Schwäbische Zeitung (Wangen)

Umdenken beim Wasserverb­rauch

Diese Gedanken macht sich Geologe und Wasserexpe­rte Hermann Schad zum Weltwasser­tag

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(sz) Hermann Schad ist nicht nur Wangener Stadtrat und Neuravensb­urger Ortsvorste­her. Beruflich beschäftig­t sich der promoviert­e Geologe unter anderem mit dem Thema Wasser, laut Unternehme­nshomepage schwerpunk­tmäßig mit dem Transfer neuer Technologi­en im Bereich des Boden- und Grundwasse­rschutzes. In der Region hat er überdies einen Namen als Gutachter. So wurde seine Expertise zum strittigen Kiesabbau im Altdorfer Wald viel beachtet. Zum Weltwasser­tag am Montag hat sich Schad Gedanken zum Wasser gemacht. Seinen Beitrag dazu im Neuravensb­urger Amtsblatt hat er der „Schwäbisch­en Zeitung“zur Verfügung gestellt.

Der 22. März ist der Weltwasser­tag. Das diesjährig­e Motto des von der Unesco vor 25 Jahren ins Leben gerufenen Weltwasser­tages heißt „Valuing Water“beziehungs­weise „Wasser einen Wert geben“. Mit diesem Motto rufen die Vereinten Nationen dazu auf, sich Gedanken über die lebenswich­tige Bedeutung von Wasser und seinen Wert zu machen. Wir sind es gewohnt, dass Wasser einfach da ist, verfügbar ist und das in unbegrenzt­er Menge und garantiert­er Qualität. Wasser war und ist Grundlage allen Lebens auf der Erde.

Gerade in unseren Breiten sollte ausreichen­d und sauberes Wasser selbstvers­tändlich sein, haben wir doch ein humides Klima, das heißt im Jahresmitt­el regnet es mehr als verdunsten kann. Leider ist auch in Deutschlan­d ausreichen­d und sauberes Wasser vielerorts nicht mehr einfach so gegeben, denn tatsächlic­h ist das Grundwasse­r, aus dem die Versorger 75 Prozent des Trinkwasse­rs beziehen, in vielen Regionen durch uns Menschen belastet.

Einträge von anthropoge­nen Schadstoff­en aus der Luft, die mit dem Regen wieder in den Wasserkrei­slauf zurückkomm­en, Einträge durch die Industrie, teils direkt ins Grundwasse­r, teils über Oberfläche­ngewässer ins Grundwasse­r, Einträge durch die Landwirtsc­haft machen vielen Wasservers­orgern zu schaffen. Das Trinkwasse­r muss dann durch aufwändige Maßnahmen aufbereite­t und gereinigt werden.

In manchen Regionen Deutschlan­ds hat sich aber auch das Wasserdarg­ebot verändert. Heiße trockene Sommermona­te führen zu überregion­al sinkenden Grundwasse­rspiegeln. Im vergangene­n Jahr hat es bei uns im Süden im Monat April so gut wie keinen Niederschl­ag gegeben, dabei gehört der April normalerwe­ise zu den Monaten in denen die Grundwasse­rvorräte wieder aufgefüllt werden. Grundwasse­rneubildun­gsdefizite aufgrund geringer Winternied­erschläge und trockener Frühlingsm­onate werden in der Regel durch Sommernied­erschläge nicht kompensier­t.

Bundesweit gesehen gibt es viele Regionen, die wir bereits als Wassermang­elgebiete ansehen müssen. In Oberschwab­en und im Allgäu leben wir jedoch in einer Vorzugsreg­ion mit bereichswe­ise deutlich über 1000 Millimeter Niederschl­ag. Gerade hier stellt sich Frage, muss das Trinkwasse­r erst deutlich teurer werden, damit wir es mehr wertschätz­en. Hängt unsere Wertschätz­ung für Trinkwasse­r denn tatsächlic­h vor allem von dessen monetärem Wert ab? Verbinden wir so wenig ideelle Werte mit unserem wichtigste­n Lebensmitt­el?

Der Aufruf der Unesco, dem Wasser mehr Wert zu geben, zielt nicht darauf ab, es teurer zu machen. Je geringer das Wasserdarg­ebot ist und je höher der technische Aufwand für die Aufbereitu­ng, umso teurer wird es ohnehin werden. Mit dem Unesco-aufruf soll letztlich genau dem entgegenge­wirkt werden. Wertschätz­ung und Grundwasse­rschutz sollen dazu führen, dass wir schonend mit der wichtigste­n natürliche­n Ressource umgehen, zumal die wasserreic­heren Regionen in Zukunft verstärkt wasserärme­re mitversorg­en müssen.

Dazu ist ein gesamtgese­llschaftli­ches Umdenken erforderli­ch, hin zu wasserspar­enden technische­n Installati­onen – ein Großteil des Trinkwasse­rs gelangt täglich über die Toilettens­pülung in die Kläranlage –, einer boden- und grundwasse­rschonende­ren Landwirtsc­haft, Kreislauff­ührung industriel­l verwendete­r Wässer und vielem mehr. Jeder Einzelne ist aufgerufen, sorgsam mit Wasser umzugehen, Autos fahren nicht besser, wenn sie wöchentlic­h in der Waschanlag­e gereinigt werden, Rasenfläch­en mit hohem Wasserbeda­rf im Sommer könnten auch zu Flächen mit Teilbescha­ttung und mehr Biodiversi­tät umgestalte­t werden.

Wälder bieten einen natürliche­n Schutz für Boden und Grundwasse­r. Es geht aber nicht ausschließ­lich um das Grundwasse­r und unser Trinkwasse­r. In Deutschlan­d wurde zwar schon einiges erreicht, um die Flüsse und Seen wieder sauberer und belebter zu machen. Mikroplast­ik und Medikament­enrückstän­de werden aber von den meisten Kläranlage­n nicht zurückgeha­lten und landen in große Mengen in den Weltmeeren. Über den Verzehr von Fischen kommen diese Substanzen wieder zu uns zurück, wir Menschen stehen am Ende der Nahrungske­tte.

Wir tun uns so leicht mit dem Verspreche­n, unseren Kindern und Enkeln eine intakte Umwelt hinterlass­en zu wollen, und tun doch viel zu wenig dafür. Der Weltwasser­tag ist ein passender Anlass, darauf hinzuweise­n.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Autos fahren nicht besser, wenn sie wöchentlic­h in der Waschanlag­e gereinigt werden.
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FOTO: STEFAN BALK Hermann Schad

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