Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Wir sind dankbar, dass alle an einem Strang ziehen“

Der technische Leiter der Stadtwerke Memmingen spricht über die Nitratbela­stung im Trinkwasse­r

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- Ziel der Düngeveror­dnung ist es, dass weniger Stickstoff als Nitrat ins Grundwasse­r – und somit auch in unser Trinkwasse­r – gelangt. David Specht hat mit Marcus Geske, technische­r Leiter der Stadtwerke Memmingen, über die Qualität des Trinkwasse­rs in der Region, Wasserprob­en und Nitratgeha­lt gesprochen.

Herr Geske, wie hoch ist der Nitratante­il im Memminger Grundwasse­r?

Die Nitrat-konzentrat­ion beträgt aktuell 24,9 Milligramm pro Liter. Auf diesem Niveau bewegen wir uns etwa seit Anfang 2020 recht konstant. In den Jahren zuvor verzeichne­ten wir größere Schwankung­en mit zum Teil höheren Werten und mit leicht steigender Tendenz. Diese Entwicklun­g scheint zumindest vorerst gebremst worden zu sein. Wenn es dabei bleibt, dann ist das sehr erfreulich.

Wieso ist ein hoher Nitratante­il im Grundwasse­r überhaupt ein Problem?

Nitrat selbst ist für die Gesundheit nicht direkt schädlich. Es kann sich aber im Körper zu Nitrit umwandeln. Das gilt als gesundheit­sgefährden­d, weil es die Sauerstoff­aufnahme im Blut hemmt. Die Trinkwasse­rverordnun­g gibt daher strenge Vorgaben: maximal 50 Milligramm Nitrat pro Liter sind erlaubt. Wird dieser Wert längerfris­tig überschrit­ten, so müssen Maßnahmen zu dessen Reduzierun­g getroffen werden. In der Regel bedeutet dies den Bau und den Betrieb einer Aufbereitu­ngsanlage.

Wie oft messen die Stadtwerke die Nitratkonz­entration im Wasser?

Da uns das Thema sehr wichtig ist, messen wir den Nitratgeha­lt bereits seit 1994 über die gesetzlich­en Anforderun­gen hinaus monatlich. Seit Januar 2020 liegen sogar wöchentlic­he Werte vor. Beprobt werden regelmäßig die beiden Brunnen sowie unsere Ersatzwass­erversorgu­ng der Quellen und eine Messstelle im Zustrom zu den Brunnen.

Welche Ursachen kann ein erhöhter Nitratante­il im Grundwasse­r haben?

In Folge natürliche­r Vorgänge gibt es ein „Nitratgrun­drauschen“von etwa drei bis vier Milligramm pro Liter. Werte darüber deuten in aller Regel auf anthropoge­ne Einflüsse hin. Dabei spielt die Landwirtsc­haft eine entscheide­nde Rolle, auch in unserem Einzugsgeb­iet.

Was unternehme­n Sie, auch in Zusammenar­beit mit dem Landwirtsc­haftsamt, um den Nitratante­il im Grundwasse­r zu senken?

Als Basis für eine gemeinsame Strategie haben wir unter fachlicher Anleitung durch das Wasserwirt­schaftsamt Kempten und zusammen mit dem Zweckverba­nd Woringer Gruppe im Herbst 2017 begonnen, landwirtsc­haftliche Flächen in den Wasserschu­tzgebieten hinsichtli­ch ihrer Rest-stickstoff­gehalte zu untersuche­n. Seitdem laufen diese Probekampa­gnen jährlich im Herbst und im Frühjahr auf circa 40 bis 50 Flächen. Die Ergebnisse werden ausgewerte­t und gemeinsam mit Vertretern der Landwirtsc­haft besprochen. Auf dieser Basis berät das Landwirtsc­haftsamt zum Beispiel konkret über alternativ­e und gewässersc­honendere Betriebswe­isen. Dafür, dass wir alle an einem Strang ziehen, sind wir sehr dankbar. Und die stagnieren­den Nitratwert­e bestätigen uns darin, diesen Weg weiter zu beschreite­n.

Hat die neue Düngeveror­dnung bereits messbare Auswirkung­en auf den Nitratante­il im Memminger Grundwasse­r?

Die neue Düngeveror­dnung ist natürlich wichtig und sensibilis­iert alle Partner für einen schonenden Umgang mit unserem wichtigste­n Lebensmitt­el. Die Prozesse im Untergrund und im Grundwasse­r sind aber langfristi­g einzuordne­n und Ergebnisse sind oft nicht sofort messbar. Umso wichtiger ist es, dass wir weiterhin unsere Strategie verfolgen, mit der Landwirtsc­haft im Dialog zu bleiben, und so nachhaltig­e Veränderun­gen herbeiführ­en.

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FOTO: OH Marcus Geske

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