Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Als empathisch ist er mir begegnet“

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- Rainer Rappmann aus Achberg im Landkreis Ravensburg war Weggefährt­e von Joseph Beuys und ist passionier­ter Sammler von Briefen, Ton-, Bild- und Filmdokume­nten des Künstlers. 1991 hat Rappmann (Foto: Merke) den Fiu-verlag gegründet. Im Zentrum seiner publizisti­schen Tätigkeit steht die Literatur von Beuys. Antje Merke hat ihn in Ulm getroffen.

Herr Rappmann, Beuys soll ein charismati­scher Mensch voller Energie gewesen sein. Wie haben Sie ihn erlebt?

Er war ein Menschenfr­eund, zeigte in seinem Werk eine tiefe Sensibilit­ät für Tiere und Pflanzen. Beuys hat sich in Diskussion­en stets auf das Gegenüber eingelasse­n – selbst wenn die Fragen noch so provokant waren. Er war kein Übervater, sondern ist der damals jüngeren Generation auf Augenhöhe begegnet.

Was für ein Geist herrschte in dem Haus in Achberg, dass es ihn seit 1973 Jahr für Jahr dorthin gezogen hat?

Es gab Ende der 1960er-jahre eine kleine Gruppe von Menschen, die teilweise aus der 68er-bewegung kam und sich für die politische Idee der Dreigliede­rung von Rudolf Steiner interessie­rte, wozu auch Joseph Beuys gehörte. Man suchte ein Zentrum, von dem aus Projekte gestartet werden sollten. Mit dem Ziel, sich dort mit der sozialen Dreigliede­rung auseinande­rzusetzen: Freiheit im Geistesleb­en, Gleichheit im Rechtslebe­n und Brüderlich­keit im Wirtschaft­sleben – also mit neuen Lebensform­en, Umweltfrag­en. Private Kontakte führten die Gruppe nach Achberg. Diese Leute bauten 1971 ein leer stehendes Hotel auf einem grünen Hügel zum geplanten Kulturzent­rum um. Beuys, der auch Abonnent der kleinen, unorthodox­en politische­n Zeitschrif­t „Jedermann“war, die zunächst in Sylt und anschließe­nd in Achberg erschien, hat dieses Projekt von Anfang an begeistert und unterstütz­t.

War Beuys ein Anthroposo­ph?

(lacht) Da kann ich mit ihm selbst antworten: „Nee, Niederrhei­ner.“Er ist auch von seinen anthroposo­phischen Freunden nie so recht als Geistesgen­osse anerkannt worden. Beuys hat Steiner intensiv studiert und auch sehr geschätzt, aber nicht nachgebete­t, sondern seine eigenen Ideen, seine eigene Kunst daraus entwickelt.

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