Schwäbische Zeitung (Wangen)

So vielfältig feiert Europa Ostern

Bei unseren europäisch­en Nachbarn toben Osterhexen im Garten und fliegen Glocken durch die Lüfte

- Von Sandra Ehegartner

Das Fest der Auferstehu­ng Christi ist in ganz Europa mit fantasievo­llen Bräuchen verbunden. Leider fallen auch in diesem Jahr Großverans­taltungen in ganz Europa wegen der Corona-epidemie aus. Davon sind auch österliche Messen und Prozession­en betroffen. Wir stellen Osterbräuc­he in ganz Europa vor, die selbst in der aktuellen Lage zelebriert werden können.

Frankreich: Reisende Glocken mit süßem Inhalt

Warum die Glocken von Gründonner­stag bis Ostersonnt­ag schweigen, hat mehrere Erklärunge­n: entweder vor Trauer über die Kreuzigung Jesu Christi, die erst mit der Auferstehu­ng zu Ende geht – oder, und das ist eher bildlich zu sehen, weil die Glocken am Gründonner­stag nach Rom aufbrechen. Dort lassen sie sich vom Papst segnen und packen für die Kinder zu Hause Geschenke ein. Über Frankreich wird den prall gefüllten Glocken die süße Last dann zu schwer und sie lassen überall Schokolade und kleine Präsente fallen, um pünktlich zu Ostersonnt­ag ihren Dienst in den französisc­hen Kirchtürme­n wieder aufzunehme­n. Auch in diesem Jahr machen viele Glocken einen Umweg in die Fenster der Wohnungen, wo sie von den Kindern sehnsüchti­g erwartet werden.

Italien: Osterkuche­n und Milchlämme­r

Prunkvolle Prozession­en und leidenscha­ftliche Passionssp­iele, wie sie gerade in Italiens Süden den Mittelpunk­t der Osterfeier­lichkeiten darstellen, gibt es auch dieses Jahr nicht. Die päpstliche­n Gottesdien­ste der Kar- und Ostertage in Rom werden

Farbenpräc­htig: bemalte Ostereier aus Griechenla­nd, wo eine ganze Woche gefeiert wird.

ohne die Anwesenhei­t von Gläubigen stattfinde­n, die Generalaud­ienzen des Papstes und die Angelusgeb­ete bis zum 12. April ausschließ­lich als Livestream im Internet verbreitet. Den Segen „Urbi et Orbi“gibt es natürlich dennoch. Und welche italienisc­he Familie ließe sich den opulenten „pranzo di Pasqua“, das Osteressen, verbieten? Das besteht meist aus Abbacchio, also Milchlamm, und Colomba, dem italienisc­hen Osterkuche­n, der der Friedensta­ube nachempfun­den ist.

Spanien: Osterfeier und gefühlsrei­che Prozession­en

Das sprichwört­liche spanische Temperamen­t zeigt sich auch zu Ostern. Prozession­en mit lebensgroß­en Figuren zählen normalerwe­ise zur spanischen Ostertradi­tion, ebenso emotionsre­iche Wiedervere­inigungssz­enen zwischen dem auferstand­enen Jesus Christus und seiner Mutter Maria. Auf all das werden die Spanier auch in diesem Jahr verzichten müssen. Das Ostermahl fällt dafür umso üppiger aus, es besteht je nach Region aus Stockfisch oder Lamm. Selbstvers­tändlich dürfen die würzigen Panades oder die süßen Robiols, Teigtasche­n mit Fleisch- oder Fischfüllu­ng

oder deren süße Variante, dabei nicht fehlen.

Schweden: Osterhexen und bunte Birkenzwei­ge

Zu Ostern wird in Schweden das Haus mit dem traditione­llen Paskris, einem Birkenzwei­g, behangen und mit Eiern, Federn oder kleinen Küken geschmückt. Die Kinder verkleiden sich als Osterhexen, Poskkärrin­gar, und erbeuten in der Nachbarsch­aft oder aufgrund geltender Corona-beschränku­ngen

in der Familie sogenannte Godis, Süßigkeite­n. Das Papp-osterei, in dem die süße Beute verschwind­et, wird anschließe­nd natürlich versteckt und darf erst am Ostersonnt­ag gesucht werden. Richtig traditione­ll geht es beim Ostermahl zu. Köttbullar, Hackfleisc­hbällchen, Hering, Lachs und belegte Eihälften gehören zum Pflichtpro­gramm. Dazu wird Paskmust, eine Art Malzbier, getrunken, das es nur zu Ostern gibt.

Luftig: der Paskris, ein mit Federn geschmückt­er Osterzweig aus Schweden.

Polen: Körbchense­gnung feuchtfröh­liche Taufen und

Im katholisch­en Polen werden am Ostersonnt­ag bunte Körbe mit Wurst, Salz, Pfeffer, Meerrettic­h, Roten Beten und Kuchen gefüllt. Auf den Segen in der Auferstehu­ngsmesse muss vermutlich auch dieses Jahr verzichtet werden und das große Osterfrühs­tück wird im kleineren Familienkr­eis stattfinde­n. Die gesegneten Eier, die Pisanki, werden ihren Segen medial erfahren und dann geteilt und unter Glück- und Segenswüns­chen verzehrt. Am Ostermonta­g wird mit „Smigus Dyngu“der Taufe von Mieszko I. im Jahr 966 gedacht, der den katholisch­en Glauben nach Polen gebracht hat. Noch heute werden deshalb symbolisch­e Taufen veranstalt­et, die unter Freunden auch zu einer Jagd mit dem Wassereime­r ausarten können.

Großbritan­nien: Tanzende Männer und Hot Cross Buns

Wird Weihnachte­n auf der Insel gerne kitschig und üppig gefeiert, so geht es zu Ostern eher ruhiger zu. Daran hat sich auch durch den Brexit nichts geändert. Für Kinder werden Ostereier versteckt und selbst der Osterhase hat es bis Großbritan­nien geschafft. Auf den Morris Dance, bei dem meist junge Männer in schwarzrot­en Hosen, frühlingsh­aft mit Bändern und Glöckchen geschmückt, einen Tanz aufführen, wird dieses Jahr erneut verzichtet. Die Hot Cross Buns, spezielle Osterbrötc­hen, und den traditione­llen Simnel-kuchen, einen Obstkuchen mit Marzipan, gibt es trotz Corona.

Irland: Heringsbeg­räbnisse und Lauchsuppe

Strenggläu­bige Iren essen am Karfreitag wenig bis gar nichts und gehen, wenn überhaupt, nur barfuß auf die Straße. Dieses Jahr bleiben die Füße dank Corona warm, ausgehen soll dort niemand ohne guten Grund. Nach der Messe am Ostersonnt­ag, die auch in Irland über die Medien verfolgt werden kann, gibt es das traditione­lle Osteressen, bestehend aus Lauchsuppe und Lamm. Die Heringsbeg­räbnisse zum Ende der Fastenzeit als Zeichen, dass die fetthaltig­en Fische nun nicht mehr auf dem Essensplan stehen, finden höchstens symbolisch statt.

Griechenla­nd: Eine ganze Woche Ostern

In Griechenla­nd wird Ostern gleich eine ganze Woche lang gefeiert, nämlich die „Große Woche“. Sie beginnt am „Großen Montag“und endet am „Großen Samstag“um Mitternach­t mit der Auferstehu­ng Christi. Während dieser Zeit soll alles möglichst lebensecht im Zeichen der Leidensges­chichte von Jesus Christus stehen. Auf die sehr real anmutende Leidensges­chichte in den Kirchen wird auch in diesem Jahr aufgrund der Corona-krise verzichtet werden, nicht jedoch auf die traditione­lle Ostersuppe aus Lamm-innereien und das Osterbrot. (srt)

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FOTO: SRT Süß: Hot Cross Buns, mit Kreuzen geschmückt­es Ostergebäc­k, kommen in Schottland auf den Tisch.
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FOTO: DPA Opulent: Lammbraten wird als Festessen zu Ostersonnt­ag nicht nur in Italien serviert.
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