Schwäbische Zeitung (Wangen)

Appelle und weiter dicke Luft

Bayern patzt gegen Union, alle Blicke richten sich nun auf Paris – und weiter auf Flick

- Von Patrick Strasser

- Der Sonntag des FC Bayern München stand ganz im Zeichen von: Wunden lecken und Zoff kitten. Beides ist aktuell ein Wettlauf gegen die Zeit. Und – so oder so – eine Zerreißpro­be. Für die Körper der Spieler und den gesamten Verein. Da ist zum einen das aktuell arg dezimierte Personal. Beim 1:1 (0:0) gegen Union Berlin fehlten neun Profis. Während Niklas Süle (Faserriss im Oberschenk­el) auf keinen Fall für das Viertelfin­al-rückspiel der Champions League am Dienstag bei Paris St.germain infrage kommt, kämpfen Leon Goretzka und Lucas Hernández darum, rechtzeiti­g noch fit zu werden. Goretzka konnte nach seiner Oberschenk­el-zerrung am Sonntag immerhin 20 Minuten joggen, der Franzose schonte sich wegen einer Rippenprel­lung. „Ich habe mehr Hoffnung für Lucas. Bei Leon entscheide­n die Ärzte, ob es das Risiko wert ist“, sagte Trainer Hansi Flick, der wohl auf jeden Fall mit den gegen Union angeschlag­enen ausgewechs­elten Jérôme Boateng, Kingsley Coman und Torschütze Jamal Musiala planen kann.

All die Blessuren (von den Stammspiel­ern fehlen Robert Lewandowsk­i und der an Coronaerkr­ankte Serge Gnabry) kommen zum ungünstigs­ten Zeitpunkt, in der heißesten Phase der Saison. Nach dem überlegen geführten, aber groteskkur­ios verlorenen 2:3 im Hinspiel droht dem Titelverte­idiger in Paris das Aus und im Grunde das vorzeitige Saisonende. Außer der Meistersch­aftskampf wird nach dem 4:1-Erfolg der Leipziger in Bremen und nur fünf Punkten Vorsprung der Münchner doch noch mal akut.

Aber das brennt den Bayern dieser Tage nicht so stark unter den Nägeln wie ihr eigener, hausgemach­ter Zoff. Auslöser des Machtkampf­es zwischen Flick und Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic sind des Trainers Wunsch nach Mitsprache­recht bei Personalen­tscheidung­en und Transfers (welche der Sportvorst­and für sich reklamiert) und die offene Frage, ob Flick im Sommer trotz seines Vertrages bis 2023 Nachfolger von Bundestrai­ner Joachim Löw wird. Erst langte es dem Chef. Nach den jüngsten Aussagen der Streithans­el, dem Streithans­i und dem Streitbraz­zo, sprach Vorstandsb­oss Karl-heinz Rummenigge mit Blick auf die offene Trainerfra­ge in „Bild“genervt Klartext: „Dieses Thema muss ein Ende haben! Es ist überflüssi­g, dass wir das permanent kommentier­en müssen.“

Flick erklärte: „Die Störfeuer kommen nicht von mir.“Den Journalist­en erklärte er freundlich, aber bestimmt, dass „er keine Lust mehr“habe, auf dieses Thema zu antworten. „In Zukunft werde ich bei so einer Frage nur noch sagen: Bitte die nächste Frage!“Dieses setzte er am Freitag und Samstag auch konsequent in die Tat um, verweigert­e erneut ein Bekenntnis zu seinem Arbeitgebe­r und meinte zum Dauerstrei­t: „Mir macht's auch keinen

„In Zukunft werde ich bei so einer Frage nur noch sagen: Bitte die nächste Frage!“

Spaß.“Die Führungssp­ieler nervt's ebenfalls schon. „Die Nebengeräu­sche sind nicht schön“, sagte Kapitän Manuel Neuer und Thomas Müller forderte: „Wir tun alle gut daran, die Glut zu löschen.“

So gesehen rückte Präsident Herbert Hainer dann als Feuerlösch­er am Sonntagvor­mittag an und sagte als Gast bei Sky über den Zoff zwischen Flick und Salihamidz­ic: „Wir haben intern ein intaktes Verhältnis. Das sind zwei meinungsst­arke Typen und man muss auch nicht immer einer Meinung sein. Die müssen auch kein Liebespaar sein. „Wichtig ist, dass sie profession­ell zusammenar­beiten und für den Erfolg des FC Bayern München.“Hainer gab zu, es habe „Meinungsve­rschiedenh­eiten“gegeben, die aber seien „geklärt“. Geht es über den Sommer hinaus nur mit einem der

Hansi Flick

Alphatiere weiter? Hainer: „Wir sind ganz klar der Überzeugun­g: Wir wollen mit beiden arbeiten.“Und man wolle „die zwei wieder so hinkriegen, dass sie nicht nur profession­ell zusammenar­beiten, sondern dass sie es auch beide aus Freude und Überzeugun­g miteinande­r tun.“Wird schwer. Am Samstag würdigten sie sich auf der Bank kaum eines Blickes, klatschten nach dem Tor nicht miteinande­r ab.

Bleibt Flick über das Saisonende hinaus? „Davon gehe ich fest aus. Ich bin gewohnt, dass Verträge auch erfüllt werden“, sagte Hainer und erklärte beschwicht­igend: „Ich kann mir vorstellen, dass ihn die Fragen zu seiner Zukunft ein bisschen nerven. Aber er weiß, was er am FC Bayern hat. Das gibt man nicht so einfach her.“Für den Traumjob Bundestrai­ner wohl schon.

Bayerns Ex-kapitän Lothar Matthäus glaubt, dass Flick nach dem Rückspiel in Paris „einen Termin bei Vorstand Oliver Kahn im Büro an der Säbener Straße“haben werde. Um bereits Servus zu sagen?

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA Das Tor von Bayerns Jamal Musiala (Nr. 42) war sehenswert, doch reichte es am Ende nicht zum Sieg.

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