Bitte nicht vordrängeln!
Eigentlich oder hoffentlich hat man es schon in der Kinderstube erlernt: Vordrängeln ziemt sich nicht. Nicht an der Supermarktkasse, nicht an der Bushaltestelle – und auch nicht jetzt beim Impfen. Ein Arzt hat es diese Woche auch in der „Schwäbischen Zeitung“beim Namen genannt, jenes Vordränglersymptom, das nicht zuletzt auch bei den Ärzten angekommen ist – in teils alles andere als netten Anrufen.
Ja, jeder will geimpft werden und das schnell. Und: Nein, ich hätte sie nicht festlegen wollen, die Priorisierungsliste, nach der das jetzt geschehen soll und wird. Dennoch steckt meiner Meinung nach hinter der Empfehlung der Ständigen Impfkommission und deren politischer Umsetzung so ein bisschen der erkennbare Wunsch, es möglichst vielen recht zu machen. Die Liste jener, die unter die Priorisierung zwei fallen, ist zumindest eine lange. Und nicht unterschieden wird (und kann in der Kürze der Zeit auch nicht), wer denn wirklich eine solche Eile benötigt und wer auch noch relativ risikoarm ein paar Tage zuwarten kann. Das Ergebnis dieser Einteilung landet jetzt teilweise auch bei den Ärzten, die alle für sich eine Prioritätenliste erstellt haben – auf der Grundlage des vorhandenen Impfstoffes und der zu impfenden Patienten. Bei vielen können Prio-zwei-patienten noch gar nicht geimpft werden, solange noch Prioeins-patienten warten.
Falsch ist es aber, bei den Ärzten den Frust abzuladen, nur weil die Politik mit ihrer Priorisierung Erwartungen geschürt hat, die zumindest im Moment noch nicht erfüllt werden können. Zum Glück gibt es auch andere Erfahrungen. Zum Beispiel jene der Wangener Stadtverwaltung, die in den vergangenen beiden Tagen eine Menge Anrufe zu verkraften hatte angesichts der frohen Kunde weiterer Impfdosen, die am kommenden Dienstag verimpft werden sollen. Nicht nur jene, die einen Termin ergatterten, zeigten sich erfreut. Auch alle Abgelehnten reagierten mit Freundlichkeit und Verständnis, heißt es aus der Stadtverwaltung.
Das ist gut so, denn bei allem eigenen Interesse sollte wirklich jeder für sich abwägen, ob es denn gar so dringend ist, selbst zum Zuge zu kommen. Klar sein muss man sich immer, dass man gegebenenfalls anderen Menschen die Impfung dadurch nicht ermöglicht. So sind zum Beispiel längst noch nicht alle Helfer geimpft, die Samstag für Samstag in der Drk-teststation der Sporthalle ihren Dienst verrichten. Und während in anderen Ländern bereits Prio-drei-impfwillige zum Zuge kommen, warten in Baden-württemberg – oder zumindest hier in Wangen – noch viele über 80Jährige auf ihren Piks.
Das Schöne ist: Es wird ein vorübergehendes Problem sein und bleiben. Denn mit der zunehmenden Menge an Impfstoff können (hoffentlich) schon bald alle ihre Ärmel hochkrempeln. Zumindest dieses Ziel rückt in erreichbare Nähe. „Geduld, Vernunft und Zeit macht die Unmöglichkeit“, sagte schon Simon Dach, Dichter der Barockzeit. Bitte denken Sie daran: Drängeln Sie nach Möglichkeit nicht vor. Und bleiben Sie freundlich und gelassen. Das und ein schönes Wochenende wünscht Ihnen Susi Weber.