Schwäbische Zeitung (Wangen)

Von der Kunst der letzten Worte

- ●» untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Es ist die wahrschein­lich kleinste und zugleich auch die größtmögli­che Bühne für einen Abschied: die letzten Sekunden der Tagesschau, wenn wieder einmal eine oder einer seinen Hut nimmt. So geschehen am Montag vergangene­r Woche, als Linda Zervakis zunächst keinerlei Aufhebens um ihren Weggang machte, weil sie schlicht sagte: „Machen Sie es gut, und bleiben Sie gesund.“Ganz ruhig. Ganz unaufgereg­t. Ende. Acht Jahre Nachrichte­n passé. Erst zwei Stunden später ließ Zervakis dann beim Kollegen Zamperoni in den Tagestheme­n die Korken

knallen und stieß vor laufenden Kameras mit Ouzo an.

Der ebenfalls noch nicht lange zurücklieg­ende Abschied von Jan Hofer war dagegen zwar ein nüchterner­er (Hochprozen­tiges Fehlanzeig­e), dafür aber wortreiche­r. Der ehemalige Chefsprech­er öffnete sogar seine Krawatte. Die letzten Worte umfassten mehr als eine Minute und endeten mit belegter Stimme: „Guten Abend, meine Damen und Herren. Machen Sie es gut.“Fernsehdeu­tschland war zu Tränen gerührt.

Die hohe Kunst der letzten Worte ist freilich nicht vielen gegeben. Der

Us-schauspiel­er Humphrey Bogart soll gesagt haben: „Ich hätte nie von Scotch auf Martinis umsteigen sollen.“Überzogen Selbstkrit­isches soll Leonardo Da Vinci geäußert haben: „Ich habe Gott und die Menschen beleidigt, weil mein Werk nicht die Qualität erreichte, die es hätte haben sollen.“Und Ludwig van Beethoven rief aus: „Schade, schade, zu spät!“Bei Nachrichte­nsprechern ist es freilich nie zu spät. Denn eines ist sicher: Es gibt ein Leben nach der Tagesschau. (nyf )

 ?? FOTO: DPA ?? Darauf einen Ouzo! Linda Zervakis verabschie­det sich von Kollege Ingo Zamperoni.
FOTO: DPA Darauf einen Ouzo! Linda Zervakis verabschie­det sich von Kollege Ingo Zamperoni.

Newspapers in German

Newspapers from Germany