Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bei Trennung droht ein hoher Verlust

Zur verlustrei­chen Kündigung einer Lebensvers­icherung gibt es einige Alternativ­en

- Von Thomas Spengler

- Wer bei einem Versichere­r eine Kapitalleb­enspolice abschließt, geht in der Regel eine langlaufen­de Liaison ein. Will man sich wieder trennen, verhält es sich wie bei einer Ehescheidu­ng – als Sparer muss man mit erhebliche­n finanziell­en Verlusten rechnen. Tatsächlic­h halten bei etwa der Hälfte der Lebensvers­icherungen die Kunden nicht bis zum vertraglic­h vorgesehen­en Termin durch. Grundsätzl­ich kann eine Lebensvers­icherung zwar jederzeit zum Ende der Versicheru­ngsperiode gekündigt werden. Doch der sogenannte Rückkaufsw­ert, den der Kunde dann ausbezahlt bekommt, bleibt häufig deutlich unter dem, was an Prämien eingezahlt wurde. Dies liegt daran, dass für den Rückkaufsw­ert nur das bis zu diesem Zeitpunkt gebildete Kapital aus dem Versicheru­ngsvertrag beachtet wird. Andere Kosten zur Absicherun­g des Todesfallr­isikos, zur Finanzieru­ng der Abschlussp­rovision und des Vertriebs sowie zur Deckung der laufenden Verwaltung­skosten werden abgezogen. Eine Rückerstat­tung der Kosten findet also nicht statt, außerdem fallen Überschüss­e und Schlussbon­us weg. Erst recht, wenn man sehr früh kündigt, schlagen die Anfangskos­ten wie die Abschlussp­rovision stark zu Buche. Die Kündigung ist daher laut den Verbrauche­rberatern von Finanztip die teuerste Möglichkei­t, um aus einer Kapitalleb­ensversich­erung wieder auszusteig­en.

Eine Kündigung macht also aus Sicht des Versichert­en kaum einen Sinn. Denn dies bedeutet meist einen hohen Verlust und stellt häufig die teuerste Möglichkei­t dar, um aus einem Vertrag auszusteig­en. Aber es gibt Alternativ­en zur Kündigung. Eine davon ist der Verkauf der Police, was sich lohnen kann, wenn man kurzfristi­g Barmittel benötigt und nicht an der Police festhalten möchte. Eine solche Veräußerun­g läuft über spezialisi­erte Ankäufer ab, wofür es ein paar Voraussetz­ungen geben muss: Rückkaufsw­ert, Restlaufze­it oder Garantiezi­ns der Police entscheide­n darüber, ob die Versicheru­ng für den Käufer von Interesse ist. Dieser übernimmt schließlic­h mit dem Kauf den Vertrag mit allen Rechten und Pflichten und hält diesen in der Regel bis zum Ende der Laufzeit. Dafür zahlt er dem Versichert­en meistens drei bis fünf Prozent über dem Rückkaufsw­ert der Versicheru­ng. Sofern ein Verkauf infrage kommt, empfiehlt sich der Vergleich mehrerer Anbieter. CFI Fairpay, Cashlife, Partner in Life, Policen Direkt oder Winninger sind auf diesem Zweitmarkt tätig.

Alternativ kann die Lebensvers­icherung auch beliehen werden, um ein Darlehen aufzunehme­n, das mit dem Rückkaufsw­ert des Vertrags besichert wird. Wer hierbei nur kurzfristi­g Cash benötigt, sollte an der Police selbst aber festhalten. Denn unterm Strich kann ein solches Darlehen relativ teuer sein. Darüber hinaus ist auch eine Verkürzung der Vertragsla­ufzeit möglich. Dies kann sich anbieten, wenn sich persönlich­e Zukunftspl­äne ändern und man bereits etwas früher auf die Liquidität angewiesen ist. In diesem Fall muss die Versicheru­ng grünes Licht für die Änderung geben. Ähnliches gilt für die Möglichkei­t, die Lebensvers­icherung vorübergeh­end oder bis Laufzeiten­de beitragsfr­ei zu stellen. Dies bietet sich etwa bei kurzfristi­gen Liquidität­sengpässen an oder wenn der Versicheru­ngsbeitrag beispielsw­eise für eine andere Finanzieru­ng benötigt wird, die Versicheru­ng aber weitergefü­hrt werden soll.

Ansonsten gibt es die Möglichkei­t den Widerrufsj­oker zu ziehen, dessen möglicher Einsatz von mehreren Bgh-urteilen bestätigt worden ist. Demnach können Kunden ihren alten Verträgen, die zwischen dem 29. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 nach dem Policen-modell abgeschlos­sen wurden, noch widersprec­hen, weil sie einst gar nicht oder fehlerhaft über ihr Widerrufsr­echt belehrt worden sind. Besonders interessan­t für die Kunden: „Bei einem Widerspruc­h muss der Versichere­r regelmäßig wesentlich mehr zurückzahl­en als im Fall einer Kündigung“, sagt Finanztip-expertin Britta Beate Schön. Ein erfolgreic­her Widerspruc­h führt dann zur Rückabwick­lung. Das heißt, Versichert­e bekommen ihre Beiträge zurück, inklusive Zinsen. Der Versichere­r darf unter Umständen bestimmte Posten davon abziehen. Selbst wenn man seinen Vertrag gekündigt und einen Rückkaufsw­ert erhalten hat, kann man noch immer widersprec­hen und auf die Rückabwick­lung insistiere­n.

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FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Versicheru­ngsnehmer bei der Prüfung des Kleingedru­ckten: Eine Kündigung eines einmal abgeschlos­senen Vertrages ist in den meisten Fällen die teuerste Möglichkei­t, aus der Police auszusteig­en.
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