Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wohnen unterm historisch­en Gebälk

Im denkmalges­chützten Haus am Rathauspla­tz Kempten entstehen Eigentumsw­ohnungen

- Von Jochen Sentner

- Ffp2-masken haben ihr Gutes – auch, wenn man sich auf Baustellen bewegt, wo der Staub aus Jahrhunder­ten durch die Luft wabert. Rathauspla­tz 11 ist eine solche Adresse. Das ehemalige Patrizierh­aus wird zurzeit entkernt und umgebaut. Nach den Vorgaben des Denkmalsch­utzes entstehen zehn Eigentumsw­ohnungen und im Erdgeschos­s zwei Gewerbeein­heiten.

Die frühesten Nachweise des Gebäudes reichen bis in das 14. Jahrhunder­t zurück. Forscher vermuten, dass an dieser Stelle ursprüngli­ch ein Steinhaus stand, das immer wieder erweitert und umgebaut wurde. Die Fachwerkst­ruktur lässt auf das Jahr 1551 schließen. Die zeitweilig­e Umnutzung

des Hauses als Bäckerei ab 1827 mit Ladenlokal im Parterre ist ebenfalls verbrieft.

„Aus dem 16. Jahrhunder­t sind Deckenbalk­en erhalten, die wir sichtbar in ein modernes Ambiente integriere­n“, sagt Diethard Forster, Geschäftsf­ührer des Bauunterne­hmens Qosy aus Isny. Das Unternehme­n verweist auf einige Erfahrung im Umgang mit historisch­en Objekten.

Ein- bis Dreieinhal­b-zimmerwohn­ungen mit Flächen von 52 bis 126 Quadratmet­ern entstehen in dem Altstadt-haus. Die Wohnungen bieten Ausblick auf den Rathauspla­tz oder sind zum Innenberei­ch hin ausgericht­et, dort mit Balkonen oder kleinem Garten. Einzelne Einheiten sind quasi durchs Gebäude gesteckt und bieten beide Blickricht­ungen.

Bis zum geplanten Bezug im Sommer 2022 ist aber noch einiges zu tun. Böden und Decken sehen teilweise aus, als hätte es im Haus schon mal gebrannt. Einige Balken hängen bedrohlich durch. Im Innenhof verschwind­en unter erhebliche­m Lärm alte Garagen.

Im Untergesch­oss sind alte Gewölbe zu entdecken. „Dort bekommt jeder Bewohner einen eigenen abschließb­aren Weinkeller“, erklärt Sebastian Igel bei einer Begehung. Er ist für den Vertrieb zuständig. Glanzlicht­er werden nach seinen Worten auch die Dachterras­sen. Holzfenste­r, Eichenpark­ett sowie restaurier­te Dielen sollen den Charme des Altbaus unterstrei­chen. Für zeitgemäße­n Wohnkomfor­t sorgen Fußbodenhe­izung und ein Aufzug bis ins erste Dachgescho­ss.

„Die meisten Wohnungen sind bereits verkauft“, sagt Igel. Die Kombinatio­n aus historisch­em Flair und modernem Wohnkomfor­t sei attraktiv für Kapitalanl­eger und Selbstnutz­er. Sie genießen auch einen Steuervort­eil, den der Fiskus für die Denkmalnut­zung gewährt. Die Preise liegen zwischen 296 000 und 780 000 Euro. Zuletzt waren noch eine 126-Quadratmet­er-wohnung über drei Etagen mit Dachterras­se sowie eine 100-Quadratmet­er-wohnung im ersten Obergescho­ss zu haben.

Wie es in engen Stadtkerne­n üblich ist, sind Parkplätze rar. Vier Stellplätz­e werden im Innenhof angelegt. Die Zufahrt erfolgt vom Rathauspla­tz durch das prägende Tor. Besonders breite Suv-autos sind dafür weniger geeignet.

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