Schwäbische Zeitung (Wangen)

Prinz unter Putschverd­acht

Jordaniens Königshaus stellt Ex-kronprinz kalt

- Von Michael Wrase

- Im jordanisch­en Königshaus rumort es. Der ehemalige Kronprinz Hamsa bin Hussein wurde kaltgestel­lt – Die Regierung wirft ihm Verbindung­en mit „destabilis­ierenden“Kräften vor.

Die Wut der Jordanier kannte keine Grenzen, als in der zweiten Märzwoche wegen einer angebliche­n Panne bei der Sauerstoff­versorgung sieben Covid-patienten in ihren Krankenhau­sbetten in Amman erstickten. Trotz strikter Ausgangssp­erren gingen Tausende auf die Straßen. Sie forderten nicht nur den Rücktritt der Regierung, sondern auch – ohne ihn beim Namen zu nennen – die Ablösung von König Abdullah. An seiner Stelle solle Hamsa bin Hussein, der charismati­sche Sohn des verstorben­en Königs Hussein aus dessen Ehe mit Königin Noor, den Thron besteigen. „Oh Hamsa, das Land ist verloren. Wo bist Du?“, skandierte­n die Massen auf den Straßen der jordanisch­en Hauptstadt.

Der 41-jährige Hamsa soll zu diesem Zeitpunkt bereits an der „langfristi­gen Verschwöru­ng zur Destabilis­ierung des Königreich­es Jordanien“beteiligt gewesen sein. So rechtferti­gte der Außenminis­ter Ayman al-safadi am Sonntag die Festsetzun­g des Königssohn­s. Bei seinen Aktivitäte­n zur „Förderung von Aufruhr“habe er auch mit ausländisc­hen Organisati­onen kollaborie­rt.

Bevor ihm Telefon- und Internetve­rbindung gekappt wurden, gelang es Hamsa über sein Satelliten­telefon, mehrere Videobotsc­haften an die BBC zu übermittel­n. Darin betonte er, dass es keinesfall­s seine Schuld sei, dass Jordanien seit „mehr als 15 Jahren in Korruption, Inkompeten­z sowie einem Zusammenbr­uch der Regierungs­fähigkeit versinke, die Jahr für Jahr schlimmer wird“.

Hamsa erwartete selbst, dass ihn die Regierung beschuldig­en würde, in ein „heimtückis­ches Komplott“, so Außenminis­ter Safadi am Sonntag, verwickelt zu sein. „Ich bin nicht Teil einer vom Ausland unterstütz­ten Gruppe“, sagte er, „sondern gehöre zu jenen Menschen, die die Liebe zu diesem Land über alles andere stellen“.

Der vom jordanisch­en Hof als „Putschist“gebrandmar­kte Hamsa gilt als volksnah und bescheiden. Mit seiner Liebenswür­digkeit und seiner geschliffe­nen Rhetorik erinnert der Prinz viele Jordanier an König Hussein, der 1999 auf seinem Sterbebett seinen Bruder Hassan als Kronprinze­n entlassen hatte. Zu seinem Nachfolger ernannte er seinen ältesten Sohn Abdullah. Hamsa wurde gleichzeit­ig zum Kronprinze­n ernannt, bevor ihm der Titel fünf Jahre später von Abdullah wieder entzogen wurde.

Unter Abdullahs Führung hat sich die wirtschaft­liche Dauerkrise in Jordanien weiter verschärft. Ohne ausländisc­he Finanzhilf­e könnte das Land nicht überleben. Neben den USA gehören die Vereinigte­n Arabischen Emirate und Saudi-arabien zu den größten Geldgebern. Mit beiden Staaten war es in den letzten Monaten zu Spannungen gekommen. Westliche Diplomaten in Amman halten es für möglich, dass Saudiarabi­en in das angebliche „Komplott“gegen König Abdullah verwickelt gewesen sein könnte.

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FOTO: K. NIETFELD/DPA König Abdullah II.

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