Wohnmobil-stellplätze könnten im Allgäu knapp werden
Die Zulassungszahlen von Reisefahrzeugen steigen weiter an – Auch Landwirte wollen Wohnmobilisten beherbergen – dagegen regt sich Widerstand
- Die Wohnmobil-branche gehört zu den wirtschaftlichen Gewinnern der Corona-krise. Nach Branchenangaben hat die Zahl der Neuzulassungen von Reisemobilen in Deutschland nach Ausbruch der Epidemie um über 60 Prozent zugenommen.
Doch der Boom hat auch seine Schattenseiten. Nicht überall stehen immer genügend Stellplätze zur Verfügung. Überfüllte Parkplätze und im Grünen abgestellte Autos und Wohnmobile gab es schon vergangenen Sommer, für dieses Jahr werden ähnliche Bilder an den touristischen Hotspots des Allgäus erwartet: Im Großraum Oberstdorf beispielsweise oder an den Seen des Königswinkels im Füssener Land. „Wir stellen uns auf Verhältnisse wie im vergangenen Jahr ein“, sagt Brigitte Klöpf vom Landratsamt Oberallgäu. Nach einer zu erwartenden Öffnung sei mit einer Entspannung voraussichtlich erst dann zu rechnen, wenn auch Ziele im Ausland wieder problemlos angesteuert werden können. Bis dahin stellt sich voraussichtlich für viele Wohnmobilisten die Frage: Wohin mit dem Fahrzeug?
Einfach so auf einem Parkplatz übernachten dürfe man prinzipiell nur im Ausnahmefall, sagt Polizeipräsidiumssprecher Holger Stabik: „Zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit.“Will heißen: Um sich auszuruhen, falls einen die Müdigkeit übermannt. Das aber ist dann nicht mehr der Fall, wenn Klapptisch und Stühle ausgepackt werden und die Sonnenmarkise heruntergelassen wird. Also der Parkplatz erkennbar als Campingareal genutzt wird – eventuell sogar für mehrere Übernachtungen. Wer das macht, muss laut Stabik mit einer Anzeige der Polizei
rechnen, für das Bußgeldverfahren ist dann die jeweilige Kommune zuständig. Verstöße in Natur- und Landschaftsschutzgebieten ahnden die jeweiligen Kreisverwaltungsbehörden.
Stellt sich die Frage für den Reisemobil-urlauber: Wo darf er sich in
Deutschland denn überhaupt hinstellen? Eigentlich nur auf einen ausgewiesenen Campingplatz oder auf Wohnmobil-stellplätze, wie viele Kommunen sie eingerichtet haben. Das Problem mit dem Stellplatzmangel in der Hauptsaison haben auch die Wohnmobil-hersteller erkannt. Eine bundesweite Initiative wurde gestartet, an der beispielsweise der Reisemobilhersteller Dethleffs aus Isny beteiligt ist. Das Ziel: Landwirte, vor allem Ferienbauernhöfe, sollten Stellplätze bereitstellen und die Bauern könnten so am Boom mitverdienen.
Doch so leicht ist das nicht. Im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit gibt es bei Landratsämtern unterschiedliche Auffassungen. Vier Anträge und Anfragen für die Einrichtung von Wohnmobilstellplätzen im Außenbereich liegen im Lindauer Landratsamt vor. Genehmigt wurde kein einziger. Anders im Oberallgäu: Acht Wohnmobilstellplätze wollte ein Landwirt bei Burgberg errichten, dazu einen Kiosk, Sanitäranlagen und einen Frühstücksraum. Das Landratsamt lehnte das zwar ab, einigte sich mit dem Bauherren laut Pressesprecher Michael Läufle aber „einvernehmlich“auf drei Stellplätze. Im bayerischen Bauministerium
wird derweil an einer Änderung der Vorschriften gearbeitet. Ziel: Die baurechtlichen Regeln sollen die Genehmigungsbehörden großzügiger auslegen. Wohnmobilstellplätze könnten somit leichter auf Bauernhöfen eingerichtet werden. Allerdings müsse „das Erscheinungsbild des landwirtschaftlichen Betriebs erhalten bleiben“. Dies befürwortet Elmar Karg, Lindauer Kreisvorsitzender des Bauernverbands. Drei Stellplätze für einen Ferienhof seien „ein kleines und feines Zusatzangebot“und dem Wildwuchs des Campings in der freien Natur werde entgegengewirkt.
Das sehen Bernhard Schmid und Josef Milz, beide selbst Landwirte im Westallgäuer Oberreute, ganz anders. Sie befürchten eine Verschandelung des Landschaftsbildes. Beide sind auch in der Landschaftspflege tätig und sie glauben, dass sich die Probleme bäuerlicher Familienbetriebe nicht durch den Betrieb von Wohnmobil-stellplätzen lösen werden. Die Urlauber kämen ins Allgäu, weil sie die Landschaft schätzten und nicht, weil sie auf Wohnmobilansammlungen blicken wollten.
Sie haben deshalb eine Petition an das Bauministerium gestartet: www.change.org/initiative