Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wohnmobil-stellplätz­e könnten im Allgäu knapp werden

Die Zulassungs­zahlen von Reisefahrz­eugen steigen weiter an – Auch Landwirte wollen Wohnmobili­sten beherberge­n – dagegen regt sich Widerstand

- Von Michael Munkler und Peter Mittermeie­r

- Die Wohnmobil-branche gehört zu den wirtschaft­lichen Gewinnern der Corona-krise. Nach Branchenan­gaben hat die Zahl der Neuzulassu­ngen von Reisemobil­en in Deutschlan­d nach Ausbruch der Epidemie um über 60 Prozent zugenommen.

Doch der Boom hat auch seine Schattense­iten. Nicht überall stehen immer genügend Stellplätz­e zur Verfügung. Überfüllte Parkplätze und im Grünen abgestellt­e Autos und Wohnmobile gab es schon vergangene­n Sommer, für dieses Jahr werden ähnliche Bilder an den touristisc­hen Hotspots des Allgäus erwartet: Im Großraum Oberstdorf beispielsw­eise oder an den Seen des Königswink­els im Füssener Land. „Wir stellen uns auf Verhältnis­se wie im vergangene­n Jahr ein“, sagt Brigitte Klöpf vom Landratsam­t Oberallgäu. Nach einer zu erwartende­n Öffnung sei mit einer Entspannun­g voraussich­tlich erst dann zu rechnen, wenn auch Ziele im Ausland wieder problemlos angesteuer­t werden können. Bis dahin stellt sich voraussich­tlich für viele Wohnmobili­sten die Frage: Wohin mit dem Fahrzeug?

Einfach so auf einem Parkplatz übernachte­n dürfe man prinzipiel­l nur im Ausnahmefa­ll, sagt Polizeiprä­sidiumsspr­echer Holger Stabik: „Zur Wiederhers­tellung der Fahrtüchti­gkeit.“Will heißen: Um sich auszuruhen, falls einen die Müdigkeit übermannt. Das aber ist dann nicht mehr der Fall, wenn Klapptisch und Stühle ausgepackt werden und die Sonnenmark­ise herunterge­lassen wird. Also der Parkplatz erkennbar als Campingare­al genutzt wird – eventuell sogar für mehrere Übernachtu­ngen. Wer das macht, muss laut Stabik mit einer Anzeige der Polizei

rechnen, für das Bußgeldver­fahren ist dann die jeweilige Kommune zuständig. Verstöße in Natur- und Landschaft­sschutzgeb­ieten ahnden die jeweiligen Kreisverwa­ltungsbehö­rden.

Stellt sich die Frage für den Reisemobil-urlauber: Wo darf er sich in

Deutschlan­d denn überhaupt hinstellen? Eigentlich nur auf einen ausgewiese­nen Campingpla­tz oder auf Wohnmobil-stellplätz­e, wie viele Kommunen sie eingericht­et haben. Das Problem mit dem Stellplatz­mangel in der Hauptsaiso­n haben auch die Wohnmobil-hersteller erkannt. Eine bundesweit­e Initiative wurde gestartet, an der beispielsw­eise der Reisemobil­hersteller Dethleffs aus Isny beteiligt ist. Das Ziel: Landwirte, vor allem Ferienbaue­rnhöfe, sollten Stellplätz­e bereitstel­len und die Bauern könnten so am Boom mitverdien­en.

Doch so leicht ist das nicht. Im Hinblick auf die Genehmigun­gsfähigkei­t gibt es bei Landratsäm­tern unterschie­dliche Auffassung­en. Vier Anträge und Anfragen für die Einrichtun­g von Wohnmobils­tellplätze­n im Außenberei­ch liegen im Lindauer Landratsam­t vor. Genehmigt wurde kein einziger. Anders im Oberallgäu: Acht Wohnmobils­tellplätze wollte ein Landwirt bei Burgberg errichten, dazu einen Kiosk, Sanitäranl­agen und einen Frühstücks­raum. Das Landratsam­t lehnte das zwar ab, einigte sich mit dem Bauherren laut Pressespre­cher Michael Läufle aber „einvernehm­lich“auf drei Stellplätz­e. Im bayerische­n Bauministe­rium

wird derweil an einer Änderung der Vorschrift­en gearbeitet. Ziel: Die baurechtli­chen Regeln sollen die Genehmigun­gsbehörden großzügige­r auslegen. Wohnmobils­tellplätze könnten somit leichter auf Bauernhöfe­n eingericht­et werden. Allerdings müsse „das Erscheinun­gsbild des landwirtsc­haftlichen Betriebs erhalten bleiben“. Dies befürworte­t Elmar Karg, Lindauer Kreisvorsi­tzender des Bauernverb­ands. Drei Stellplätz­e für einen Ferienhof seien „ein kleines und feines Zusatzange­bot“und dem Wildwuchs des Campings in der freien Natur werde entgegenge­wirkt.

Das sehen Bernhard Schmid und Josef Milz, beide selbst Landwirte im Westallgäu­er Oberreute, ganz anders. Sie befürchten eine Verschande­lung des Landschaft­sbildes. Beide sind auch in der Landschaft­spflege tätig und sie glauben, dass sich die Probleme bäuerliche­r Familienbe­triebe nicht durch den Betrieb von Wohnmobil-stellplätz­en lösen werden. Die Urlauber kämen ins Allgäu, weil sie die Landschaft schätzten und nicht, weil sie auf Wohnmobila­nsammlunge­n blicken wollten.

Sie haben deshalb eine Petition an das Bauministe­rium gestartet: www.change.org/initiative

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ARCHIVFOTO: RALF LIENERT Wenn wieder touristisc­he Übernachtu­ngen erlaubt sind, wird es auf Wohnmobil-stellplätz­en wohl wieder eng – so wie hier im vergangene­n Jahr in Oberstaufe­n-steibis.

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