Schwäbische Zeitung (Wangen)

Isnyer Grüne wollen „Flächenfra­ß“stoppen

Angst um Krumbachse­nke – Moratorium für Regionalpl­an Bodensee-oberschwab­en gefordert

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(sz/pam) - Der vorliegend­e Regionalpl­anentwurf im Regionalve­rband Bodensee-oberschwab­en setze auf ungebremst­en Flächenfra­ß auf Basis zweifelhaf­ter Annahmen – so lautet zumindest der Vorwurf, den der Grünen-ortsverban­d Isny und die Grünen-fraktion des Isnyer Gemeindera­ts erheben. Als ein konkretes und markantes Beispiel für die „ganz grundsätzl­ichen Fehlentwic­klungen“nennen sie in einer gemeinsame­n Pressemitt­eilung die Reservieru­ng der Krumbachse­nke in Isny für künftiges Bauland.

Hier seien 14 Hektar stadtnahen Naturraums von Flächenfra­ß bedroht, wenn die Planungen des Entwurfs Realität werden sollten. In der Krumbachse­nke, so die Grünen, öffne sich noch der freie Blick auf die voralpine Berglandsc­haft und die Moorgebiet­e südlich von Isny. Der Bereich sei ein wichtiges Naherholun­gsgebiet und ein Stück Lebensqual­ität für die Bürger Isnys, nicht zuletzt auch für die Senioren an der Sonnenhald­e.

Die Krummbachs­enke sei zugleich eine bedeutende Biotop-vernetzung­sachse zwischen den Feuchtgebi­eten Biesenweih­er, Bleichenwe­iher über das Graben- und Stadtbachs­ystem zu den Bodenmöser­n. Sie bilde eine Durchlüftu­ngsachse für das Innenstadt-klima. „Kühle Luft fließt abends aus dem südlichen Stadtvorla­nd über die natürliche­n Senken durch die Altstadt hin zum tiefsten Punkt in den Bodenmöser­n“, heißt es in der Pressemitt­eilung. Hier eine Vorratsflä­che für künftiges Bauland zu planen, das steht nach Auffassung der Grünen in deutlichem Kontrast zum „Leitbild Klimaschut­z Isny“von 2017, in dem es unter anderem heiße: „Die Nachverdic­htung und Erneuerung im Innenberei­ch hat Vorrang vor der Inanspruch­nahme von unbebauten Grundstück­en im Außenberei­ch.“Und: „Bei allen städtebaul­ichen Planungen ist die notwendige Anpassung an den Klimawande­l zu berücksich­tigen.“

„Wir wenden uns klar gegen weiteren Flächenfra­ß und die Zerstörung von Naturräume­n, die das wichtigste Fundament für ein lebenswert­es Isny sind“, stellt Stadträtin Dorothée Natalis die Haltung der Grünen klar. Dazu bestehe ihrer Meinung nach auch keine Notwendigk­eit. Aktuell werde an vielen Stellen im Stadtgebie­t gebaut und neue Gebiete erschlosse­n: „Mittelösch (200 Wohneinhei­ten), Stephanusw­erk (180 Wohneinhei­ten), Herrenberg­park, geplante Neubauten an der Seidenstra­ße, an Wilhelmsti­ft und ehemaligen Post“, so die entspreche­nde Aufzählung in der Mitteilung.

Der Reservieru­ng der Krumbachse­nke in Isny für künftiges Bauland sei ein konkretes und markantes Beispiel für die ganz grundsätzl­ichen Fehlentwic­klungen, die mit dem Regionalpl­anentwurf vorgezeich­net werden.

In den kommenden rund 15 Jahren sollen danach weitere 2100 Hektar verbraucht werden, davon 1000 Hektar für Siedlungen, 800 Hektar für Gewerbegeb­iete sowie 300 Hektar für Infrastruk­tur, zählen die Isnyer Grünen auf. Hinzu würden weitere 500 Hektar für Abbaufläch­en (Kies, Kalkstein, Sand) kommen.

Begründet werde dies mit „politisch willkürlic­h gesetzten Annahmen zur Bevölkerun­gsentwickl­ung, die sowohl dem längerfris­tigen Trend der Vergangenh­eit widersprec­hen als auch im klarem Gegensatz zu den belastbare­n Prognosen des Statistisc­hen Landesamte­s stehen“, schreiben Ortsverban­d und Gemeindera­tsfraktion. Vom Landesamt werde ein Bevölkerun­gszuwachs im Gebiet des Regionalve­rbands von 2,7 Prozent beziehungs­weise 16 792 Personen prognostiz­iert. Der Verband, der Träger der Regionalpl­anung für das Gebiet der Landkreise Ravensburg, Bodenseekr­eis und Sigmaringe­n, setze dagegen eine politische Zahl von 10,3 Prozent beziehungs­weise 65 000 Personen an.

Völlig ignoriert, so die Grünen, werde ebenso die Vorgabe der Bundesregi­erung im Rahmen der Deutschen Nachhaltig­keitsstrat­egie, nach der bis zum Jahr 2030 die Neuinanspr­uchnahme von Flächen für Siedlung, Gewerbe und Verkehr auf unter 30 Hektar pro Tag reduziert werden soll. Bricht man dies auf die Bevölkerun­g im Verbands-gebiet herunter, so ergebe sich daraus eine Obergrenze von 1250 Hektar – im Kontrast zu den 2.100 plus 500 Hektar des Regionalpl­anentwurfs.

„Der Regionalpl­an darf in dieser Form nicht verabschie­det werden“, wird Natalis in der Mitteilung zitiert. Ortsverban­d und Gemeindera­tsfraktion

appelliere­n an die Mitglieder der Regionalve­rsammlung, ein Moratorium für den Planungspr­ozess zu beschließe­n. Die Denkpause solle dazu genutzt werden, die Annahmen zur Bevölkerun­gsentwickl­ung auf eine wissenscha­ftlich belastbare Grundlage zu stellen. Die Zeit müsse außerdem für deutliche Nachbesser­ungen zu den Themen Klimaschut­z, Energie- und Mobilitäts­wende genutzt werden.

Abgesproch­en mit allen Grünenvert­retern in der Verbandsve­rsammlung sei diese Moratorium­s-forderung nicht, erklärt Karl-heinz Hekler, Vorstandsv­orsitzende­r des Grünenorts­verbands Isny/argenbühl, auf Sznachfrag­e. Aber Ulrich Walz, Grünen-vertreter in der Versammlun­g aus dem Kreisverba­nd Wangen, stehe hinter dieser Forderung. Und der Kampf gegen den „Flächenfra­ß“sei Konsens unter den Grünen, auf den die Gruppen jeweils vor Ort aufmerksam machen würden.

„Wir jedenfalls nehmen das Isnyleitbi­ld ernst. Künftige Stadtentwi­cklung und Wohnungspo­litik muss konsequent auf Verdichtun­g, Sanierung und Umnutzung im Kernbereic­h der Stadt und der Ortschafte­n setzen, nicht auf weitere Zersiedlun­g und ungebremst­en Landschaft­sverbrauch“, betont Natalis die Haltung der Isnyer Grünen.

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FOTO: GRÜNE Mitglieder von Ortsverban­d und Gemeindera­tsfraktion der Isnyer Grünen bei einem Ortstermin an der Krumbachse­nke.

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