Testen in der Schule beschäftigt sogar das Gericht
Wie eine Elternklage dazu führt, dass die Berger-höhe-schule Corona-tests zu Hause wieder erlaubt
- Das Thema „Testen an Schulen“sorgt in Wangen weiter für Diskussionsstoff. Denn: Gegen die einheitliche Linie in der Stadt, die für die Teilnahme am Präsenzunterricht einen Corona-test im Schulhaus voraussetzt, haben Eltern eines Grundschulkindes Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. Das Verfahren ist zwar noch nicht abgeschlossen, die Folgen aber schon sichtbar: Tests sind anstatt in der Schule jetzt auch zu Hause möglich. Wie es dazu kam und wie die Reaktionen ausfallen.
Seit vergangener Woche sind im Landkreis Ravensburg die Schülerinnen und Schüler aller Altersklassen im Wechselbetrieb wieder zurück in den Schulhäusern. Um dabei für höchstmögliche Sicherheit und Verlässlichkeit zu sorgen, hatten sich die Wangener Schulen in Absprache mit der Stadt für eine einheitliche Linie entschieden: Die Selbsttests werden nur in den Schulen durchgeführt. Wer das nicht will, darf auch nicht am Präsenzunterricht teilnehmen.
Hierbei stützten sich die Wangener Schulen auf ein Schreiben aus dem Kultusministerium zur „Umsetzung der Teststrategie“. Demnach „findet die angeleitete Selbsttestung in Abstimmung mit dem Schulträger in der Organisationshoheit und Verantwortung der Schule statt“. Die einheitliche Linie in der Stadt galt also auch für die städtischen Wangener Grundschulen, die laut Ministerium ansonsten selbst hätten entscheiden dürfen, ob die Tests von Erziehungsberechtigten zu Hause oder eben in der Schule erfolgen sollen. Dass sich der städtische Weg mit Tests ausschließlich in den Schulen bewährt habe, darüber waren sich laut Mitteilung der Stadt die Verantwortlichen bei einer Videokonferenz am Ende der ersten Präsenzwoche einig. Also alle zufrieden?
Nicht ganz. Denn ebenfalls vergangene Woche ging beim Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen eine Klage im Eilverfahren gegen das Land ein. Antragssteller sind nach Sz-informationen die Eltern eines Kinds aus der Berger-höhe-grundschule. Sie wollen, dass Tests auch zu
Hause möglich sein sollen. Und beziehen sich dem Vernehmen nach auf die gültige Corona-verordnung des Landes. Darin steht unter Paragraf 14b weiter unten gut ausformuliert, dass ein negativer Testnachweis auch durch „die Eigenbescheinigung der Erziehungsberechtigten nach ordnungsgemäß durchgeführtem Covid-19-schnelltest auf dem durch das Kultusministerium vorgegebenen Musterformular für Schülerinnen und Schüler der Grundschulen“erbracht werden kann.
An dieser Stelle stehe die Landesverordnung im Widerspruch zum Schreiben aus dem Kultusministerium, so Wangens OB Michael Lang auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Das könnte auch das Verwaltungsgericht so sehen, denn in einem Vergleichsvorschlag zur Klage soll nach Sz-informationen stehen, dass Corona-tests nun auch zu Hause möglich sein sollen. Das Eilverfahren sei noch nicht beendet, sagt ein Vg-sprecher und hält sich deshalb mit Informationen zurück. Erste Auswirkungen des Klageverfahrens gibt es aber schon. So soll das Regierungspräsidium in seiner Funktion als Schulbehörde das Ergebnis aus dem Klageverfahren quasi schon bestätigt haben und ist laut einem Sprecher abgestimmt mit dem Ministerium „in Kontakt mit der Wangener Schule“– verbunden mit dem Hinweis, dass vorerst ein Testen zu Hause möglich sein soll. Den gleichen Inhalt hat ein Schreiben an die Eltern der Berger-höhe-schule (BHS) von Anfang der Woche. Bis vom Kultusministerium geklärt sei, wie zu verfahren ist, wenn Eltern eine „Eigenbescheinigung der Testung zu Hause erbringen möchten“, sei es an der BHS ab sofort möglich, mit dem Kind zu Hause einen Selbsttest durchzuführen und dem Kind die Bestätigung mit dem online eingestellten Formular mitzugeben, schreibt Rektorin Petra Dreier.
Die Schulleiterin deutet in dem Elternbrief auch mögliche Auswirkungen an. „Falls Sie wegen dieser Änderung über die Sicherheit ihres Kindes in Sorge sind, können Sie bei der Klassenlehrerin erfragen, wie viele Kinder im Klassenverband testen und wie viele eine Eigenbescheinigung erbringen“, so Dreier. Und: „Davon könnte Ihre Entscheidung abhängen, ob Ihr Kind weiterhin am Präsenzunterricht teilnehmen kann.“
Eine Sorge, die Wangens Stadtoberhaupt teilt. „Ich hoffe, dass die Eltern das gute Vertrauen in die Schulen behalten“, sagt Michael Lang. „Das hilft uns, die Schulen offen zu halten.“Dabei verweist der Rathauschef auch auf die aktuellen Inzidenzwerte in der Region. Hier liegt der Landkreis Ravensburg derzeit meistens knapp unter der 165ermarke, bei der nach einer bestimmten Zeit Schulschließungen drohen. „Ein paar Fälle zusätzlich könnten die Situation kippen“, befürchtet Lang und hält für möglich, dass sich derzeit die Wangener Infektionszahlen
deshalb tendenziell positiv gegen den Trend entwickeln, weil sich das konsequente Testen in den städtischen Schulen etabliert habe.
„Ich würde das zutiefst bedauern, wenn der gemeinsame Weg der Wangener Schulen unterhöhlt wird“, sagt der geschäftsführende Wangener Schulleiter Heiko Kloos zu einem möglichen Vertrauensverlust in die Schulen. Michael Lang geht noch einen Schritt weiter. Falls Tests von Grundschulkindern zu Hause, wie in der Corona-verordnung beschrieben, weiter möglich sein sollten, befürchtet der Wangener OB unter Umständen „Folgen, die es in sich haben“: „Das hätte eine Ausstrahlungswirkung für das gesamte Land.“
Weit weniger dramatisch sieht das Ganze das Kultusministerium. „Es handelt sich hierbei um eine im eigenen Ermessen der Schule getroffene Einzelfallregelung, um einen die Schulgemeinschaft belastenden Rechtsstreit zu beenden“, so ein Sprecher. Und verweist auf die „grundsätzliche Vorgabe“, dass die Schulen bei den Grundschuljahrgängen über den Ort des Testens entscheiden. Das stehe in der Handreichung, aber auch in der Corona-verordnung: „Den Zeitpunkt und die Organisation der Testung bestimmt die Schulleitung.“Auf das „Kleingedruckte“im Paragraf 14b weiter unten geht das Ministerium nicht ein.