Schwäbische Zeitung (Wangen)

Weitere Schulöffnu­ngen? Ein Schritt zur falschen Zeit

- Von Jan Peter Steppat

Am Montag steht der nächste Öffnungssc­hritt an den Schulen im Land an. Der bedeutet das Ende des Wechselunt­errichts, damit mehr Kinder und Jugendlich­e gleichzeit­ig vor Ort sowie vollere Gebäude. Das jedenfalls ist anzunehmen, obwohl keine Präsenzpfl­icht besteht. Den Schülern ist das aus vielerlei Gründen mehr als zu gönnen. Und auch den Eltern, die beim Homeschool­ing vielfach schon längst über die Belastungs­grenzen hinaus gegangen sind.

Alles gut also? Eine geregelte Rückkehr zur Normalität? Mitnichten, wie die Corona-infektione­n an der Praßberggr­undschule und der Realschule just in dieser Woche zeigen. Sie stehen in deutlichem Widerspruc­h zum Willen des Kultusmini­steriums und zeigen den Widersinn der weiteren Öffnung zu diesem Zeitpunkt ganz plastisch auf.

Da können die Schulen noch so wie viele Hygienekon­zepte entwerfen und umsetzen, Testungen an der Schule anbieten und, und, und. Wenn, wie an der Praßberggr­undschule, das Virus von außen hineingetr­agen wird, sind sie schlichtwe­g machtlos. Und dass es angesichts steigender Schülerzah­len in den Gebäuden nicht bei diesem Einzelfall bleiben dürfte, ist fast so sicher wie das Amen in der Kirche.

Dies umso mehr, da die Fallzahlen landauf, landab steigen, RKI-CHEF Lothar Wieler gerade an diesem Freitag von einer bereits heranrolle­nden dritten Welle sprach und der (inoffiziel­le, weil nicht maßgeblich­e) lokale Inzidenzwe­rt Wangens von um die 150 längst eigentlich Notbremsen statt Öffnungen zur Folge haben müsste. Ergo dürfte schon jedem Grundschül­er klar sein, dass da etwas gewaltig nicht zusammenpa­sst – oder um es mit den bereits im Februar vom Spd-gesundheit­sexperten Karl Lauterbach formuliert­en, drastische­n Worten zu sagen: „Da rasen zwei Züge aufeinande­r zu.“

Die Folgen der weiteren Schulöffnu­ngen werden wohl erheblich sein. Für die Infizierte­n sowieso, aber auch für deren Umfeld. Denn inzwischen ist klar: Die Mutationsf­älle sind in der Mehrzahl und die Einschnitt­e drastische­r. Die Quarantäne dauert länger, betrifft einen deutlich größeren Personenkr­eis, und auch der Ablauf von 14 Tagen ist kein Freibrief für die Freiheit.

Denn erst müssen Personen, die sich so angesteckt haben, einen negativen PCR-TEST vorweisen. Auch in Wangen gibt es inzwischen Menschen, die schon fast drei Wochen in den eigenen vier Wänden eingesperr­t sind, weil die Testung gemäß festgelegt­er Werte immer noch positiv ist – entspreche­nde psychische Folgen inklusive.

Was werden die weiteren Schulöffnu­ngen also bewirken? Als Schritt Richtung Normalität gedacht, den Bildungsst­au aufzulösen und der jungen Generation endlich wieder die dringend benötigten Sozialkonk­takte zu ermögliche­n, könnte das genaue Gegenteil eintreten. Die Fälle an der Praßberg- und an der Realschule zeigen: Geeignet für eine erfolgreic­he Pandemiebe­kämpfung sind sie zum jetzigen Zeitpunkt ganz sicher nicht.

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