Befallene Bäume: Lee packt an
Ein Rückepferd leistet derzeit ganze Arbeit im Seewald in Friedrichshafen – und bewahrt die Ruhe
- Lee ist ein sogenanntes Rückepferd, das in schwer zugänglichen Wäldern dort zum Einsatz kommt, wo große Fahrzeuge fehl am Platz sind und wo die Entnahme von geschädigten Bäumen und regulären Hölzern möglichst boden- und bestandsschonend ablaufen soll. Seine Aufgabe: Käferholz aus dem Seewald räumen.
Borkenkäfer und Eschentriebsterben bereiten vielen Waldbeständen mit hohen Anteilen an Fichten und Eschen ein frühzeitiges Ende. Um eine Ausbreitung zu verhindern, werden befallene Bäume gefällt und entnommen. Im Seewald wird derzeit der Einsatz eines Rückepferds für den Transport von schwächerem Käferholz mit langem Lieferweg erprobt.
Lee ist ein elfjähriger brauner Schwarzwälder. Ein Kaltblüter, der die nötige Gelassenheit mit sich bringt. Dass er seine Sache gut macht, wird auch dem ungeschulten Beobachter schnell klar. Das Pferd zieht die Baumstämme über den unebenen Waldboden bis zur nächsten Gasse, wo die Last dann von einem sogenannten „Forwarder“– einem Tragschlepper – aufgenommen werden kann. Bis zum Eineinhalbfachen seines Körpergewichts kann der 750 Kilogramm schwere Wallach kurzfristig ziehen.
„Aber das ist nicht Sinn der Sache“, betont seine Besitzerin Christel Erz, Pferdewirtschaftsmeisterin und Inhaberin der Firma „Rossnatur“in Laichingen auf der Schwäbischen Alb. Anders gesagt: Das Tier darf bei seiner schweren Arbeit nicht überfordert werden. Schließlich geht es nicht um kurzfristige Rekord-, sondern um Dauerleistungen – und um die gebotene Wendigkeit. Und zum insgesamt rund siebenstündigen Arbeitstag gehören natürlich auch entsprechend viele Pausen.
„Lee ist ein vollausgebildeter Meister seines Fachs“, erzählt Christel Erz. „Wenn er eingeschirrt ist, dann weiß er, dass er zum Dienst muss. Ebenso weiß er, dass er auf der Weide seine Freizeit genießen darf.“
Klar, dass es Lee an nichts fehlt. Heu darf er fressen, soviel er will. Mit Kraftfutter in Form von Hafer oder Luzernecops werde eher sparsam umgegangen, so Erz.
„Im Stadtwald sollen ungeplante Eingriffe grundsätzlich so gering wie möglich gehalten werden“, erklärt Revierleiterin Karin Beer. Für die Beseitigung von Käferholz kämen derzeit an verschiedenen Orten Pferde zum Einsatz. „Im Distrikt Weilerholz erproben wir den Einsatz des Rückepferds für den Transport von schwächerem Käferholz mit langem Lieferweg“, sagt die Revierleiterin.
Dass sich die Situation der Wälder auch im Jahr 2020 dramatisch verschlechtert hat, darüber gibt der „Waldzustandsbericht Baden-württemberg“Auskunft, der vor einigen Monaten von Forstminister Peter Hauk präsentiert wurde. Demnach war der Schädigungsgrad der Wälder nach den heißen und trockenen Sommern 2018 und 2019 bereits massiv angestiegen und hat nun ein bisher nicht erreichtes Ausmaß angenommen.
Anhaltender Trockenstress macht die Wälder anfällig gegenüber Schadinsekten – insbesondere profitiert davon der Borkenkäfer, der sich vor allem über große Fichtenbestände hermacht. Sorgen bereitet aber auch das Eschentriebsterben, das seit Beginn des Jahrtausends vermehrt beobachtet wird. Verantwortlich dafür ist der Pilz „Hymenoscyphus pseudoalbidus“(Falsches Weißes Stengelbecherchen), der über die Blattnarben oder abgestorbenen Seitenäste in die Triebe der Eschen eindringt und mittlerweile jüngere genauso wie auch ältere Bäume betrifft.
Von all diesen Problemen weiß Lee natürlich nichts. Aber er weiß, was er zu tun hat. Genauso wie Forstingenieur Johannes Eisele, dessen kurze und prägnante Anweisungen perfekt umgesetzt werden. Ein gut eingespieltes Team ist da am Werk, das sich in seiner verantwortlichen und nicht ungefährlichen Arbeit durch nichts und niemand aus der Ruhe bringen lässt. Und das ist sicherlich gut so.