Gesundheitsamt: „Es gibt ein Restrisiko“
Im Landkreis Ravensburg gibt es sechs Menschen, die zum zweiten Mal an Corona erkrankten
- Der Fall einer Wangenerin zeigt: Eine durchgemachte Corona-erkrankung muss nicht zwingend ein absoluter Schutz gegen eine erneute Erkrankung sein. Dr. Michael Föll, Leiter des Gesundheitsamtes, stand Susi Weber Rede und Antwort.
Wie viele Fälle einer zweiten Infektion im Landkreis Ravensburg sind Ihnen bekannt?
Unter den rund 9000 uns gemeldeten Erkrankungen konnten wir sechs Fälle identifizieren, bei denen wir den Verdacht auf eine Zweiterkrankung haben.
Weshalb kann dies überhaupt geschehen?
Weil wir uns im Bereich der Biologie und nicht der Mechanik befinden. Menschen sind unterschiedlich. Es ist eine allgemeine Regel in der Infektiologie, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass man eine Krankheit auch ein zweites Mal bekommen kann. Nur die Wahrscheinlichkeiten sind unterschiedlich. Dies liegt an der Antigenität der Erkrankung. So herrscht beispielsweise bei den Masern in der Medizin eigentlich die eiserne Regel, dass man diese Erkrankung, die mit einer hohen Immunität einhergeht, kein zweites Mal bekommen kann. Ich habe in meiner Studienzeit
aber selbst eine hoch betagte Dame erlebt, die die Krankheit zum zweiten Mal durchmachte. Bei Corona geht man von einer hohen Immunität aus – aber eben nicht von 100 Prozent. Wie bei der Grippe gibt es bei Corona verschiedene Varianten. Im Moment herrscht hierzulande die britische Variante vor, die nicht identisch zum „Wildtyp“ist. Die Immunität gegenüber den „Wildtyp“ist dann in manchen Fällen nicht ausreichend.
Und wie bei der Grippe ist man eventuell nicht für den Rest des Lebens immun, sondern – statistisch gesehen – nur zu einem gewissen Grad geschützt.
Bedeutet dies, dass das die Annahme einer Immunität nach einer Corona-erkrankung über den Haufen wirft?
Immunität kann man nicht mit alles oder nichts, schwarz oder weiß, definieren. Das wäre aus medizinischer Sicht nicht korrekt. Letztlich kann es auch eine Frage der Dosis sein, durch die das Immunsystem überlastet wird. Bei Corona hat man bei einer – seltenen – erneuten Erkrankung in der Regel einen milderen und kürzeren Verlauf.
Immer mehr wird auch beobachtet, dass sich Geimpfte ebenfalls anstecken. Wie groß ist dieses Risiko?
Gering. Die Wirksamkeit der Impfung wird mit 90 Prozent angegeben. Das heißt: Es gibt ein Restrisiko, aber nichts auf dieser Welt ist hundertprozentig. Ich bin gottfroh, dass die Zahl der möglichen Erkrankungen um 90 Prozent gesenkt werden kann. Auch hier gilt: Erkrankt jemand mit einer Impfung, ist der Verlauf in der Regel kürzer und milder. Und: Die betroffenen Menschen sind hoffentlich weniger ansteckend.