Neue Behandlung für psychisch Kranke
Uni Tübingen sucht Teilnehmer aus der Region für Forschungsprojekt in Weingarten
- Psychisch Kranke aus der Region können ab sofort am Forschungsprojekt „Impuls“der Universität Tübingen in Weingarten teilnehmen. Der Sportpsychologe und Psychotherapeut Sebastian Wolf will mit seiner Studie eine neue Behandlungsmöglichkeit für psychische Erkrankungen im ambulanten Bereich etablieren. Das sind die Teilnehmerkriterien.
Das Programm „Impuls“zielt darauf ab, Patienten für Sport zu motivieren und zwar langfristig. Denn: „Mittlerweile ist es wissenschaftlich gut belegt, dass sportliche Aktivität bei Depressionen, Panikstörungen, posttraumatischer Belastungsstörung und Schlafproblemen überzeugende Effekte auf die genannten Symptome hat“, sagt Jana Welkerling, Sportpsychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der Uni Tübingen. „Ist ein Patient stationär in einer Klinik, sind Sport und Bewegung ergänzend zur Therapie normal. Aber in der ambulanten Regelversorgung ist das noch nicht implementiert.“Vor allem Ausdauersport sei ergänzend zu einer Psychotherapie hilfreich. Die Forschergruppe von Wolf habe nachgewiesen, dass Bewegung ähnlich wirksam sei wie Psychopharmaka und eine Therapie.
Nach der ersten Vorstudie, an der 70 Probanden in Tübingen teilnahmen, sei der positive Einfluss von Sport nachgewiesen worden. Jetzt werde die Studie auf ganz Badenwürttemberg ausgeweitet und getestet, ob die Behandlung zusätzlich zur Regelversorgung implementiert werden könne. Ab März haben insgesamt 600 Patienten in zehn Ballungszentren die Möglichkeit, kostenlos am „Impuls“-programm teilzunehmen. In Weingarten im Rehazentrum
werden rund 60 Teilnehmer aufgenommen. Die Studienteilnehmer werden in eine „Impuls“-gruppe und eine Kontrollgruppe eingeteilt. Die Anmeldung erfolgt unter weingarten@impuls.uni-tuebingen.de oder telefonisch unter 0751-18527990.
Der Patient wendet sich daraufhin an den Hausarzt, der ein grünes Rezept ausstellt.
Danach folgt ein persönliches Gespräch mit Jana Welkerling, die für den Standort Weingarten zuständig ist, und Patienten über den weiteren Ablauf aufklärt. Wichtig sei, dass der Patient bei AOK oder Techniker Krankenkasse versichert ist, so Welkerling. Die Krankenkassen sind Studienpartner, mit denen analysiert werde, ob es mögliche Kostenvorteile für das Krankensystem gebe. Ausschlusskriterien seien zudem bestimmte psychische Erkrankungen wie Schizophrenie, Bipolarität oder Essstörungen, denn bei diesen
Krankheiten seien die Auswirkungen von sportlicher Aktivität noch nicht ausreichend untersucht. Des Weiteren sei ein Patient ausgeschlossen, wenn er aus orthopädischer Sicht keinen Sport machen dürfe. „Wir wollen ja nichts verschlechtern“, sagt Welkerling.
Sind alle diese Bedingungen erfüllt, geht es in den ersten vier Wochen mit dem Kernprogramm von „Impuls“los. Es gebe zwei bis drei Sitzungen pro Woche mit Sport- und Bewegungstherapeuten. Die Intensivphase besteht aus einer Kombination von Lauftraining und Theorie. „Motivation und Umsetzungsfähigkeit sollen geschult werden.“Die Forschungsgruppe wolle erreichen, dass die Erkrankten Sport langfristig in ihren Alltag integrieren. Danach geht es bis zur zwölften Woche mit einer „begleiteten freien Phase“weiter. Währenddessen unterstützen die Psychologen telefonisch oder per App weiterhin. Zudem gibt es sogenannte Unterstützertreffen, in denen Angehörigen beigebracht werde, wie sie dem Patienten helfen können, ihre Ziele zu erreichen. Nach einem Jahr werden dann Daten dazu erhoben, wie viel umgesetzt wurde und wie nachhaltig das Programm wirkt, so Welkerling.
Mit der wissenschaftlichen Studie hat Wolf 2018 begonnen. Die Forschergruppe zog mittels Befragungen auch die Auswirkungen der Corona-pandemie mit ein. Demnach seien sportlich aktivere Menschen weniger niedergeschlagen, ängstlich oder depressiv wie inaktive Menschen.
„Motivation und Umsetzungsfähigkeit sollen geschult werden.“
Sportpsychologin Jana Welkerling