Das Storchenjahr läuft gut an
In Wangen ist ein Brutpaar bestätigt. Weitere beobachtete Tiere könnten für Nachwuchs noch zu jung sein.
- Der Frühling ist da und mit ihm auch die Störche. Wie es in diesem Jahr in Wangen und Umgebung um Meister Adebar steht, weiß Vogelexperte Georg Heine im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“zu berichten.
„Auf dem Wangener Erba-kamin sitzt ein Weibchen und brütet sehr wahrscheinlich“, sagt Georg Heine, Vorsitzender des Naturschutzbunds (Nabu) in Wangen. Seit seinen Beobachtungen zu Beginn der Osterwoche ist sich der Fachmann „fast sicher“, dass das in Wangen beheimatete Weißstorchenpaar Nachwuchs ausbrütet. Beobachtet hat er die dafür typischen Bewegungen des Weibchens, das immer wieder aufsteht und sich bewegt, um die Eier unter das Gefieder zu schieben. „Die haben Eier“, freut er sich daher, auch wenn er das Gelege selbst noch nicht beobachten konnte.
Es sei schön zu sehen, dass die Vögel den Platz auf dem sanierten Schornstein wieder annehmen. Aufgrund der Umbauarbeiten war ein Nisten an dieser Stelle eine Zeit lang nicht möglich, und der seinerzeit angebotene Ersatznistplatz wurde von den Tieren nicht akzeptiert. Nach dem Ende der Bauarbeiten sind die Tiere jetzt aber in der zweiten Saison in Folge wieder auf „ihrem“Turm.
Zudem hat Heine schon mehrfach vier weitere Störche über der Stadt Wangen gesichtet. „Sie sind erst über der Stadt gekreist und dann in Richtung Isny davongeflogen“, konnte er auf seiner jüngsten Beobachtungstour feststellen. Für Heine ergeben sich aus diesem gemeinsamen Fliegen im Verbund zwei Möglichkeiten. Entweder suchen die beiden Paare noch nach einem geeigneten Brutplatz, oder es sind junge Tiere aus dem vergangenen Jahr, die in der Regel im ersten Jahr noch nicht brüten.
Zur Verfügung stehen würde den Tieren in Wangen zum Beispiel noch der angelegte Brutplatz auf dem Kornhaus. Hier wurden die Tiere in den vergangenen Tagen auch immer wieder gesichtet. Dass sie sich allerdings schon für diesen Platz als saisonale Heimat entschieden haben, ist für Heine unwahrscheinlich. Denn hätten sie diesen Platz gewählt, könnte man dies daran erkennen, dass sie sich intensiv mit dem Ausbau des Horstes beschäftigen und Nistmaterial hochtragen würden. „Das ist bislang nicht der Fall“, so Heine.
Beobachtet wurden die vier Störche in und um Wangen auch mehrfach von Sz-leser Rainer Breitenstein. Unter anderem hat er zwei der eleganten
Flieger auf dem Dach des nahegelegenen Reformhauses fotogfariert. Diese würden durch „lautes Geklapper“mit den beiden zeitgleich auf dem Kornhaus beobachteten Tieren in Kontakt stehen, schrieb er dazu.
Breitensteins Vermutung, sie würden damit ihren „Unmut“über die potenziellen Nachbarn kundtun und es könne sich bereits um „Revierstreitigkeiten“handeln, teilt Heine hingegen nicht. Im Gegenteil: Diese vier Tiere seien gemeinsam unterwegs und das „Geklapper“eine normale Kommunikation, die sie zur Begrüßung und sogar im Flug weiterführen würden. „Vielleicht unterhalten sie sich von Hausdach zu Hausdach darüber, welches der bessere Brutplatz sein könnte“, mutmaßt der Experte mit einem Schmunzeln.
In Sachen „Streitigkeiten“gibt es also Entwarnung. Zu solchen könnte es laut Heine aber kommen, sollten die vier „Rumtreiber“dem Brutpaar in der Erba zu nahe kommen. Das habe man bislang allerdings noch nicht beobachtet.
Damit bleiben die Tiere auf dem Erba-turm das bislang einzige brütende Paar in Wangen. Ganz allgemein betrachtet sieht es für Heine aber nach einem guten „Storchenjahr“in der Region aus. Die „frühen“
Paare, beispielsweise in Bad Waldsee, wo die Tiere laut Experten immer ein wenig früher im Jahr dran sind, hätten bereits vor gut einer Woche ihre Eier ins Nest gelegt. 28 bis 30 Tage dauert es ab diesem Zeitpunkt, bis die kleinen Störche ihre Eierschalen durchbrechen und dann auch für ihre menschlichen Beobachter erstmals sichtbar werden.
Der Experte ist mit den bisherigen Sichtungen in diesem Jahr sehr zufrieden. Es seien wieder einmal „viele Tiere,“sagt er. Heine macht dies vor allem am Brutbestand in und um Isny fest. 14 Horste sind hier bereits wieder von Brutpaaren besetzt. Der bisherige Rekord liegt bei 17.
Das Kaiserwetter der vergangenen Wochen tut sein Übriges dazu, dass sich die Tiere in diesem Jahr wohl fühlen. Wobei ihnen Regen im Moment auch nicht viel ausmachen würde. Kalte Temperaturen und nasses Wetter werden für die Jungtiere erst etwa vier Wochen nach dem Schlüpfen gefährlich, wenn sie bereits so groß sind, dass sie nicht mehr unter das schützende Gefieder der Alttiere passen. Ihr eigenes Federkleid kann sie dann noch nicht gegen Regen und Kälte schützen. „Eine Woche halten sie dann schon noch durch, aber wenn die Kältephasen, gepaart mit Regen, länger andauern, haben sie keine Chance“, erklärt Heine. In Isny habe man dadurch im vergangenen Jahr fast alle Bruten verloren.
Auch für das Umland weiß Heine Positives zu berichten. Neben den angestammten und gut genutzten Plätzen in Isny und bei Bad Wurzach werde auch in Kißlegg, Röthenbach, Amtzell und Neuravensburg jeweils ein Brutpaar vermutet. Wobei viele Beobachtungen noch nicht automatisch auf eine Brut schließen lassen. In vielen Fällen könne man sich erst sicher sein, wenn die Tiere irgendwann anfangen, den Nachwuchs zu füttern. Bis dahin sieht es für den Vogelexperten in Sachen „Störche in der Region“aber sehr gut aus.