Luft. Er sagte, die Verwaltung würde mit der Bürgerinitiative nicht auf Augenhöhe kommunizieren. Außerdem kritisierte er: „Wir haben noch keinen Beschluss, dass wir ein Pflegezentrum wollen. Wir haben nur verschiedene Beschlüsse, die in diese Richtung gehen, von denen man das ableiten kann. Als Voraussetzung für einen Bürgerentscheid muss der Gemeinderat erst einmal sagen, was er will.“Außerdem warf er ein, dass mögliche andere Alternativen gar nicht erst diskutiert worden seien.
Dem traten andere Gemeinderäte wie Josef Hiller (Grünkraut Gestalten) entgegen. „Der Prozess ging über drei Jahre war offen und transparent. Es gab auch Entscheidungen dagegen. Wir haben Handlungsempfehlungen aufgestellt. Man muss auch mal Entscheidungen der Mehrheit akzeptieren.“Er stimme für einen Bürgerentscheid, auch wenn er Bedenken habe, weil die Thematik hochkomplex ist und es schwierig werden könnte, „die schweigende Mehrheit zu erreichen“. Ähnlich sah es Harald Klein (Freie Wähler): „Die Entscheidung gehört in das Gremium, das sich ausführlich mit der Thematik beschäftigt hat, zumal das ganze 10 000 Euro kosten wird. Dafür wurde der Gemeinderat gewählt.“
Bürgermeister Holger Lehr warb am Ende der emotionalen Diskussion für den Beschlussvorschlag: „Wir sind überzeugt, dass der Bürgerentscheid der richtige Weg ist.“Letztlich stimmten der Bürgermeister und acht Gemeinderäte für den Bürgerentscheid. Damit war die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht. Vier Gemeinderäte stimmten dagegen: Martin Jopke, Harald Klein, Manfred Bottlinger und Elena Igel.