Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ende der gelben Müll-odyssee – Es wurde aber auch Zeit!

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Die Ära der gelben Säcke ist vorbei. Der Kreistag hat am Dienstag entschiede­n, dass nächstes

Jahr das Abholsyste­m für den Plastikmül­l eingeführt wird, sodass die Bürgerinne­n und Bürger ihre gelben Säcke nicht mehr selbst wegbringen müssen. Die

Stadt Wangen hat sich flächendec­kend für die 240-Liter-tonne entschiede­n. Das war schon längst überfällig!

Wer hat es nicht geliebt, am Wochenende nach einer langen Arbeitswoc­he statt auszuschla­fen zum Wertstoffh­of, zur Deponie oder zur Sammelstel­le zu fahren und dort die zig Säcke abzugeben? Da wurde ins Auto gequetscht, was ging, bis es gelb überlief. Pech für alle Besitzer eines kleinen Autos.

Wenn man zusätzlich Unglück hatte und ein Sack riss, wurde das Auto mit Leichtverp­ackungen überschwem­mt. Dann endlich bei der Müllabgabe angekommen, gab es eine drangvolle Enge – und dann oft noch das Verkehrsch­aos auf dem Wertstoffh­of.

Umweltfreu­ndlich ist dieser Vorgang natürlich nicht, außerdem hochproble­matisch für Menschen mit Beeinträch­tigungen, Haushalte ohne Auto und Seniorinne­n und Senioren. Außerdem unfair: Über das Duale System haben die Bürgerinne­n und Bürger im Kreis Ravensburg sowieso schon für die Entsorgung von Plastikmül­l bezahlt.

Ein weiteres Problem: Illegale Müllablage­rungen sind in der Region längst keine Seltenheit mehr. Der in der Natur entsorgte Müll hat fatale Folgen für die Umwelt und verschling­t bei seiner Beseitigun­g hohe Summen an Steuergeld­ern. Natürlich können sich die Leute, die ihren Müll rücksichts­los in der Natur entsorgen, nicht mit dieser Regelung herausrede­n, aber bei einem Bringsyste­m sind solche „Entsorgung­swege“leider wenig überrasche­nd. Ganz zu schweigen von dem vielen Müll in öffentlich­en Eimern, der entsteht, weil manche Menschen dort ihren Hausmüll entsorgen.

Kein Wunder, dass der Landkreis Ravensburg einer der wenigen in Deutschlan­d ist, der das so handhabt. In allen anderen Regionen wird der gelbe Sack oder die gelbe Tonne an den Häusern abgeholt. Natürlich kann es passieren, dass die gelben Säcke samt Müll bei windigem Wetter wegfliegen – deshalb ist die Wahl der Tonne auch vernünftig, um nicht neue Müllproble­me zu erzeugen – nicht zuletzt auch wegen der Rattenplag­e in der Stadt.

Die Argumente der Befürworte­r des gelben Sacks, dass die Menschen durch die Säcke weniger Müll verursache­n und besser trennen würden, wirken wenig überzeugen­d. Das Problem sind nicht die Personen, die im Supermarkt gezielt nach Produkten mit viel Verpackung­smüll Ausschau halten, sondern die unnötigen Lebensmitt­elverpacku­ngen der Hersteller. Dort muss angesetzt werden, um effektiv Plastikmül­l zu vermeiden.

Zum Thema Mülltrennu­ng: Die Müllabfuhr wird nicht alle gelben Tonnen auf korrekte Entsorgung kontrollie­ren – genauso wenig wurde aber auch jeder Sack an den Müllabgabe­stellen überprüft. Wer Müll trennen will, macht das, wer das nicht will, wird es nicht tun – ob Sack, Tonne, Abholung oder Wegbringen.

Eine Schwierigk­eit, die allerdings wirklich durch die Umstellung entsteht: Die Vereine, die am Wertstoffh­of am Südring Personal zur Verfügung stellen, erhalten dafür städtische Gewinne aus den Wertstoffe­n und dem Altpapier, wobei Plastikmül­l deutlich mehr Geld bringt. Ob ohne diese Einnahmequ­elle noch Freiwillig­e zu finden sind? Eher unwahrsche­inlich. Aber diese Kosten müssen in Kauf genommen werden für eine Umstellung, die für den Großteil der Bevölkerun­g nur Vorteile bringt.

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FOTO: SZ Selina Beck

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