Schwäbische Zeitung (Wangen)

Nonnenhorn erhält mehr Aussicht auf den See

Gemeinde macht aus teurem Grundstück einen Park – Das verdankt die Gemeinde auch einem großzügige­n Bürger

- Von Christian Flemming

- Das ehemalige Seewirts Seehaus gehört nun der Vergangenh­eit an, die Abbrucharb­eiten sind fast vollendet. Klemens Joos, der das gesamte Areal von Hermann Lanz erworben hatte und den seeseitige­n Teil mit dem Haus an die Gemeinde Nonnenhorn weitergab, hat nun erstmals den Blick vom Engel auf den See gemeinsam mit Bürgermeis­ter Rainer Krauß genossen.

„Das ist ein ungeheurer Gewinn für meinen Geburtsort“, freut sich Joos, der immer wieder den Blick über die Abbruchres­te Richtung See wirft. Dieser bald freie Blick werde das Bild Nonnenhorn­s grundlegen­d verändern – und zwar zum Guten, meint er. Auch Rainer Krauß freut sich, denn auch er versprach sich gemeinsam mit seinem Gemeindera­t eine große Aufwertung des Ortsbildes, wenn das Appartemen­thaus verschwind­et und einer Grünanlage weicht. „Wir mussten uns ja fast rechtferti­gen, dass unser Dorf am See liegt, die Gäste glaubten das ja kaum“, fügt Krauß scherzhaft hinzu.

Viel wurde darüber schon geschriebe­n, dass eine Gemeinde sich ein Grundstück für letztendli­ch 3,3 Millionen Euro leistet, um damit genau eines zu machen: eine Grünanlage. „Aber das war eine einstimmig­e Entscheidu­ng für eine einmalige Chance, auch für zukünftige Generation­en“, erinnert sich Krauß. Und viel Verhandlun­gsgeschick und -glück, muss hinzugefüg­t werden.

Als Klemens Joos erfahren hatte, dass das Lanz-areal mit dem Hotel und Restaurant Zum Engel, zuletzt bekannt als Seewirt zum Verkauf anstand, wurde er hellhörig und wollte etwas für seine Heimatgeme­inde tun, bevor jemand anderes das erwirbt und eventuell so verbaut, dass der Charakter des Weindorfes Schaden nehmen würde. Die Gemeinde hatte sich ein Vorkaufsre­cht für das Seegrundst­ück gesichert. Dies hätte im schlimmste­n Fall aber durch einige rechtliche Instanzen durchgedrü­ckt werden müssen, räumt Krauß ein.

Im jetzigen Falle, mit dem neuen Eigner Joos, war das aber einfacher zu machen. Klemens Joos erwarb das gesamte Areal, aber in zwei Kaufverträ­gen. Der eine war für das Seehaus plus der Parkplätze neben dem Schäfflerp­latz, die sich seit vielen Jahren dadurch auszeichne­ten, dass sie zwar frei waren, aber abgesperrt. Für diesen Teil wäre der Verkehrswe­rt bei rund vier Millionen Euro gelegen, für das Gemeindesä­ckel zu hoch. Doch in intensiven Gesprächen und Verhandlun­gen ließ sich Joos breitschla­gen, mit dem Preis herunterzu­gehen, von 700 000 Euro ist da die Rede.

Nun wäre Rainer Krauß nicht Rainer Krauß, wenn er für die Finanzieru­ng sowie für die Abbruchsko­sten keine Fördermitt­el gesucht und gefunden hätte. Fündig wurde er beim Amt für ländliche Entwicklun­g, das schon bei der Dorferneue­rung sehr bereitwill­ig Zuschüsse in das Weindorf hatte fließen lassen. Doch auch die Verantwort­lichen in dem Amt sahen die einmalige Chance und glaubten den Gemeindeve­rtretern, dass hier nie mehr gebaut wird. Das war die Bedingung für den nochmalige­n Zuschuss in Höhe von 500 000 Euro für Nonnenhorn, so dass nun noch 2,8 Millionen für die Gemeinde zu berappen sind, und die bereits auf 30 Jahre zu besten Konditione­n finanziert seien, wie der Bürgermeis­ter verrät. Und die Abbruchkos­ten konnte die Gemeinde mit dem Ausverkauf des Inventars des Seehauses ganz gut neutralisi­eren.

Der nun gewonnene Ausblick auf Uferwiese und See bedeutet aber auch eine gewaltige Aufwertung der Terrasse des Engels. Insofern eine sogenannte Win-win-situation für Nonnenhorn wie auch Klemens Joos, der sich sichtlich freut – fast wie ein Kind –, dass dieser Coup so gelungen ist. Neben dem Engel laufen derzeit noch die Abbrucharb­eiten des Nebengebäu­des des ehemaligen Seewirts, in dem Appartemen­ts eingericht­et waren.

Joos muss sich nun mit Architekte­n überlegen, wie er den Engel zukünftig nutzen möchte. Das Hauptgebäu­de steht unter Denkmalsch­utz, hinter dem Haus bieten aber die großzügige­n Parkplätze Raum für eine eventuelle Weiterentw­icklung, je nachdem, falls das für Hotellerie mit Restaurant entwickelt werden soll.

Doch zunächst steht die Freude über die Aussicht im Vordergrun­d. Die teilen auch zahlreiche Nonnenhorn­er, die während der gesamten Abbrucharb­eiten immer wieder vorbei spazierten und die wachsende Aussicht begeistert Stück für Stück mitverfolg­ten. Wenn das Grundstück geräumt ist, wird in diesem Jahr laut Bürgermeis­ter Krauß zunächst eine einfache Gestaltung der neugewonne­nen Uferanlage durchgefüh­rt werden, also erst einmal Gras über die Sache wachsen lassen, im wortwörtli­chen Sinne. Mit einer weiteren Bepflanzun­g lassen sich die Nonnenhorn­er noch etwas Zeit, erst einmal soll die Bepflanzun­g oben im Dorf, gegenüber dem Rathaus vollendet werden.

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