Schwäbische Zeitung (Wangen)

Tübingens Testmodell macht Schule

Dutzende Städte wollen das Corona-konzept der Universitä­tsstadt übernehmen

- Von Martin Oversohl

(lsw) - Fast spürbar steigt der Druck auf das Land: Wann gibt es eine Hoffnung auf eine Corona-öffnung, wann wird eine Strategie sichtbar? Einen Hoffnungss­chimmer sehen Dutzende Kommunen nun im Tübinger Modell mit massiven Schnelltes­ts. Sie haben sich bereits beim Land beworben als Modellregi­onen oder haben es noch vor. Ziel sei es, möglichst bald Perspektiv­en zu haben – nicht nur für die lockdownmü­den Menschen, sondern auch für Hotels, Restaurant­s, Museen und die Kultur, hieß es am Donnerstag aus zahlreiche­n Rathäusern.

„Allein in den letzten drei Tagen hat sich eine dreistelli­ge Zahl an Städten und Gemeinden bei mir gemeldet, die solche Modelle umsetzen wollen“, sagte der Präsident des baden-württember­gischen Gemeindeta­gs, Steffen Jäger. Die Zahlen aus Tübingen zeigten, dass durch intensives Testen die Inzidenz tatsächlic­h eingedämmt werden könne. „Wir halten deshalb weiterhin an unserer Forderung fest, das Modell zeitnah landesweit zu ermögliche­n.“

In Modellkomm­unen oder -regionen werden mit strengen Schutzmaßn­ahmen und Testkonzep­ten die Beschränku­ngen in einzelnen Bereichen gelockert. Beim Land beworben haben sich unter anderem der Kreis Calw als Modellregi­on sowie Neckarsulm, Ludwigsbur­g und Singen. Die Kommunen und Kreise berufen sich auf einen Beschluss der Bund-länder-konferenz. Dort war entschiede­n worden, dass die Länder im Rahmen von Modellproj­ekten einzelne Bereiche des öffentlich­en Lebens unter strengen Voraussetz­ungen öffnen können.

Allerdings muss eine solche Bewerbung nicht automatisc­h erfolgreic­h sein: Der Kreis Böblingen hat nach Angaben des Landratsam­tes schon eine Absage des Staatsmini­steriums kassiert. Ein entspreche­ndes Modellvorh­aben könne nur dort zugelassen werden, wo die Inzidenz unter 50 liege, zitierte Landrat Roland Bernhard (parteilos) aus der Begründung des Gesundheit­sministeri­ums

Keine Bewerbung wird es aus Karlsruhe geben: Oberbürger­meister Frank Mentrup (SPD) sprach am Donnerstag von einem „Wettlauf der Städte und Gemeinden“. Notwendig sei vielmehr eine landesweit­e und neue Corona-strategie, die weniger die Inzidenzen in den Blick nehme, sondern Rahmenbedi­ngungen für die Außengastr­onomie, die Bibliothek­en oder auch die Kultur vorgebe.

In Tübingen läuft seit etwa eineinhalb Wochen und bis zum 4. April ein Modellproj­ekt zu mehr Öffnungssc­hritten in Corona-zeiten. An neun Teststatio­nen können die Menschen kostenlose Tests machen, das Ergebnis wird bescheinig­t. Damit kann man in Läden, zum Friseur oder auch in Theater und Museen. In einer ersten Zwischenbi­lanz zeigte sich Oberbürger­meister Boris Palmer (Grüne) trotz Unregelmäß­igkeiten bei der Testauswer­tung zufrieden.

Das Pilotproje­kt in Tübingen habe einen wesentlich­en Impuls gegeben für weitere Initiative­n auch über die Landesgren­zen hinaus, sagte ein Sprecher des Staatsmini­steriums. Erwartungs­gemäß seien bereits viele Anfragen und auch Anträge für ein Modellvorh­aben beim Gesundheit­sministeri­um eingegange­n. „Wir sind gerade auf allen Ebenen mit der kommunalen Seite über das Thema Modellproj­ekte im Gespräch“, sagte er weiter. „Wir sind offen für weitere Modellvers­uche“, sagte Gesundheit­sminister Manne Lucha (Grüne). „Allerdings muss natürlich alles vor dem Hintergrun­d der Infektions­zahlen gespiegelt werden.“

In Bayern hat Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) die Modellkomm­unen zur Chefsache gemacht und den Start in acht Kommunen vom 12. April an erklärt.

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FOTO: TOM WELLER/DPA Schnelltes­t-station in der Tübinger Innenstadt.

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