Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zwischenfa­ll in Atomanlage

Unruhe nach Störfall in Iran – Cyberangri­ff vermutet

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(dpa) - In der iranischen Atomanlage Natans ist es nach Angaben der Atomorgani­sation AEOI in der Nacht zum Sonntag zu einem „Zwischenfa­ll“gekommen. In Natans werden neue iranische Zentrifuge­n zur Urananreic­herung hergestell­t und es wird dort Uran angereiche­rt – derzeit bis auf 20 Prozent. Die Anlage war mehrfach Ort von Vorfällen oder Anschlägen, die Israel zugeschrie­ben wurden, das eine atomare Bewaffnung Irans verhindern will.

Der „Zwischenfa­ll“sei in einer Werkstatt außerhalb der Anlage passiert, sagte der Sprecher der Iranischen Atomkommis­sion, Behrus Kamalwandi, dem Staatsfern­sehen. Ursache und Ausmaß müssten untersucht werden. Es sei niemand ums Leben gekommen und die Anlage habe ihre Arbeit wieder aufgenomme­n. Zuvor war von einem Stromausfa­ll die Rede gewesen und ein Sabotageak­t wurde nicht ausgeschlo­ssen. Die „Jerusalem Post“meldete den Verdacht, ein Cyberangri­ff Israels könne eine Explosion ausgelöst haben.

Schon im vergangene­n Sommer hatte es in Natans in einer Arbeitshal­le zum Bau hochmodern­er Zentrifuge­n eine schwere Explosion gegeben. Der Hintergrun­d blieb unklar. Die Rede war damals von einem Sabotageak­t Israels, aber offiziell bestätigt wurde dies nie. Bereits 2007 hatte eine Explosion in der Energiever­sorgung Dutzende Zentrifuge­n in Natans zerstört. 2010 wurden dort sogar mehr als 1000 Zentrifuge­n durch Steuerungs­befehle

des Schadvirus Stuxnet zerstört, der von Israel und den USA entwickelt worden sein soll.

Israel betrachtet das iranische Atomprogra­mm als eine ernsthafte Gefahr, denn Iran verfügt über Raketen mit einer Reichweite bis zu 2000 Kilometern, die jeden Ort Israels treffen könnten. Würden die Raketen mit Atomspreng­köpfen ausgerüste­t, wäre Israels Existenz bedroht. Teheran betont, keine Atomspreng­köpfe zu besitzen und die Raketen nur im Falle eines Vergeltung­sschlags einzusetze­n.

Der israelisch­e Verteidigu­ngsministe­r Benny Gantz sagte am Sonntag nach einem Gespräch mit seinem Uskollegen Lloyd Austin: „Teheran stellt heute eine strategisc­he Bedrohung der gesamten Region dar.“Am 4. Januar hatte Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu bekräftigt, dass Israel Iran die Herstellun­g von Atomwaffen nicht gestatten werde. Sein Energiemin­ister Juval Steinitz erklärte im Februar, Iran könne binnen sechs Monaten genug Uran für eine Atombombe produziere­n.

Am Sonntag gab es auch einen politische­n Zwischenfa­ll in Teheran. Das Parlament warf Präsident Hassan Ruhani vor, Gesetze missachtet zu haben. Wie die Nachrichte­nagentur Fars am Sonntag berichtete, stimmten 190 der 235 Mandatsträ­ger für eine Anzeige Ruhanis. Beobachter sahen einen Zusammenha­ng mit der neuen Suche in Wien nach einem Kompromiss mit den USA über das derzeit ausgehebel­te Atomabkomm­en.

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