Wie Ravensburg den Breitbandausbau forcieren will
In einigen Jahren soll es schnelles Internet an jeder Hofstelle geben
- Wie wichtig eine gute Internetverbindung ist, wird in der Corona-pandemie erschreckend deutlich. Wer mit Schneckengeschwindigkeit in einem Ravensburger Weiler durchs Netz surft, kann schlecht aus dem Homeoffice arbeiten, und die Kinder können dem Digitalunterricht nicht richtig folgen und werden bei der Bildung abgehängt. Bislang hatte die Stadt Ravensburg darauf gehofft, dass Unternehmen wie die Telekom schon von sich aus an einem Ausbau des Glasfaserkabelnetzes interessiert sein müssten, doch der Ausbau verläuft schleppend. Deshalb tritt die Stadt nach einem Beschluss des Gemeinderats zum 15. April dem Zweckverband Breitbandversorgung Landkreis Ravensburg bei. In der Hoffnung, dass der Ausbau des Glasfaserkabels dann in die Puschen kommt.
In Ravensburg gab es bisher nur wenige weiße Flecken. Darunter versteht man Orte, an denen die Internetgeschwindigkeit unter 30 Mbit pro Sekunde (Download) beträgt. Daher hatte die Stadt auf den Ausbau des lichtschnellen Glasfaserkabelnetzes direkt durch die Telekommunikationsunternehmen gesetzt, was in den Gewerbegebieten auch gut funktioniert habe. „Nachdem hier aktuell keine weiteren Fortschritte erkennbar sind, sehen wir uns gefordert, selbst den Ausbau unter Nutzung der Fördermittel voranzutreiben“, schreibt Carola Grabherr vom Hauptamt der Stadt in einer Vorlage für den Gemeinderat. Denn eine Geschwindigkeit
unter 30 Mbit reicht heutzutage für vielfältige Anwendungen kaum noch aus: etwa für die Videokonferenz, wenn gleichzeitig die Teenager-kinder zocken. Die Fördermittelakquise könne nicht mit vorhandenem Personal erledigt werden. Der Aufbau eigener Personalressourcen mache angesichts bereits vorhandener Strukturen im Zweckverband Breitbandversorgung im Landkreis Ravensburg wenig Sinn, begründet sie das Ansinnen. Zudem profitiere auch der Zweckverband von einem Beitritt Ravensburgs, da das Netz im Landkreis eine größere gemeinsame Basis für den weiteren Ausbau erreicht. Mit Ravensburg und perspektivisch vielleicht auch Weingarten sei das Gesamtpaket für potenzielle Anbieter wie Telekom, Teledata oder Vodafone in Zukunft interessanter und somit für die Kommunen mit höheren Erlösaussichten verbunden.
Der Bund und das Land unterstützen die Städte und Gemeinden beim Breitbandausbau mit Fördermitteln. Vom Bund sind 50 Prozent der notwendigen Finanzmittel grundsätzlich förderfähig, das Land steuert weitere 40 Prozent hinzu. Bisher waren nur alle weißen Flecken förderfähig. Eine Erhöhung auf eine Anschlussgeschwindigkeit von Gebieten unter 100 Mbit/s (graue Flecken) steht aktuell bevor. Und von diesen Gebieten gibt es noch viele in der Stadt, nicht nur in den Ortschaften. Auch Digitalbürgermeister Dirk Bastin selbst, der in der Südstadt wohnt, kann ein Lied davon singen, wie oft nach Feierabend beim Online-doppelkopf oder -Skat sein WLAN hakt und er aus dem Spiel fliegt, sodass seine Mitspieler zwischenzeitlich Spinnweben ansetzen, bis er wieder online ist, obwohl sie gerade eine seltene Siegessträhne haben. „Glasfaser gehört in jedes Haus und auf jede Hofstelle – in der Stadt und auf dem Land“, sagte er in der Gemeinderatssitzung.
Die Investitionskosten für den Ausbau im gesamten Stadtgebiet bis zur letzten Milchkanne werden auf 51,5 Millionen Euro geschätzt, die Dauer auf fünf bis acht Jahre. Durch die Zuschüsse von Bund und Land würden davon allerdings nur 5,15 Millionen Euro an der Stadt kleben bleiben, sofern sie in voller Höhe gewährt werden.