„Erwartungshaltung hat sich verändert“
Auch wenn die Lage im Forum Allgäu in Kempten wegen der Pandemie ernst ist, gab es auch Positives
- Die Lage im Forum Allgäu ist ernst, sagt Centermanagerin Ekaterina Avdosyev angesichts der Coronakrise. Sie ist überzeugt: Langfristig wird sich das Angebot ändern. Doch in den vergangenen Monaten gab es auch Positives.
Mit Aimée Jajes hat sie darüber gesprochen.
Wird es im Forum Allgäu künftig mehr Leerstände geben?
Ekaterina Avdosyev: Es ist normal, dass im Center immer mal wieder Flächen leer stehen, ein Wechsel des Angebots gehört dazu. Übrigens bedeutet nicht jede geschlossene Tür einen Leerstand – oftmals dauert der Umbau eine Zeit lang. Von insgesamt 90 sind aktuell sieben Flächen frei. Es laufen Gespräche zur künftigen Nutzung. Momentan ist die Nachfrage für Neuansiedlungen selbstverständlich aber zurückhaltend. Die Lage ist ernst, sie kann zu weiteren Geschäftsschließungen führen. Wichtig ist nun die weitere Entwicklung.
Haben denn bereits Geschäfte explizit wegen Corona geschlossen?
Bisher mussten drei Läden aufgrund der herausfordernden Situation schließen: bei dem Filialisten Bonita führten die Beschränkungen während der Pandemie zum letzten Schlag. Das österreichische Konzept „Sportnahrung.de“musste alle Filialen im Insolvenzverfahren zumachen. Zudem hat sich ein Café für die Schließung entschieden.
Wird sich das Angebot im Forum langfristig verändern?
Das ist ähnlich wie in der Innenstadt, die Entwicklung zeichnete sich bereits in den vergangenen Jahren ab: Die Erwartungshaltung der Kunden hat sich geändert. Erlebnis und Ambiente spielen eine große Rolle. Deswegen organisieren wir immer wieder Aktionen und Ausstellungen, arbeiten an innovativen Ansätzen, wie zum Beispiel unserer „Digital Mall“– ein sogenanntes Online-schaufenster vom Forum. Auch Dienstleistungen gewinnen immer mehr an Bedeutung – von der Etankstelle im Parkhaus über das Fahrrad-flick-set und die Handyladebank, welche es am Info-schalter zum Ausleihen gibt. Solche Kleinigkeiten tragen zum Einkaufserlebnis bei. Darüber hinaus ist die Gastronomie wichtig für die Aufenthaltsqualität.
Und wie steht es um das Angebot der Läden und Gastronomen? Wandelt sich das auch?
Es gibt stetig einen Wandel – und der betrifft unterschiedliche Branchen. Zwei Beispiele: Vor ein paar Jahren ist das Angebot an Büchern stark zurückgegangen. Zuletzt waren Textilläden betroffen. Deren Anteil macht im Center aktuell 33 Prozent aus, noch vor sieben, acht Jahren waren es 49 Prozent. Stattdessen nehmen Gastronomie und Geschäfte der Hardwaren (wie Heimbedarf) sowie Unterhaltungselektronik-artikel zu.
Jetzt dürfen Einzelhändler in Kempten – zumindest vorerst – wieder öffnen. Wie war zuletzt die Resonanz auf das Click-und-collect-angebot?
Ganz unterschiedlich. Insgesamt war das aber ein Tropfen auf den heißen Stein, die Umsätze können dadurch nicht aufgefangen werden. Das ist vielmehr eine Serviceleistung. Für einige war das zumindest der Anlass, sich überhaupt auch im Internet zu repräsentieren.
Wie sieht das Hygiene-konzept im Forum aus?
Wir haben unser Präventionskonzept im vergangenen Frühjahr erarbeitet. Dieses wurde von einem unabhängigen Institut zertifiziert und mit den lokalen Behörden abgestimmt. Unter anderem beinhaltet es die häufigere Reinigung von so genannten Touchpoints wie Handläufen und Türgriffen. Weitere Beispiele: Es gibt Desinfektionsspender, Hinweise auf die geltenden Regeln sowie Durchsagen. Das Center wird zusätzlich zur regulären Lüftung beinahe ununterbrochen durch die Fenster auf dem Dach belüftet. Zudem haben wir das WLAN deaktiviert, damit sich der Aufenthalt nicht in die Länge zieht und keine zusätzlichen Kontakte entstehen. Darüber hinaus gibt es zu den Stoßzeiten ein Warteschlangenmanagement: Im Dezember mussten wir kurzfristig einen Einlassstopp verhängen und nur kontrolliert Kunden ins Center reinlassen. Den Besuchern haben wir dann ein süßes Dankeschön fürs Warten verteilt.
Wie bewerten Sie die aktuellen Beschlüsse mit der stufenweisen Öffnung abhängig vom Inzidenzwert?
Wir hätten uns weiterreichendere Lockerungen gewünscht, die es allen Händlern möglich machen, schnell und gemeinsam zu öffnen. Es ist bei allem nun wichtig, dass wir vorsichtig mit den Lockerungen umgehen. Es nutzt niemandem, wenn wir unkontrolliert Menschenmengen hereinströmen lassen. Schön war es in den vergangenen Monaten übrigens, dass der Zusammenhalt in der Stadt zwischen Gastronomen, Einzelhändlern, Kultur, Sport und der Stadtverwaltung wahnsinnig groß war und alle näher zusammengerückt sind. Man hat sich gegenseitig unterstützt und gemeinsam daran gearbeitet, die Kemptener Innenstadt am Leben zu halten.
Aufklärungsquote: 74 Prozent aller angezeigten Straftaten im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/west wurden geklärt. Zum Vergleich: 2011 waren es nur knapp über 67 Prozent. „Die Wahrscheinlichkeit, nach einer Straftat auch als Tatverdächtiger ermittelt zu werden, ist in unserer Region damit besonders groß“, kommentiert Polizeipräsidentin Strößner.
Tatverdächtige: Fast 90 Prozent aller Tatverdächtigen sind Erwachsene, drei Viertel männlich. 41,3 Prozent sind Nichtdeutsche. Darunter sind auch Zuwanderer sowie eingereiste Kriminelle, die nicht dauerhaft in Deutschland leben. Bereinigt man die Quote um die ausländerrechtlichen Verstöße, haben 31,8 Prozent aller Tatverdächtigen keinen deutschen Pass.
Gewaltkriminalität: Dazu zählen unter anderem Mord und Totschlag, Vergewaltigung und Raub. Über 80 Prozent Anteil an dieser Deliktgruppe hatten im Vorjahr jedoch die gefährlichen und schweren Körperverletzungen. Dahinter rangieren Raubdelikte mit etwas über neun Prozent. Die Gewaltkriminalität hat im Bereich des Polizeipräsidiums im Vorjahr gegenüber 2019 um insgesamt zehn Prozent zugenommen. Die Aufklärungsquote ist in diesem Bereich mit 90 Prozent besonders groß. „Alkohol spielt bei Körperverletzungen eine große Rolle“, sagt Leitender Kriminaldirektor Michael Haber. Nach seinen Worten war jeder dritte Schläger alkoholisiert. Haber: „Häufig spielen sich die Auseinandersetzungen zuhause oder im privaten Bereich ab.“
Häusliche Gewalt : Dieser Deliktsbereich (physische oder psychische Gewalt innerhalb von Partnerschaften) ist in den vergangenen zehn Jahren um 50 Prozent angewachsen. Im Vorjahr wurden 1576 Fälle angezeigt, erfahrungsgemäß sind 80 Prozent der Täter männlich. Knapp 30 Prozent dieser Männer waren während der Tat alkoholisiert.
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung: Dazu zählen unter anderem Vergewaltigung oder der sexuelle Missbrauch von Kindern. Auch der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie gehören dazu. Die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist nach einem starken Rückgang 2019 im Jahr 2020 um 42 Prozent gestiegen. Zu erklären ist das vor allem mit einem Anstieg der Verbreitung von kinderpornografischen Schriften. Es gab aber auch mehr sexuellen Missbrauch und exhibitionistische Handlungen.
Straftaten im Internet: Seit Jahren ist in diesem Bereich ein Anstieg zu verzeichnen – 2020 um 18,3 Prozent. Laut Polizei hat die Corona-pandemie die Internetnutzung wohl noch verstärkt.
Rauschgiftkriminalität: In diesem Bereich meldet die Kriminalpolizei einen geringen Anstieg um 0,6 Prozent auf 3599 Fälle. 14 Rauschgifttote waren 2020 zu beklagen, 2019 waren es 23.
Wohnungseinbrüche: Die Einbruchskriminalität ging 2020 deutlich zurück. Wegen der Corona-pandemie waren die Menschen häufiger zuhause. Zudem gab es Grenzkontrollen, die ausländischen Tätern das Handwerk deutlich erschwerten.
Callcenterbetrug: Trotz aller Warnungen vor falschen Polizeibeamten und anderen Betrügereien, beispielsweise mit dem Enkeltrick: Es gab 1700 registrierte Fälle, bei denen sich Unbekannte aus irgendwelchen Callcentern bei älteren Menschen meldeten. In 47 Fällen waren die Täter erfolgreich. Der Beuteschaden liegt bei 610 000 Euro.
Häufigkeitszahl (HZ): Sie ist ein Gradmesser für die Sicherheitslage einer Region. Sie berechnet sich aus der Zahl der bekannt gewordenen Straftaten pro 100 000 Einwohner. Die HZ liegt für 2020 in Schwaben Süd/west bei 4026, für Bayern bei 4528. 14 086 betrug die HZ im Jahr 2019 für Berlin.