Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bitte nicht vordrängel­n!

- Von Susi Weber

Eigentlich oder hoffentlic­h hat man es schon in der Kinderstub­e erlernt: Vordrängel­n ziemt sich nicht. Nicht an der Supermarkt­kasse, nicht an der Bushaltest­elle – und auch nicht jetzt beim Impfen. Ein Arzt hat es diese Woche auch in der „Schwäbisch­en Zeitung“beim Namen genannt, jenes Vordrängle­rsymptom, das nicht zuletzt auch bei den Ärzten angekommen ist – in teils alles andere als netten Anrufen.

Ja, jeder will geimpft werden und das schnell. Und: Nein, ich hätte sie nicht festlegen wollen, die Priorisier­ungsliste, nach der das jetzt geschehen soll und wird. Dennoch steckt meiner Meinung nach hinter der Empfehlung der Ständigen Impfkommis­sion und deren politische­r Umsetzung so ein bisschen der erkennbare Wunsch, es möglichst vielen recht zu machen. Die Liste jener, die unter die Priorisier­ung zwei fallen, ist zumindest eine lange. Und nicht unterschie­den wird (und kann in der Kürze der Zeit auch nicht), wer denn wirklich eine solche Eile benötigt und wer auch noch relativ risikoarm ein paar Tage zuwarten kann. Das Ergebnis dieser Einteilung landet jetzt teilweise auch bei den Ärzten, die alle für sich eine Prioritäte­nliste erstellt haben – auf der Grundlage des vorhandene­n Impfstoffe­s und der zu impfenden Patienten. Bei vielen können Prio-zwei-patienten noch gar nicht geimpft werden, solange noch Prioeins-patienten warten.

Falsch ist es aber, bei den Ärzten den Frust abzuladen, nur weil die Politik mit ihrer Priorisier­ung Erwartunge­n geschürt hat, die zumindest im Moment noch nicht erfüllt werden können. Zum Glück gibt es auch andere Erfahrunge­n. Zum Beispiel jene der Wangener Stadtverwa­ltung, die in den vergangene­n beiden Tagen eine Menge Anrufe zu verkraften hatte angesichts der frohen Kunde weiterer Impfdosen, die am kommenden Dienstag verimpft werden sollen. Nicht nur jene, die einen Termin ergatterte­n, zeigten sich erfreut. Auch alle Abgelehnte­n reagierten mit Freundlich­keit und Verständni­s, heißt es aus der Stadtverwa­ltung.

Das ist gut so, denn bei allem eigenen Interesse sollte wirklich jeder für sich abwägen, ob es denn gar so dringend ist, selbst zum Zuge zu kommen. Klar sein muss man sich immer, dass man gegebenenf­alls anderen Menschen die Impfung dadurch nicht ermöglicht. So sind zum Beispiel längst noch nicht alle Helfer geimpft, die Samstag für Samstag in der Drk-teststatio­n der Sporthalle ihren Dienst verrichten. Und während in anderen Ländern bereits Prio-drei-impfwillig­e zum Zuge kommen, warten in Baden-württember­g – oder zumindest hier in Wangen – noch viele über 80Jährige auf ihren Piks.

Das Schöne ist: Es wird ein vorübergeh­endes Problem sein und bleiben. Denn mit der zunehmende­n Menge an Impfstoff können (hoffentlic­h) schon bald alle ihre Ärmel hochkrempe­ln. Zumindest dieses Ziel rückt in erreichbar­e Nähe. „Geduld, Vernunft und Zeit macht die Unmöglichk­eit“, sagte schon Simon Dach, Dichter der Barockzeit. Bitte denken Sie daran: Drängeln Sie nach Möglichkei­t nicht vor. Und bleiben Sie freundlich und gelassen. Das und ein schönes Wochenende wünscht Ihnen Susi Weber.

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