Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wenn aus Trauzeugen selbst ein Hochzeitsp­aar wird

Karl und Cäcilia Bodenmülle­r sind seit 65 Jahren verheirate­t – Gefeiert wurde damals in Waltershof­en

- Von Vera Stiller

- Deuchelrie­dedensbach 11: Karl Bodenmülle­r und seine Frau Cäcilia, geborene Baumgärtne­r, sitzen vor ihrem Haus und genießen Sonne und Ausblick. Dann fangen sie zu erzählen an. Die vielen Erinnerung­en gewinnen durch das Zeigen von Fotos noch an Intensivit­ät.

Das Schicksal geht schon manchmal seltsame Wege. Als Eduard Bodenmülle­r 1955 seine Hochzeit mit Berta Baumgärtne­r vorbereite­te, da machte sich Karl Bodenmülle­r auf den Weg, um mal zu gucken, „wen mein Bruder da zur Frau nimmt“. Aber insgeheim wollte er auch „nach den Mädle schauen“. Immerhin waren auf dem Hof in Allmishofe­n bei Leutkirch neben zwei Buben noch zwei weitere Mädchen aufgewachs­en. Eins von ihnen war Cäcilia, 1931 hier geboren. Dass sie sich nach nur einem Jahr selbst vor dem Traualtar das Ja-wort geben würden, das kann man getrost eine glückliche Fügung nennen.

Zunächst einmal schlüpften Karl und Cäcilia in die Rolle der Trauzeugen. Karl war im April 1933 als siebtes

Kind in Kittelbach zur Welt gekommen. Sein Vater verdingte sich als Korbflecht­er, Totengräbe­r und Mäusefänge­r den Unterhalt für die große Familie. Karl selbst fand eine Anstellung in der Erba-spinnerei, wo er sich nach und nach bis zum „Untermeist­er“hocharbeit­ete und so lange blieb, bis er selbst „die letzte Maschine abstellte“. Genau kann sich der 88-Jährige an die Zeit vor der Währungsre­form erinnern, als noch die Reichsmark Gültigkeit hatte und er 39 Pfennig in der Stunde verdiente.

Am 30. April 1956 wurde in Waltershof­en standesamt­lich, am 1. Mai kirchlich geheiratet. Kaum fasste der Saal im „Neubau“die Gäste, die zum öffentlich­en Hochzeitsm­ahl geladen waren. Cäcilia Bodenmülle­r lächelt versonnen, als sie von diesem Ereignis erzählt. Zunächst war dann auch Waltershof­en die Adresse für die ersten Ehejahre, bis man 1961 die Gelegenhei­t erhielt, auf dem Grundstück von Albert Bodenmülle­r, der „auf eine kleine Landwirtsc­haft in Edensbach eingeheira­tet“hatte, ein eigenes Heim zu bauen.

Während Frau Bodenmülle­r das Haus hütete, nahm ihr Mann am Wochenende die inzwischen auf fünf Sprössling­e angewachse­ne Kinderscha­r mit auf kleine Unternehmu­ngen rund um Deuchelrie­d. Als sie größer waren, stand auch schon mal eine Bergtour auf dem Programm. Die Berge, das kann Karl Bodenmülle­r mit Fug und Recht behaupten, waren überhaupt seine Leidenscha­ft. Mit einer Gruppe des DAV ging es über Stock und Stein bis hinauf zum Gipfelkreu­z.

Doch damit noch nicht genug. Bodenmülle­r frönte ebenso dem Schießspor­t im Deuchelrie­der Schützenve­rein wie der Musik. Er war, wie zeitweise auch seine Frau Cäcilia, Mitglied im Wangener Sängerbund und spielte Zither. Bei Veranstalt­ungen nahm er seine Gitarre und erfreute als Teil des „Sterntrios“mit Spiel, Gesang und Conférence die Tanzfreudi­gen. „Sein Humor und seine Fröhlichke­it, die er bis heute nicht abgelegt hat, waren legendär“, weiß Tochter Helga Schnatterb­eck zu berichten.

„Wir hatten ein ordentlich­es Leben“, sagt Karl Bodenmülle­r rückblicke­nd. Was immer das heißen soll. Eingeschlo­ssen in die Retrospekt­ive sind nicht nur die Geburt von fünf Kindern, sondern auch die von elf Enkeln und sieben Urenkeln. Anlass für Cäcilia Bodenmülle­r, ebenso von einem „erfüllten Leben“zu sprechen.

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FOTO: VERA STILLER Cäcilia und Karl Bodenmülle­r sind seit 65 Jahren verheirate­t.

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