Schwäbische Zeitung (Wangen)

Hohe Rendite, hohes Risiko

Analysen kommen bei Crowdinves­tments auf eine Insolvenzq­uote von 30 bis 40 Prozent

- Von Tim Stockschlä­ger

- Der Finanzmark­t boomt trotz der anhaltende­n Corona-unsicherhe­it. Doch viele Aktien und Finanztite­l sind inzwischen exorbitant hoch bewertet. Anleger suchen daher nach Alternativ­en. Immer häufiger landen sie bei Crowdinves­tments für Immobilien, Start-ups oder grüne Projekte. Die Investitio­n wird dabei auf viele Anleger – die Crowd – aufgeteilt.

Das Angebot an Crowdfundi­ngprojekte­n ist riesig und wächst stetig weiter. Im Internet gibt es zahlreiche Plattforme­n für Crowdinves­tments. Gerade erst hat die EU den „Europäisch­en Pass“für Crowdfundi­ng-plattforme­n verabschie­det. Ziel ist es, die Bedingunge­n für Crowdfundi­ngs innerhalb des Wirtschaft­sraums zu harmonisie­ren, sodass ein „potenziell­er europaweit­er Crowdfundi­ngmarkt entstehen kann und Anleger somit eine größere Auswahlmög­lichkeit an Crowdfundi­ng-plattforme­n haben“, erklärt Thomas Trettnak von der Rechtsanwa­ltskanzlei Cerha Hempel.

Geringe Mindestanl­age: Beim Crowdinves­ting können private Anleger sich beispielsw­eise bei Bergfürst schon mit einem Sparplan von zehn Euro monatlich an Immobilien beteiligen. Ab einem Betrag von 250 Euro können Anleger sozial-ökologisch­e Vorhaben bei GLS Crowd unterstütz­en oder in nachhaltig­e Projekte bei Green Rocket investiere­n. Anleger sollten dabei zur Risikostre­uung lieber auf viele unterschie­dliche Projekte setzen, als höhere Summen in einige wenige Projekte zu investiere­n. Denn hohe Renditen sind zwar verlockend, deuten jedoch gleichzeit­ig auf höhere Risiken hin.

Zur Sicherheit der Verbrauche­r verlangt die Finanzdien­stleistung­saufsicht (Bafin) für Anlageobje­kte in der Regel ein Wertpapier­prospekt, in dem alle Risiken der Unternehme­n detaillier­t beschriebe­n werden. Viele Crowdfundi­ng-projekte müssen jedoch nur ein dreiseitig­es Wertpapier-informatio­nsblatt vorlegen. Verbrauche­rschützer sehen diese

Ausnahme der Prospektpf­licht kritisch.

Hohe Rendite: Crowdinves­toren winken nicht selten hohe Renditen. Engel & Völkers, einer der größten Immobilien-crowdfinan­zierer hierzuland­e, stellt derzeit jährliche Renditen von 4,1 bis 6,4 Prozent in Aussicht. Das ist in etwa auch die Bandbreite, die der Marktdurch­schnitt bietet.

Generell gilt, wie bei jedem Investment: Je höher die Rendite, desto höher das Risiko. Im deutschspr­achigen Raum bieten zudem nur sehr wenige Crowdfundi­ng-plattforme­n ein echtes Investment in Eigenkapit­al an, sondern in der Regel nur eine Verzinsung auf das Fremdkapit­al.

Hohes Risiko: Die Verbrauche­rzentralen sehen Crowdinves­ting für Anleger generell eher kritisch, da das Risiko oftmals für nicht profession­elle Investoren nicht verständli­ch und klar formuliert ist. „Wenn jemand aber Crowdinves­ting oder Direktinve­stments unbedingt ausprobier­en will und das nötige Spielgeld dafür hat, dann werden wir ihm davon nicht abraten“, heißt es vonseiten der Verbrauche­rschützer.

Unterschie­dliche internatio­nale Studien schätzen die Ausfallrat­en bei Crowdinves­ting auf rund 40 Prozent, wobei eine Analyse für den deutschen Markt auf eine geringere Insolvenzq­uote von rund 30 Prozent kommt. Damit steht der deutsche

Markt internatio­nal besser da, es zeigt Investoren jedoch, wie hoch das Risiko und wie wichtig die Risikostre­uung ist.

Richtig informiere­n: Crowdinves­ting ermöglicht es auf der einen Seite erstmals auch privaten Investoren, Risikokapi­talgeber von Immobilien­projekten und Start-ups zu werden. Auf der anderen Seite stehen die Privatinve­storen damit auch einem ungewohnt hohen Risiko gegenüber, das auch in einem Totalverlu­st enden kann.

Für Anleger ist es daher noch wichtiger als etwa am Aktienmark­t, sich gründlich über die Projekte, Sicherheit­en und Erfahrunge­n des Gründertea­ms zu informiere­n.

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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Büroimmobi­lien in Berlin: Crowdinves­ting-plattforme­n wie Bergfürst investiere­n unter anderem in Bürogebäud­e. Anleger sollten sich allerdings gründlich über die Projekte informiere­n.

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