Je später die Blüte, desto sicherer das Obst
Sachgerechter Baumschnitt ist gut für den Baum und den Ertrag des Folgejahres
- Ein entscheidender Schritt für einen guten Ertrag später bei der Ernte – auch im Folgejahr – ist das richtige Beschneiden der Obstbäume. Das gilt für die Obstbauern, aber auch für den Gartenbesitzer, der ein paar Obstbäume im Garten sein Eigen nennt.
Warum werden Bäume und Sträucher eigentlich geschnitten? Die Motivation ist vielfältig. So lässt sich durch Parks und große Gärten lustwandeln, in denen die Sträucher, aber auch Bäume kunstvoll zu Figuren geschnitten sind, was allerdings eine eher ungewöhnliche Abart des Baumschnitts darstellt. Für diejenigen, die auf möglichst gute Ernte der Früchte der Bäume und Sträucher hoffen, stellt der Beschnitt der Pflanzen eine ganz andere Rolle dar.
Florian Stocker, Obstbauer auf dem Taubenberg, führt durch verschiedene Obstbaumfelder und gibt dabei auch Tipps für andere Obstsorten.
„Grundsätzlich geht es darum: Der Baum ist praktisch eine Wasserleitung. Er holt durch den Stamm das Wasser hoch und hat zwei Endabnehmer: Blätter und Früchte“, erzählt der Obstbauer. Nun gehe es darum, das möglichst so zu verteilen, dass genug Blätter am Baum sind, aber nicht zu viele, die den Früchten das Sonnenlicht nehmen. Er sieht den Baum in drei Teilen: Da ist zum einen der Stamm, der wie erwähnt die Wasserleitung ist, von dem aus treiben Gerüstäste aus, aus denen wiederum die Fruchtträger sprießen. Damit nun die Gerüstäste nicht zu viel Licht den Fruchtträgern nahe am Stamm nehmen, werden die regelmäßig gestutzt. Im Obstbau ist ein schlanker Baum erwünscht, der lieber mehr in die Höhe wachsen darf und das Blattwerk vor allem oben hat, dafür aber genügend Licht für schön gefärbte Äpfel und süße Birnen trägt, auch seinen Nachbarbäumen kein Licht wegnimmt und der möglichst viel Wasser zu den Früchten transportiert.
Diese Tendenz, dem Baum mehr Höhe zu gestatten, kam vor rund zehn Jahren auf. Es muss im Obstbau ja stets ein Weg gefunden werden, einerseits wirtschaftlich arbeiten zu können, andererseits dem Baum ein gesundes Leben zu ermöglichen.
Über die Art und Weise des Baumschnittes befragt, lacht Stocker: „Stellen sie 20 Obstbauern um einen Baum und sie werden 25 Meinungen hören, wie das zu bewerkstelligen sei“. Da hat jeder seine Methode. Nach Stockers Überzeugung dürfen es pro Baum nicht allzu viele Schnitte sein, sonst bräuchte es mehr Personal, um alle Plantagen richtig zu bearbeiten, darunter leide dann die Wirtschaftlichkeit. „Wenn ich an jedem Baum 20 Schnitte mache, wie bei einer Fortbildung einst gezeigt, werde ich nie fertig und habe auch keinen Verdienst“, umschreibt er es bewusst drastisch, um das Dilemma zu verdeutlichen.
Dessen ungeachtet hat das richtige Umgehen mit dem Obstbaumschnitt auch noch eine ganz wichtige Bedeutung: „Mit dem aktuellen Schnitt beeinflusse ich die Blüte und den Ertrag fürs kommende Jahr“, erklärt Florian Stocker. Denn ein Baum, der im Vorjahr viel
Früchte getragen hat, benötigt in diesem Jahr eher eine Ruhepause, um dann im kommenden Jahr wieder richtig produktiv sein zu können. Und Bäume, die im Vorjahr wenig tragen mussten, geben dieses Jahr wieder Vollgas, brauchen aber im Folgejahr wieder Ruhe. Genau das lässt sich also mit dem richtigen Schnitt steuern. Das variiert ein wenig von Obstsorte zu Obstsorte.
Bei den Sträuchern ist das wieder ganz anders. So sollten die Johannisbeersträucher kräftig zurückgeschnitten werden, was auch für die Stachelbeere und die Himbeere gelte. Hier sollte also möglichst wenig Strauch verholzen, um reichlich Früchte hervorzubringen, erklärt Obstbauer Florian Stocker.
Noch vor Ostern wurde in den Obstbaumplantagen fleißig geschnitten. Mit dem warmen Wetter kamen dann die ersten Blütenansätze. Mit der Kälte der vergangnen Tage ist der Austrieb wieder etwas ins Stocken geraten. „Das ist uns sehr recht, wenn die Blüte nicht zu früh stattfindet“, findet auch Florian Stocker. Es beruhigt ihn, dass die Temperaturen erst einmal wieder etwas zurückgehen. Denn nach der Blüte beginnt eine ganz kritische Zeit, in der Nachtfröste dafür sorgen können, dass die ganze mühevolle Arbeit umsonst war, wenn nämlich der Frost die Blüte erfrieren ließ. Daher gilt die Devise, je später die Blüte, desto sicherer das Obst.